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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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schreiben und sah mich an. »Ich geh nicht mehr zur Schule, Lili. Ich will das hier machen – die Band, die Musik, verstehst du … das ist mein Leben . Ich will nur noch das hier.«
    »Und was ist mit deinem Abschluss?«
    »Scheiß drauf«, sagte er lachend. »Ich brauch keinen Abschluss. Nicht für das hier …« Er tippte auf sein Notizbuch. »Wenn ich Songs schreibe, brauch ich Leben, kein beschissenes Abschlusszeugnis.«
    »Ja, aber –«
    »Naked schafft es, Lili«, sagte er heftig. »Glaub’s mir, wir kommen groß raus.« Er schüttelte den Kopf. »Ich hab keine Zeit mehr für Schule.«
    »Hast du’s schon deinen Eltern gesagt?«
    »Noch nicht.«
    »Die werden doch bestimmt nicht begeistert sein.«
    Er schniefte. »Kann sein …«
    Er starrte jetzt auf sein Notizbuch, blickte ohne etwas zu schreiben einfach bloß auf die Seite. Mir war klar, dass er an seine Eltern dachte, daran, was sie sagen würden, wenn er es ihnen erzählte … Ich sah die wirre Mischung aus Groll und Angst in seinen Augen. Er redete nicht gern über seine Eltern und ich glaube, er verachtete sie schon allein für das, was sie waren – konservativ, bürgerlich, wohlhabend. Er schien es ihnen fast übel zu nehmen, dass er nicht in armen Verhältnissen aufgewachsen war, denn so lief seine Protesthaltung ins Leere. Seine Rebellion hatte keinen Boden, und dafür machte er seine Eltern verantwortlich. Doch trotz aller Verachtungkam er nicht von der Tatsache los, dass sie nun mal seine Eltern waren. Seine Mutter, sein Vater. Sie hatten ihn in die Welt gesetzt, sie hatten ihn aufgezogen, sich um ihn gekümmert, ihn behütet. Er war ihr Sohn. Und ich glaube, er wusste einfach nicht, wie er mit diesem Zwiespalt umgehen sollte.
    Ich sah ihn an.
    Er starrte immer noch blind auf das Notizbuch.
    »Curtis?«, fragte ich.
    Keine Antwort.
    »Curtis?«
    Er sah auf. »Ja …?«
    »Wird schon werden«, sagte ich leise. »Ich bin sicher … das wird schon.«
    Er grinste. »Da hast du verdammt recht.«

9
    Bis zum folgenden Mittwoch hörte ich nichts mehr von Curtis. Ich war in diesem Jahr mit den Vorbereitungsprüfungen dran und wegen der Proben hatte ich den Stoff in den Ferien nicht wiederholt und war insgesamt ziemlich hintendran. Deshalb zwang ich mich, zu Hause zu bleiben und ein bisschen was nachzuholen. Am Montag hatte ich Curtis angerufen, um zu hören, was bei dem Treffen mit Arthur rausgekommen war, doch als seine Mutter ans Telefon ging, sagte sie, Curtis sei nicht da.
    »Wissen Sie, wo er ist?«, fragte ich sie.
    »Nein«, sagte sie wie aus der Pistole geschossen.
    »Ach so … wenn er nach Hause kommt, könnten Sie ihm dann bitte sagen, dass Lili angerufen hat?«
    Sie antwortete nicht richtig darauf, sondern gab nur irgendein merkwürdiges leichtes Schniefen von sich, vielleicht auch eine Art verächtliches Schnauben, dann legte sie auf.
    Ich versuchte ihn am nächsten Abend wieder anzurufen, doch diesmal ging überhaupt niemand dran. Ich ließ es ziemlich lange klingeln, schließlich legte ich auf und rief Kenny an. Aber er wusste bloß, dass Curtis die letzten zwei Tage nicht in der Schule gewesen war.
    »Was ist mit Stan?«, fragte ich.
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Weißt du, ob er was von Curtis gehört hat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Und er hat nichts zu dir gesagt?«
    »Über was denn?«
    Ich seufzte. »Über Curtis .«
    »Nein, er hat gar nichts gesagt. Was willst du überhaupt?«
    »Nichts … ich versuche nur Curtis zu erreichen, das ist alles.«
    »Ja, okay … du weißt doch, wie er ist.«
    »Ja …«
    Es war Mittwoch gegen sechs Uhr abends, als sich Curtis endlich meldete. Er rief aus einer Telefonzelle an. Ich hörte das Zeichen, mit dem die Zeit runterlief, und wie Curtis vor sich hin murmelte und fluchte, als er versuchte, Geld nachzuwerfen …
    »Verdammt … Scheiße, Moment mal.«
    Tuut, tuut, tuut …
    »Curtis? Bist du’s?«
    »Lili?«
    »Ja.«
    »Hörst du mich?«
    »Ja, wo bist du?«
    »In der Telefonzelle gegenüber von dem besetzten Haus … Gott, wie das hier stinkt .«
    »Was ist los, Curtis? Wo hast du gesteckt? Ich hab dauernd versucht –«
    »Sie haben mich rausgeworfen.«
    »Was?«
    »Meine beschissenen Eltern, sie haben mich rausgeworfen.«
    »Wieso?«
    »Weiß der Teufel, verdammt …«
    Er klang total zugedröhnt.
    »Was ist passiert?«, fragte ich vorsichtig und versuchte ihn zu beruhigen. »Erzähl mir einfach, was passiert ist.«
    Es dauerte eine Weile, die ganze Geschichte aus ihm rauszukriegen, vor

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