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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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haben.“
     
    Dann pausierte sie, horchte in den Knopflautsprecher in ihrem Ohr, nickte und moderierte weiter, während auf den Fernsehschirmen der CNN in Atlanta die Wiederholung der Szene mit Ben Rickman und dem Streifenbeamten ablief, die Kamera sich während Bens hilflosem Wutausbruch auf sein Gesicht heranzoomte und die ganze Angst des Mannes in Millionen von Wohnzimmer rund um die Welt live übertrug.
     
    Susan zuckte mit den Schultern.
     
    „Hätte deine Geschichte sein können, Kleine“, meinte Isaac.
     
    Sie nickte und fuhr sich durch ihr Haar. Sie hatte Lust auf eine neue Zigarette, aber die Packung Camel war leer und sie wagte es nicht, bis zum nächsten Laden zu gehen, um sich eine neue zu holen. Wieso nicht, Susie? fragte eine lachende Stimme in ihr. Der nächste Laden ist doch direkt  auf der anderen Straßenseite. Direkt hinter den Polizeilinien da drüben. Du brauchst einfach nur reinzugehen und den Irren fragen, ob er dir eine Packung rauswirft.
     
    „Es ist nicht richtig, Isaac“, meinte sie, „Schau dir den Mann an. Es ist nicht richtig, ihn irgendwas  zu fragen. Wenn seine Verlobte wirklich da drüben drin ist…“ Ein Wink mit der Hand auf den Supermarkt, „…dann muß er kurz davor stehen, den Verstand zu verlieren.“
     
    „Der falsche Ort und falsche Zeit für Skrupel, Kindchen.“
     
    „Ja“, sagte Susan mit plötzlicher Aggressivität, „ich habe verdammt nochmal Skrupel, die Kamera auf das Gesicht eines Mannes zu lenken und ihn zu fragen, was er von der Situation hier hält und ob er glaubt, daß seine Verlobte lebend zu ihm zurückkommt.“
     
    „Ich hoffe, Claire und Mike verstehen das.“
     
    „Es ist mir egal, ob sie‘s verstehen. Ich werde es nicht tun. Ich bin hier draußen, ich treffe hier die Entscheidungen…und ich sage: Wir tun‘s nicht.“
     
     
     
    02:46
     
    CNN tat es.
     
    Auf den Bildschirmen flackerte es auf, nachdem die Kamera von der Reporterin schwenkte und sich auf das tränenbenetzte Gesicht Ben Rickmans einstellte, der mit einem gläsernen Blick hinüber zu den Polizeiwagen starrte, immer noch zu erwarten schien, daß der fette Streifenbeamte zurückkam, daß ein Wunder geschah, daß…er krümmte sich wieder nach vorne und wurde von einem weiteren Weinkrampf geschüttelt, die Hände vor seinem Bauch verschränkt, den Oberkörper langsam hin- und her wippend.
     
    „Entschuldigen Sie“, fragte die Reporterin, nicht im Bild, „mein Name ist Tatjana Luescher, CNN New York. Können Sie vielleicht…können Sie mit mir sprechen?“
     
    Ben wippte weiter hin und her, wie ein Kleinkind, daß sich in eine autistische Phase hineingesteigert hatte. Sein Gesicht wurde von dem Scheinwerfer ausgeleuchtet, überzeichnet und mit einer starken Überbelichtung auf die Bildschirme gebracht. Er blinzelte nicht einmal.
     
    „Gwen“, flüsterte er.
     
    „Ist das der Name Ihrer Freundin? Ist Gwen in dem Supermarkt drüben,? Ist sie in der Gewalt dieses Wahnsinnigen?“ meinte Tatjana Luescher.
     
    „Gwen, großer Gott, ich…Gwen…“
     
    „Können Sie mir vielleicht sagen…“, setzte Tatjana Luescher wieder an.
     
    Ben wippte hin und her.
     
    „Wie heißen Sie?“
     
    Keine Antwort.
     
    „Wie haben Sie erfahren, daß Gwen in dem Supermarkt  ist?“
     
    Nur die Großaufnahme von stummen Tränen.
     
    Jemand, vielleicht im CNN-Center in Atlanta,  zeigte Erbarmen und unterbrach die Aufnahme, gab schnelle Anweisungen über Funk.
     
    Die Kamera schwenkte hoch und zeigte wieder das professionell durch Botox versteinerte Gesicht der CNN-Reporterin, die mit ruhiger Stimme weitersprach.
     
    „Wieviel menschliches Leid, wieviel menschlicher Schmerz noch im Verlauf dieser Nacht von allen Beteiligten ausgehalten werden muß“, meinte sie in das Mikro, „darüber können wir zu diesem Zeitpunkt nur spekulieren. Sicher ist nur, daß es diese Nacht für lange Zeit im Gedächtnis der Menschen dieses Viertels eingebrannt sein wird.“
     
    Pause.
     
    „Hier spricht Tatjana Luescher. CNN.“
     
    Pause.
     
    „Mehr vom Geiseldrama nach der Werbung.“
     
     
     
    02:46
     
    „Nein“, sagte Mike Roth in seinem Studio, während er unter dem Nachrichtentisch auf einem der Monitore das CNN Programm verfolgte, „Du hast Recht, Susan. Ich hätte es auch nicht gemacht. Unsere Bilder reichen aus. Ja, der weinende Mann und der Polizist.“
     
    Er verzog das Gesicht zur Grimasse.
     
    „Ist okay, Susan. Bleib dran.“
     
    Die Verbindung zu Susan

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