Live Fast, Play Dirty, Get Naked
Londoner Kunst- und Modeszene, einer Szene, die auch Malcolm McLaren und Vivienne Westwood einschloss. Logans Partys waren berüchtigt und er hatte Verbindungen zu allen möglichen Leuten: Filmemachern, Schauspielern, Schriftstellern, Musikern. Also hatte McLaren ihn überredet, auf seiner Valentinsparty die Sex Pistols spielen zu lassen, in der Hoffnung, dass es ihrem Image einen gehörigen Schub bringen würde.
Curtis kannte McLaren inzwischen ganz gut und auch Jake – obwohl er in mancher Hinsicht ein Rivale war – gehörte zu diesem aufkeimenden Punkzirkel. Kurz gesagt stellte sich heraus, dass McLaren Jake und Curtis vier Einladungen zur Valentinsparty gegeben hatte, und da wollten wir an diesem Abend offenbar hin.
»Okay?«, fragte mich Curtis, nachdem er alles erklärt hatte.
»Ja, danke.«
»Und … erinnerst du dich jetzt, dass ich dir davon erzählt habe?«
Ich seufzte nur.
Er grinste. »Ist schon okay, Lili, du musst dich nicht –«
»Curtis?«, sagte ich und es war mir plötzlich egal.
»Was?«
»Verpiss dich.«
14
Erst nachdem er William gefragt hatte, ob er mit uns zu der Valentinsparty käme, merkte Curtis, dass wir plötzlich zu sechst waren – Curtis, Jake, William, Chief, Stan und ich –, doch nur für vier Leute Karten hatten. Aber zum Glück für Curtis hatte er nicht nur mir kein Wort von der Party erzählt, sondern auch Stan und Chief vergessen, doch sie hatten sowieso andere Pläne, weshalb es ihnen egal war. Genau genommen waren sie nach Curtis’ endlosen Reden über Andrew Logans Künstlerfreunde und seine so wunderbar theatralischen Partys, glaube ich, beide eher erleichtert, dass sie nicht mitmussten. Und um ganz ehrlich zu sein, als sie uns vor Curtis’ Quartier in der High Road absetzten und davonfuhren, wünschte ich fast, ich hätte mitfahren können. Was immer sie an dem Abend vorhatten – es konnte nur besser sein, als quer durch London zu einer Party in einem Künstleratelier zu eiern, auf der die Sex Pistols, Malcolm McLaren und wer sonst noch waren.
»Kopf hoch, Lili«, sagte Curtis locker fröhlich, als wir die Treppe zu seinem Zimmer in dem besetzten Haus hochliefen. »Das wird super. Alle werden da sein – die Musikpresse, Reporter, Fotografen … Jake sagt, vielleicht kommt sogar eine Fernseh-Crew.« Er unterbrach sich, legte mir eine Hand auf die Schulter, beugte sich dicht zu mir runter und lachte strahlend. »Das könnte die Chance sein, Lili«, sagte er undseine Augen leuchteten vor Aufregung. »Ich meine … man weiß ja nie … vielleicht wird das unsere Nacht.«
Ich verstand zwar nicht recht, wieso das »unsere Nacht« werden könnte, doch seine wilde, fast kindliche Begeisterung war derart ansteckend, dass ich, während ich Jake und William ins Zimmer folgte, tatsächlich anfing zu glauben, ich hätte vielleicht doch unrecht … vielleicht würde die Nacht ja gar nicht so schlimm, wie ich befürchtete.
Wie sich herausstellte, hatte ich wirklich unrecht. Es wurde nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte – es wurde noch viel schlimmer.
Erst lief alles ganz gut. Wir saßen eine Weile in seinem Zimmer, schließlich ging Curtis nach unten und lieh sich eine zweite Gitarre, und während er William ein paar unserer Songs beibrachte, saß ich bloß da und hörte ihnen beim Spielen zu. Sie klangen zusammen richtig gut und es war angenehm, einfach bloß herumzusitzen, nichts zu tun und mich nur schweigend an ihrer Gegenwart zu freuen. Curtis wirkte total glücklich und es gefiel ihm eindeutig, William seine Songs vorzuspielen. Williams Fähigkeit, sie zu lernen, war absolut wahnsinnig. Genau wie vorher schien er auch jetzt jeden Song nur ein Mal hören zu müssen und fertig.
Nach ein paar Songs zog Jake los und besorgte von irgendwoher eine Flasche billigen Rotwein, und als er zurückkam, hörten sie auf zu spielen und wir saßen zusammen, tranken und redeten eine Weile. Jake legte eine Platte auf und ausnahmsweise war es etwas, das mir richtig gefiel: das dritte Album von Velvet Underground – das mit Pale Blue Eyes und Candy Says drauf –, für das ich schon immer geschwärmthatte. Natürlich drehte Jake wie immer einen Joint und reichte ihn herum. Ich nahm ein paar kurze Züge und gab ihn an William weiter. Obwohl er ihn ganz locker entgegennahm – mit einem kurzen Nicken des Danks und einem Lächeln, das mein Herz ausrasten ließ –, rauchte er nichts, sondern reichte den Joint nur an Jake weiter und nahm schließlich einen Zug von seiner
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