Live Fast, Play Dirty, Get Naked
»Okay?«
»Ja.«
»Verdammte Scheiße, wo willst du bis morgen Abend eine Gitarre herkriegen?«
William lächelte verlegen. »Hm, ist ein bisschen kompliziert … ich kenn jemanden, der jemanden kennt, der irgendwie an Sachen rankommt … verstehst du?«
»Klar …«
»Welche Art von Gitarre soll es denn sein?«
»Welche Art ?«
»Ja, du weißt schon, welche Marke …? Ich meine, soll es die gleiche sein wie deine?« Er spähte hinüber zu Curtis’ Gitarre. »Was ist das für eine?«
»Eine Danelectro.«
»Ist die gut?«
Curtis zuckte mit den Schultern. »Ganz okay. Sagen wir so, es ist die beste, die ich mir leisten konnte.«
»Soll ich dann auch so eine besorgen?«
Curtis grinste und schüttelte ungläubig den Kopf. »Also, wenn du die Wahl hast, würde ich eine Gibson Les Paul oder eine 60er Telecaster vorschlagen, irgendwas in der Art.«
Curtis flachste nur rum – die Gitarren, die er nannte, hätten ein paar Tausend gekostet –, aber William schien es ganz ernst zu nehmen.
»Okay«, sagte er. »Mal sehen, was ich tun kann.«
»Gut«, sagte Curtis lachend. »Und wenn du schon dabei bist und es liegt noch eine zweite irgendwo rum …«
Das Lächeln, mit dem William ihn ansah, war nicht zu deuten und für einen Moment sah ich etwas in Curtis’ Augen aufblitzen, das ich noch nie bei ihm gesehen hatte, und weil es so fremd war, brauchte ich eine Weile, um zu kapieren, was es war. Doch dann begriff ich: Es war Unsicherheit. Was vielleicht nicht so verwunderlich klingt , doch wenn es etwas gab, unter dem Curtis noch nie gelitten hatte, war es Unsicherheit.
»Egal …«, sagte er nach einer Weile und steckte sich zur Beruhigung eine Zigarette an. »Ich glaube, das wär’s wohl fürs Erste. Es sei denn, jemand anderes hat noch was …?« Er sah zu Stan. Stan schüttelte den Kopf. Curtis sah mich an. »Lili? Willst du noch irgendwas von Billy wissen?«
»Nein«, sagte ich. »Ich glaub nicht …«
»Gut, okay … wie spät ist es?«
Jake schaute auf seine Uhr. »Kurz nach sieben.«
»Wann fängt der Gig von den Pistols an?«, fragte ihn Curtis.
»Keine Ahnung.« Jake zuckte mit den Schultern. »So gegen zehn, elf … vielleicht auch später.«
Curtis drehte sich zu William um. »Hast du Lust auf einen super Abend?«
»Warum nicht?«
»Gibt alles umsonst«, sagte Curtis mit einem Grinsen. »Freie Getränke, freien Eintritt … und du kriegst die Sex Pistols geboten.«
»Wen?«
»Die Sex Pistols.«
»Moment mal«, sagte ich zu Curtis. »Wovon redest du da?«
»Was denn?«
»Das mit den Sex Pistols.«
»Diese Valentinsparty«, sagte er leicht ungeduldig. »Du weißt doch … die Sache bei Andrew Logan heute Abend.«
»Wer ist Andrew Logan?«
»Der Künstler «, antwortete Curtis mit einem Kopfschütteln. »Komm schon, Lili, das hab ich dir doch erzählt.«
»Nein, hast du nicht.«
»Doch, hab ich.«
»Wann?«
»Scheiße, was weiß ich, wann … keine Ahnung, vor ein paar Tagen.«
»Curtis«, sagte ich langsam und versuchte ruhig zu bleiben. »Du hast mir gar nichts von einer Valentinsparty erzählt, klar? Du hast auch nie jemanden namens Andrew Logan erwähnt und ich weiß auch nichts von einem Pistols-Auftritt heute Abend.«
»Schon gut«, murmelte er. »Aber ich hab es dir definitiv gesagt –«
»Nein, hast du nicht .«
Er schüttelte wieder den Kopf. »Das fällt dir garantiert wieder ein.«
Ich war drauf und dran, ihm zu sagen, er solle sich verpissen, aber aus irgendeinem Grund war es mir peinlich, auszurasten und ihn vor William anzuschreien … was überhaupt keinen Sinn ergab. Doch – egal ob verständlich oder nicht – mein Wunsch, mich nicht lächerlich zu machen, war mir wichtiger als die Wut auf Curtis, deshalb holte ich ein paarmal tief Luft, statt Curtis zu sagen, er solle sich verpissen,wartete, bis ich mich ein bisschen beruhigt hatte, und lächelte ihn dann artig an.
»Okay«, sagte ich leise. »Lass uns vergessen, ob du’s gesagt hast oder nicht, ja? Tu einfach so, als hättest du’s nicht.«
»Klar«, sagte Curtis lächelnd. »Aber ich hab’s.«
»Okay«, sagte ich und biss die Zähne zusammen. »Dann lass mir eben meinen Willen. Und erzähl’s mir noch mal.«
Die Valentinsparty fand in Andrew Logans Studio in Butler’s Wharf statt, gleich südlich der Themse, und war nur für geladene Gäste. Logan war ein bekannter Künstler – Bildhauer, Maler, Schöngeist, Performance-Künstler – und er war damals die gesellschaftliche Schlüsselfigur in der
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