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Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
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Du kannst immer mit mir reden«, sagte Deirdre mit Nachdruck.
    Ich stand vom Tisch auf, obwohl ich mit dem Essen noch nicht fertig war. »Vielleicht würde ich mit dir darüber reden, wenn du mit mir über meinen Vater reden würdest.«
    Deirdre wich meinem Blick aus und wischte mit der linken Hand nicht vorhandene Krümel von der Tischdecke.
    »Ich weiß nicht, warum du immer wieder davon anfängst. «
    »Warum? Weil ich bis heute nicht weiß, warum mein Vater so viel getrunken hat und warum du das so hingenommen hast.«
    »Ich habe nie … «, hob sie an, aber ich unterbrach sie.
    »Du hast nie etwas dagegen unternommen, wolltest du sagen? Da hast du recht. Mich hast du weggeschickt, aber du bist geblieben, um auf ihn aufzupassen. Oder etwa nicht? Du hättest ihn verlassen müssen, damit er kapiert, dass er damit aufhören muss.«
    »Er hätte nie aufgehört.«
    »Das weißt du nicht.«
    Sie schwieg.
    »Warum hast du ihn nicht verlassen?«
    Sie sagte immer noch nichts.
    »Bitte, sprich doch mit mir. Sag mir, warum das alles so gelaufen ist.«
    Keine Antwort.
    Ich drehte mich um, stapfte die Treppe hinauf ins
Gästezimmer und knallte die Tür hinter mir zu. Es war alles beim Alten. Egal, wie alt ich auch wurde, ich blieb doch immer die zwölfjährige Tochter, sobald ich mit meiner Mutter zusammen war. Sie behandelte mich so, indem sie die schwierigen Themen ausklammerte, und ich benahm mich so, indem ich ungeduldig aufbrauste. Der Gedanke, dass ich gerade erst angekommen war und meinen Rückflug – offenbar in einem Anfall von grenzenlosem Optimismus – für den übernächsten Abend gebucht hatte, ließ mich erschöpft aufs Bett sinken. Ich schreckte auf, als mein Handy klingelte. Es war Benjamin. Sofort fühlte ich mich besser.
    »Sag mir sofort, dass du ohne mich nicht leben kannst und ich deshalb auf der Stelle nach Hause kommen muss«, sagte ich ins Telefon, ohne eine Begrüßung abzuwarten.
    Mein Mann stutzte, dann antwortete er: »Ehrlich gesagt rufe ich wirklich an, weil ich dich fragen wollte, ob du früher kommen kannst.«
    Ich lachte. »Ich komme, so schnell es geht! Und jetzt sag mir warum.«
    »Weil ich ohne dich nicht leben kann.«
    »Und warum noch?«
    »Tina fällt morgen aus. Ihr Vater ist krank geworden, und sie muss zu ihm nach Bristol. Wir haben mittags den Termin mit Simon Simm, und es würde einen besseren Eindruck machen, wenn wir zu zweit erscheinen.«
    »Ich müsste mich einarbeiten … «, sagte ich, und meine Begeisterung klang mit Sicherheit bis London durch.
    »Ich kann dir alles mailen.«
    »Prima. Ich kümmere mich um einen Flug.«

    »Warte«, hielt er mich auf. »Es reicht, wenn du morgen früh kommst. Ich vermute, ihr habt euch gestritten …« Er machte eine Pause, um mir Gelegenheit zu geben, darauf zu antworten.
    Ich murrte.
    »Okay, ihr habt euch gestritten, und ich finde, du solltest wenigstens heute noch dableiben, damit ihr versuchen könnt, wie erwachsene Menschen miteinander zu reden.«
    »Sie hat angefangen, mich mit …«
    »Sie hat angefangen?«, wiederholte er lachend. »Wie alt bist du, zwölf? Es ist doch egal, wer anfängt, ihr solltet nur nicht wieder im Streit auseinandergehen und dann jahrelang schmollen. Es ist nicht gut, auch wenn du immer so tust, als sei es dir egal.«
    Er kannte mich gut. Ich musste gar nichts mehr dazu sagen.
    »Bitte komm erst morgen früh«, sagte er sanft. »Dann kannst du dir heute die Unterlagen durchsehen, die ich dir maile.«
    Benjamin hatte recht, wie so oft. Und trotzdem sagte ich: »Ich fliege sofort.«
    Anderthalb Stunden später war ich immer noch in Myrtleville. Sie hatten alle Flüge gestrichen. Der plötzliche dichte Nebel hatte den gesamten Flugverkehr in Cork lahmgelegt, ich kam vorerst nicht weg. Ich hatte mir Deirdres Wagen genommen, um Geld abzuheben und in dem kleinen Lädchen im Ort vorbeizuschauen. Benjamin und ich hatten uns angewöhnt, dem anderen etwas mitzubringen, wenn wir alleine unterwegs waren. Das konnte alles sein, von kuriosen Kleinigkeiten bis hin zu seltenen
Antiquitäten. Aber ich fand nichts, das mich ansprach. Ich verließ den Laden, ohne etwas zu kaufen, erntete dafür hochgezogene Augenbrauen und Getuschel und fuhr in Ermangelung eines besseren Plans im Schritttempo zum Pub. Man konnte kaum weiter als zehn Meter sehen, und ich kannte die Straßen nicht so gut, wie ich es vielleicht sollte.
    Im Pub klappte ich immer noch schlecht gelaunt meinen Laptop auf. Ich buchte gleich den ersten Flug des

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