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Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
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Fotoalben und Schuhkartons in der unteren.
    Fotoalben?
    Neugierig kniete ich mich auf den Boden, zog die Schublade weiter auf und nahm eines der Alben in die Hand, als ich wieder ein Türknarren vernahm. Diesmal wusste ich gleich, dass es eine Illusion war, und reagierte nicht. Ich schlug das erste Album auf. Es enthielt das, von dem Eoin gesprochen hatte: Ausdrucke aus dem Internet. Die Homepage unserer Kanzlei. Zeitungsmeldungen über unsere großen Fälle. Eoin hatte sogar alte Bilder aus Oxforder Studentenzeiten ausgegraben, von deren Existenz im Internet nicht einmal ich etwas gewusst hatte. Mir tat das Herz weh, als ich das alles sah. Schnell schlug ich das Album zu und nahm das nächste.
    Es begann mit Bildern von 1981, als ich zwei Jahre alt war. Mit heiligem Ernst schaute ich in die Kamera und hielt die Hand meiner Mutter ganz fest. Als ich umblätterte, fiel mir ein Zeitungsausschnitt entgegen. Es ging um den Hungerstreik der IRA-Gefangenen, um den Tod von Bobby Sands. Gerade als ich anfangen wollte zu lesen,
hörte ich Schritte. Diesmal war es keine Einbildung. Ich sprang auf und fuhr herum. Eoin stand in der Tür.
    »Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte er schnell. »Ich hatte nur Licht gesehen und dachte, vielleicht hat es jemand aus Versehen angelassen.«
    »Dass mein Wagen vor der Tür steht, hat dich nicht weiter interessiert?«, fragte ich kühl.
    Er zuckte die Schultern. »Sah nach einem Mietwagen aus.«
    Ich klappte das Album zu und verstaute es wieder in der Schublade. »Wie bist du hier reingekommen?«
    Er hielt einen Schlüssel hoch.
    »Mir wäre es lieber, wenn du den Schlüssel zurückgeben würdest.« Ich streckte die Hand danach aus.
    Eoin zögerte. »Deirdre hat ihn mir schon vor Jahren gegeben. Und einer muss doch nach dem Haus sehen, solange sie im Krankenhaus ist.«
    »Ja. Ich.« Ich hielt immer noch die Hand auf.
    »Du wohnst nicht mal hier. Du wohnst im Hotel«, gab er zu bedenken.
    »Es muss wohl kaum jemand rund um die Uhr hier sein. Außerdem soll das Cottage verkauft werden.« Jetzt entriss ich ihm einfach den Schlüssel und steckte ihn in die Hosentasche.
    Eoin schnappte nach Luft. »Du willst das Cottage verkaufen ?«
    Ich hob die Schultern. »Meine Mutter will es so.«
    »Deirdre wollte an Oliver Jenkins verkaufen?«
    Ich nickte. »Ihre Anwältin hat mit mir gesprochen.«
    Er sah mich lange an, dann sagte er: »Komm mit, ich muss dir was zeigen.«

    Wir gingen ein paar Minuten schweigend die Küstenstraße entlang, bis er mitten auf der Strecke stehen blieb. Ich sah mich um. Kein Haus war in der Nähe, kein Licht war zu sehen.
    »Hier ist es mir etwas zu einsam«, sagte ich scharf.
    »Pscht«, machte Eoin. »Hörst du das?«
    Ich zuckte die Schultern. »Nein. Was? Außer dem Meer kann ich nichts hören.«
    »Ganz genau. Und ist dir aufgefallen, dass du hier viel mehr Sterne siehst als in London?«
    Ich sah in den sternklaren Himmel. Er hatte recht. Je länger ich nach oben sah, desto mehr kleine strahlende Punkte konnte ich ausmachen. Ich erinnerte mich daran, dass ich, nachdem ich als Kind nach London gezogen war, die vielen Sterne vermisst hatte. Immer seltener hatte ich in den Himmel geschaut, und irgendwann hatte ich mich gar nicht mehr dafür interessiert. Wie hatte ich so lange vergessen können, wie sehr mir der irische Sternenhimmel gefehlt hatte?
    Die Milchstraße trat so klar hervor, wie ich sie schon viel zu lange nicht mehr gesehen hatte. Ich versuchte, mich an die Namen der Sternbilder zu erinnern, die ich als Kind gewusst hatte. Und dann fiel eine Sternschnuppe. Ich konnte nicht anders, ich stieß einen verzückten Schrei aus, schloss die Augen und wünschte mir etwas. Natürlich wünschte ich mir, dass Deirdre wieder gesund wurde. Als ich die Augen öffnete, stand Eoin direkt vor mir.
    »Noch haben wir hier keine Lichtverschmutzung wie in den größeren Städten. Noch haben wir klare Luft und vor allem Ruhe. Aber wenn es nach Oliver Jenkins geht, ist es damit vorbei«, sagte er.

    Der Zauber war so schnell gebrochen, wie er gekommen war. »Findest du nicht, dass du übertreibst? Jenkins baut eine überschaubare Ferienhaussiedlung, keinen Industriepark. Er hat ein sehr vernünftiges Konzept, das er mir ausführlich vorgestellt hat. Es ist auch unter ökologischen Gesichtspunkten vertretbar. Außerdem wird er Arbeitsplätze schaffen. Und Arbeit ist doch etwas, das den Leuten hier guttäte, nicht wahr?«
    Eoin setzte sich auf eine kleine Steinmauer, die

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