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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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so ruhig wie möglich zu klingen.
     
    „Ich glaube nicht“, meinte der Mann am anderen Ende. „Ich glaube, nein, ich bin mir ziemlich sicher, daß ich  hier die Verantwortung habe. Stimmen Sie mir da nicht zu, Lieutnant Kovacs?“
     
    „Was wollen Sie, Huck?“
     
    „Ich habe Ihnen nicht erlaubt, mich Huck zu nennen, Kovacs.“
     
    „Dann geben Sie mir doch Ihren Namen. Ihren richtigen Namen. Und dann unterhalten wir uns beide, okay?“
     
    „Wer sagt, daß ich mich unterhalten will?“
     
    Joe drehte sich mit dem Rücken zum Supermarkt, den Blick auf die Scharfschützen gerichtet, die sich auf den Dächern oberhalb der Straße verteilt hatten. Der Scheißer würde sich wahrscheinlich nicht einmal zeigen.
     
    Bleib ruhig…
     
    „Sie haben mich angerufen, nicht umgekehrt.“
     
    „Das ist richtig.“
     
    „Also, was wollen Sie?“
     
    „Was ich will? Lassen Sie mich mal überlegen. Was wollen Leute wie ich denn so? In den Filmen, meine ich, in den Filmen da wollen wir immer Pizza. Oder chinesisches Essen. Mögen Sie chinesisches Essen, Kovacs? Ich kann nicht sagen, daß ich das tue. Aber irgendwie ist das wohl Tradition, daß man so etwas verlangt.“
     
    „Tun Sie das?“
     
    „Chinesisches Essen verlangen?“
     
    „Ja.“
     
    „Nein.“
     
    „Warum reden Sie dann eine solche Scheiße, Mr. Finn?“
     
    „Weil es um Statistiken geht“, kam die Stimme vom anderen Ende der Leitung. „Das werden Sie vielleicht jetzt nicht verstehen, aber wußten Sie, daß es Studien gibt, die aussagen, daß acht von zehn Geiseln in einer solchen Situation chinesisches Essen bevorzugen?“
     
    „Wußte ich nicht“, sagte Joe.
     
    „Sollten Sie aber wissen.“
     
    „Sollte ich das?“
     
    „Ja.“
     
    „Warum?“
     
    „Weil in zwei Drittel all der Fälle, die ich gerade genannt habe, die Geiselnahme später blutig geendet hat.“
     
    „Und das heißt…“
     
    „Das heißt, daß es – statistisch gesehen – eine Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent geben würde, daß die Situation blutig enden wird…“
     
    „… wenn Sie chinesisches Essen bestellen würden“, beendete Joe den Satz.
     
    „Genau.“
     
    Joe dachte nach. „Für wieviele Personen soll ich denn bestellen?“
     
    Lachen am anderen Ende der Leitung.
     
    „Sie sind gut“, meinte der Mann, „sogar sehr gut, Lieutnant. Moment, ich muß mal eben nachfragen.“
     
    Pause. Joe fing an zu beten, eine vage Hoffnung, die er kaum in Worte zu kleiden wagte, bevor die Stimme sich wieder im Telefonhörer meldete: „Sind Sie noch da, Lieutnant? Okay, sagen wir Essen für zehn Personen.“
     
    „Chinesisch?“ fragte Joe.
     
    „Die Entscheidung überlasse ich Ihnen.“
     
    Joe überlegte wieder. Das klang nicht nach jemanden, der wahnsinnig war. Das klang wie jemand, der genau durchkalkulierte.
     
    Irgend etwas hier stimmte nicht. Irgend etwas…
     
    Bleib ruhig…
     
    „Wird erledigt. Noch etwas…wie soll ich Sie ansprechen? Ich finde, Mister klingt so verdammt unpersönlich und Huckleberry Finn ist bestimmt nicht Ihr Name.“
     
    Erneutes Lachen.
     
    „Sie dürfen mich Donald nennen, Lieutnant.“
     
    Dann wurde aufgelegt.
     
     
     
    02:33

 
    „Cohen?“
     
    Joe legte das Handy weg und suchte seine unmittelbare Umgebung nach dem jungen Polizisten ab. Er stand zwei Wagen weiter, gegen die Motorhaube eines Streifenwagens gelehnt und rauchte eine Zigarette.
     
    „Wir haben wahrscheinlich neun Geiseln im Laden, vielleicht zehn. Ruf mir den nächsten Pizza-Service an. Und den nächsten Chinesen.“
     
    Scheiß auf die Statistik , dachte sich Joe.
     
    Der Polizist zog noch einmal an der Zigarette, schnippte sie weg und nickte, während der Rauch über seine Lippen quoll.
     
    „Und Cohen…“ sagte Joe. „Ich will die Aufzeichnung des gesamten Funkverkehrs haben, die mit dem Notruf der Frau.“
     
     
     
    02:42
     
    „Sie können hier nicht durch, Mister.“
     
    Der Polizist war um gut einen Kopf größer als Ben, dazu fast mehr als doppelt so breit. Hinter dem Officer waren drei Polizeisperren aufgebaut, dahinter standen zwei Streifenwagen. Die Lichter auf ihren Dächern flackerten stroboskopartig.
     
    Es standen nur noch wenige Leute hier, die meisten davon waren Polizisten. Auf seiner Seite der Absperrung waren es vor allem Reporter, die ausgeharrt hatten. Die Fernsehteams nahmen mit montierten Kameras auf, hatten Standleitungen und direkte Satellitenverbindungen zu ihren Studios

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