Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
Londoner Model-Agentur zu sein. Er fragte meine Mutter, wie alt sie sei, gab ihr seine Visitenkarte und sagte, falls sie Interesse hätte, Model zu werden, solle ihr Vater oder ihre Mutter gegen Ende der Woche anrufen, wenn er wieder in seinem Büro in London sei.
    Meine Mutter traute sich natürlich nicht, ihren Eltern irgendwas von dem elegant gekleideten Herrn aus London zusagen. Stattdessen verließ sie am folgenden Freitag wie gewöhnlich ihr Zuhause, um zur Arbeit zu gehen, und nahm den üblichen Bus nach Bangor, doch anstatt wie immer an der Haltestelle beim Tearoom auszusteigen, blieb sie bis zum Bahnhof sitzen, wo sie eine Fahrkarte nach London kaufte.
    Um zwei Uhr mittags stand sie vor einem schäbig aussehenden Bürogebäude in der Regent Street und starrte auf eine Reihe handgeschriebener Firmennamen, die auf der Wand neben dem Eingang standen.
    World Class Models war der zweite Name von oben.
    Sie streckte die Hand aus und drückte die Klingel.
    »Ich weiß, dass klingt alles ganz schlimm«, erinnere ich mich an die Worte meiner Mutter. »Und es gab jede Menge Zeiten, in denen war’s das auch wirklich … aber Modeln ist eben ein schlimmer Beruf, Lili. Ist es schon immer gewesen und wird es auch immer bleiben. Und natürlich war ich sehr jung und ganz allein auf mich gestellt, weit weg von zu Hause, also war ich ziemlich verletzlich … aber im Großen und Ganzen war es nicht so schlecht, wie es hätte sein können.«
    Details über die schlimme Seite des Model-Lebens erzählte sie nie – mir jedenfalls nicht –, sondern zog es vor, sich auf die guten Zeiten zu besinnen. Wie sie dranblieb, wie sie das Geschäft lernte, wie sie richtig hart arbeitete und sich aus eigener Kraft einen Namen schaffte, bis ihr schließlich – mit neunzehn – von einer der drei Top-Agenturen des Landes ein Vertrag angeboten wurde.
    »Und binnen eines Jahres«, erzählte sie mir stolz, »reiste ich kreuz und quer durch die Welt und verdiente mehr Geld, als ich mir je erträumt hatte. Ich kaufte mir ein Auto, eineWohnung in London … ich hatte Geld auf der Bank. Ich hatte alles, was ich immer wollte, Lil. Einfach alles …«
    Aber das stimmte nicht.
    Ihre Mutter hatte sich inzwischen zu Tode gesoffen und ihr Vater saß eine zehnjährige Gefängnisstrafe wegen Totschlags ab.
    Sie hatte keinen Mann.
    Sie hatte kein Kind.
    Sie war noch immer allein.
    Doch an ihrem zwanzigsten Geburtstag im Jahr 1958 begegnete sie einem Mann namens Rafael Garcia.
    Dreißig Jahre zuvor, im Alter von fünfzehn, hatte Rafael sein Zuhause in Mexiko verlassen und war illegal über die Grenze in die Vereinigten Staaten gegangen. Innerhalb weniger Monate hatte er sich nicht nur in Los Angeles etabliert, sondern es auch geschafft, eine Anstellung als Laufbursche in der Filmindustrie zu finden. Es war kein richtiger Job – Tee kochen, Botengänge machen, so was eben – und die Filmgesellschaft, für die er arbeitete, war im Grunde genommen ein von der Mafia kontrollierter Betrieb, der zur Geldwäsche diente. Doch auf die gleiche Weise, wie meine Mutter das Beste aus einem Scheißjob machte, tat es auch mein Vater. Er lernte das Geschäft, arbeitete richtig hart und kletterte allmählich die Leiter nach oben, bis er schließlich – mit siebenunddreißig – seinen ersten Spielfim drehte.
    Als Rafael meine Mutter kennenlernte, war er fünfundvierzig und hatte bereits bei einem Dutzend Filmen Regie geführt oder war Co-Regisseur gewesen. Die meisten, wenn nicht alle, waren entsetzliche Machwerke – B-Movies, billige Horrorfilme,Nullachtfünfzehn-Western –, doch auch wenn Rafael sicher kein echtes, kreatives Talent hatte, verstand er doch, wie man Filme machte, die Geld einbrachten, und so wurde er schließlich einer der gesuchtesten Regisseure in Hollywood. Seine Filme kosteten nicht viel, sie waren schnell produziert und gaben nie vor, etwas anderes zu sein als anspruchslose Unterhaltung. Wer in einen Film von Rafael Garcia ging, wusste genau, was er bekommen würde: Spannung, Nervenkitzel, ein bisschen Gewalt und jede Menge sexy Mädchen. Seine Filme waren nicht ausgesprochen erotisch oder so – erst recht nicht nach heutigem Standard –, doch für ihre Zeit hatten sie etwas ziemlich Anzügliches, was der Hauptgrund für ihren kommerziellen Erfolg war.
    Als Rafael auf einer VIP-Party zur Premiere seines jüngsten Films meiner Mutter begegnete, war er mit dem Star des Films liiert, einer relativ unbekannten jungen Schauspielerin namens Rebecca

Weitere Kostenlose Bücher