Live Fast, Play Dirty, Get Naked
Kopf, die Hüften, die Füße … egal was. Schließ ganz einfach die Augen, spür die Musik und beweg dich zu ihr.
Und genau das tat ich.
Nur wir zwei in einem schwankenden, wogenden Menschenmeer, zusammen allein, ohne zu reden, wir ließen uns treiben, bewegten uns zur Musik, tanzten …
Und nach einer Weile bekam sogar Curtis Spaß daran.
Wir tanzten auch die nächsten Songs zusammen – zwei weitere Reggae-Stücke aus dem Big-Youth-Album, gefolgt von Hey Negrita –, aber dann legte, wer immer zu der Zeit gerade für die Musik zuständig war (was jeder sein konnte, der das wollte), erneut das Ramones-Album auf, und sosehr Curtis und ich die Platte auch liebten, hatte doch keiner von uns Lust, nach der Musik zu tanzen.
»Ich muss sowieso mal aufs Klo«, sagte ich zu Curtis.
»Gut«, antwortete er und blickte sich um. »Hast du irgendwo Jake gesehen? Ich muss ihn unbedingt sprechen.«
»Probier’s in der Küche«, sagte ich. »Und Curtis?«
»Ja?«
»Übertreib’s nicht, okay?«
»Was meinst du?«
»Du weißt genau, was ich meine. Also … mach einfach langsam, mehr nicht. Mir zuliebe.«
Er lächelte mich an. »Okay.«
»Danke«, sagte ich und gab ihm einen Kuss.
»Schon gut«, antwortete er und küsste mich zurück.
Ich sah ihm nach, wie er Richtung Küche ging, und wusste genau, dass er auf der Suche nach Drogen war. Dann ging ich nach oben und stellte mich in die lange Schlange vor der Toilette.
Als ich zwanzig Minuten später wieder herunterkam und in die Küche ging, war Curtis nirgends zu sehen. Ich wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht, nahm eine Dose Bier aus dem Kühlschrank und ging nach draußen, um frische Luft zu schnappen.
Es gab keinen Garten im eigentlichen Sinne, nur einen kleinen, von einer Steinmauer umgebenen Hof aus aufgeplatztem Beton mit einem Rand aus wirr sprießenden Gräsern und Nesseln. In dem kläglichen Versuch, ein Lagerfeuer zu machen, war der vertrocknete Stamm eines längst abgestorbenen Apfelbaums in der Ecke des Hofs ausgegraben, mit Benzin übergossen und angezündet worden. Jetzt lag er schwelend und nach Benzin stinkend in der Mitte. Ein traurig wirkender Punk mit purpurfarbenen Haaren stand einsam vor dem angekokelten Baum, starrte ins Nichts und klopfte sich mit einem verkohlten Stück Holz träge gegen das Bein. Und zwei Hippies mit toten Augen saßen, die Beine über Kreuz, an der gegenüberliegenden Wand auf dem Boden, murmelten zusammenhanglos miteinander und teilten sich eine Flasche Wein. Ansonsten schien der Hof leer. Ich entfernte mich von dem schwelenden Baum, um den Benzindünsten zu entgehen, und stand eine Weile nur da, mit dem Rücken zum Haus, atmete die klare Nachtluft ein und saugte die relative Ruhe auf. Ein blasser weißer Mond stand hoch am Himmel, sein Rand schimmerte ineinem unheimlichen blauen Licht. Irgendwas war mit diesem Licht, irgendwas, das mit seiner schieren Bläue zu tun hatte. Es erinnerte mich beunruhigend an die Augen meiner Mutter …
Ich seufzte, schaute nach unten und versuchte das Bild aus meinen Gedanken zu vertreiben. Ich wollte nicht an meine Mutter denken – das war alles viel zu verwirrend, zu kompliziert –, aber ich fragte mich trotzdem, was sie wohl gerade machte. War sie zu Hause? War sie allein? War sie irgendwo aus? War sie mit jemandem zusammen?
Ich seufzte noch einmal und beschloss, wieder reinzugehen.
Doch gerade als ich mich umdrehte und gehen wollte, hörte ich hinter mir eine sanfte Stimme rufen: »Hey, Lili«, und als ich mich umschaute, erkannte ich William. Er saß auf einer umgedrehten Milchkiste an der Mauer eines kleinen Durchgangs, der seitlich ums Haus führte. Zu seinen Füßen stand eine halb volle Flasche Wein und er hielt einen halb gerauchten Joint in der Hand.
»William!«, sagte ich, unfähig, das hörbare Ausrufezeichen zu unterdrücken. »Was machst du hier?«
»Nichts Bestimmtes«, antwortete er lächelnd. »Ich sitz einfach bloß rum, weißt du …«
»Ich war mir gar nicht sicher, ob du überhaupt kommen würdest«, antwortete ich. »Auf die Party, meine ich.«
»Doch, ich bin hier.«
Ich lächelte und fühlte mich ein bisschen dämlich, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte.
»Lass dich von mir nicht aufhalten«, fuhr William fort. »Ich meine, wenn du wieder reinwillst –«
»Nein … nein, ist schon okay. Ich hab nur …«
»Den Mond angeschaut?«
Ich lachte. »So was Ähnliches.«
Er schaute nach oben. »Schöner Mond heute.«
»Ja, stimmt.«
Er sah
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