Liz Balfour
Armen empfangen. Auch sie hatte von ihm nicht lassen können. Was musste das für eine Liebe gewesen sein!
Aber konnte ich darüber mit Eoin sprechen? Ich fand nicht die richtigen Worte. Es war offenkundig, wie sehr Eoin darunter litt, dass Deirdre trotz der langen Freundschaft, die ihn mit ihr verband, nie darüber gesprochen hatte, dass sie seinen Vater gekannt und wie nah sie ihm gestanden hatte. Er musste das Gefühl haben, dass ihn viele der wichtigsten Menschen in seinem Leben belogen hatten. Gleichzeitig war ich wütend auf meine Mutter. Wie hatte sie Emerald Cottage kaufen können, ein Haus in der Nähe ihres langjährigen Geliebten, um dann mit ihrem Ehemann dort einzuziehen?
Eoin blieb noch eine Weile schweigend neben mir sitzen, dann half er mir auf, trug mich zurück an den
Strand, gab mir meine Krücken und brachte mich zu seinem Wagen.
»Ich muss jetzt eine Weile allein sein«, sagte er, als wir schon fast am Cottage waren. »Ich bring dich aber noch nach Hause.«
»Nach Hause«, wiederholte ich seine Worte. »Nicht mehr lange wird es das sein. Ich habe mich entschieden und werde das Cottage verkaufen.«
Eoin bremste scharf. »Was?«
»Eoin, ich weiß, was du zu mir gesagt hast, aber glaub mir, sie will es nun mal so. Und es sollte doch nur um das gehen, was in ihrem Interesse ist, oder?«
»In ihrem oder in deinem?«, fragte er aufgebracht.
»In ihrem natürlich! Welches Interesse könnte ich denn schon an dem Verkauf haben?«
Er hob die Schultern. »Was weiß ich? Mir hat Jenkins viel Geld geboten. Euch wahrscheinlich auch.«
Ich schüttelte den Kopf. »Mir geht es nicht um das Geld. Mir geht es darum, was das Beste für meine Mutter ist.«
»Ach. Welch Sinneswandel!«
Das tat weh. »Eoin, ich sage nicht, dass ich in den letzten Jahren alles richtig gemacht habe, was meine Mutter betrifft, aber ich versuche, es jetzt wiedergutzumachen. Willst du das nicht verstehen?«
»Du lässt zu, dass deine Heimat kaputt gemacht wird. Unsere Heimat! Bedeutet dir dieses Land denn gar nichts?«
Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Ich konnte nicht so empfinden wie er. Er hatte sein ganzes Leben hier verbracht, für mich gab es nur Kindheitserinnerungen, und die waren nicht unbedingt nur die besten.
»Verstehe«, sagte er, ohne mich anzusehen. »Mit dir kann man nicht darüber reden. Du bist viel zu weit weg.«
»Eoin, bitte, es ist der Wunsch meiner Mutter!«
Er lachte. »Das kann nicht sein!«
»Sie hat es mit ihrer Anwältin besprochen. Ich denke mir das doch nicht aus.«
Eoin schwieg einen Moment, dann sagte er: »Ich dachte immer, ich kenne Deirdre, aber du hast mir heute bewiesen, dass es nicht so ist. Mag sein, dass sie verkaufen will. Aber ich werde es nicht tun. Zusammen hätten wir ihn stoppen können, aber bitte, werde ich eben allein gegen diesen Oliver Jenkins und sein dummes Projekt kämpfen.«
»Wie könnten wir ihn schon stoppen? Wenn er unsere Grundstücke nicht bekommt, baut er eben woanders.«
Eoin lachte verächtlich. »Er hat nur zwei Möglichkeiten, das Ding überhaupt zu realisieren. Entweder mit meinen Ländereien, oder mit Deirdres. Es geht nicht nur um das Grundstück, auf dem das Haus steht. Ihr gehört viel mehr. Siehst du diese Mauer da hinten? Bis dahin reicht ihr Land. Es grenzt direkt an meins an. Natürlich hätte er gerne alles, aber vorerst reicht es, wenn er einen von uns weichkocht. Das ist ihm bei dir ja offenbar gelungen. «
»Das heißt, ohne Mutters Land hätte er gar nicht die notwendige Fläche für sein Projekt?«
»Nicht mal die Hälfte. Also los, geh zu ihm, verkauf das Land! Worauf wartest du noch? Ich werde jedenfalls dafür sorgen, dass er keine Baugenehmigung bekommt. Mir ist egal, was ich dafür tun muss, aber ich werde alles probieren. Alles. Ich will nicht, dass meine Heimat noch
weiter kaputtgeht. Lachsfarmen, Industriegebiete, sie ruinieren die Umwelt, wo man hinsieht. Und du und Deirdre wollt das unterstützen? Tut mir leid, ab sofort habt ihr mich zum Gegner.«
Ich sagte nichts.
Er fuhr wieder los und ließ mich am Cottage aussteigen. Diesmal half er mir nicht mit den Krücken. Nachdem ich mühsam ausgestiegen war, gab er Gas und fuhr davon.
Warum willst du mich nicht mehr sehen?
M.
21.
»Sein Vater ging fort, kurz bevor meine Eltern das Cottage kauften. Warum hat sie das getan? Er war doch schon weg! Und wie muss sich mein Vater dabei gefühlt haben? Wusste er überhaupt was davon? Ich verstehe überhaupt nichts
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