Lizenz zum Kuessen
Nikki sich wieder hinter die Säule kauerte, sah sie auf einmal einige von ihnen die Treppe hinaufgerannt kommen. Binnen Sekunden würden sie durch die Tür auf die Empore stürmen. Sie wollte Z’ev darauf aufmerksam machen, doch er schien vollauf mit den Typen vor ihnen beschäftigt. Wieder drehte sie sich um - sah die Treppe, den Farn und das Klavier.
»Gib mir Deckung!«, rief sie Z’ev zu und rannte los. Z’ev erschrak, reagierte aber prompt.
Nikki riss die Tür auf und klemmte sie fest. Dann stemmte sie sich mit aller Kraft gegen das Klavier. Sie hörte schwere Stiefelschritte auf der Treppe. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, ihr Bizeps fühlte sich an, als versuche sie eine Mauer umzuwerfen. Mit schier übermenschlicher Anstrengung gab sie dem Klavier noch einmal einen kräftigen Stoß und spürte, wie die kleinen verrosteten Räder schließlich nachgaben und sich bewegten. Sie manövrierte es durch die Tür und hielt im Laufschritt auf die Treppe zu.
Das Klavier raste auf die erste Stufe zu, und Nikki sah vier Männer nach oben zeigen und wild durcheinanderschreien.
Sie gab dem Klavier einen beherzten Schubs und es stimmte seinen Schwanengesang an, als es den entsetzt dreinblickenden Männern entgegenpolterte. Am Kopf der Treppe wäre Nikki fast der Schwerkraft zum Opfer gefallen und dem Klavier hinterhergestürzt. Taumelnd stand sie auf der obersten Stufe und sah die Männer entweder die Flucht ergreifen oder zu Boden gehen. Dort, wo die Treppe eine Biegung machte, verkeilte das Klavier sich schließlich und blockierte den Weg nach oben.
Gerade als Nikki sich gefangen hatte und ihr Werk bewundern konnte, schoss einer der Überlebenden hinter dem Klavier auf sie. Hastig wich Nikki zurück und erwiderte das Feuer. Ob sie ihn getroffen hatte oder nicht, blieb unklar, denn just in diesem Moment ging eine weitere der von Jenny gelegten Sprengfallen los und erschütterte das gesamte Gebäude. Von der Decke rieselte Gips auf Nikkis Kopf.
Vorsichtig schlich Nikki sich auf die Empore zurück. Z’ev war nirgends zu sehen. Über sich konnte sie Schüsse hören. Wie es aussah, hatten sich die Kampfhandlungen ein Stockwerk weiter nach oben verlagert.
Nikki rannte zur vorderen Treppe, hinauf in den zweiten Stock und schaute sich um. Z’ev schien Sarkassians restliche Leute im Alleingang ausgeschaltet zu haben. Nun ging es Mann gegen Mann. Sarkassian war etwas größer als Z’ev und hatte dadurch mehr Reichweite, aber Z’ev machte das durch mehr Muskelkraft wett. Nikki zögerte kurz, ob sie ihm helfen sollte. Aber sie hatte das Gefühl, dass Z’ev sich schon lange auf diesen Augenblick gefreut hatte.
Noch während sie die beiden beobachtete, kam aus einem der Zimmer eine ganz in Schwarz gekleidete Gestalt. Ihre schwarzen Haare wippten wie immer perfekt auf Kinnhöhe, in der Hand hielt sie ein Präzisionsgewehr. Nikki war sich
dessen nicht bewusst, aber wahrscheinlich musste sie ein Geräusch gemacht haben, denn plötzlich schaute Val über die Schulter. Eine Zigarette im Mundwinkel, spielte ein verschlagenes Lächeln um ihre Lippen, als sie Nikki sah. Dann zielte sie auf Z’ev.
Nikki schrie, sprintete los und rammte Val mit voller Kraft. Val taumelte, und die Kugel verfehlte ihr Ziel, dann stürzten sie und Nikki in das Zimmer, aus dem Val eben gekommen war.
»Ich hätte dir keine Schuhe kaufen sollen«, keuchte Val, sprang auf und stellte sich über sie. »Gibst du einem Streuner einmal was zu fressen, wirst du ihn nie wieder los.«
Nikki versuchte aufzustehen, aber als Val ihr auf die Brust trat, landete sie unsanft auf dem Hintern und fiel zurück.
»Warum muss eigentlich immer, wenn eine Frau mal etwas Gutes für sich gefunden hat, irgendeine Zicke daherkommen und ihr alles kaputt machen?«, fragte Val düster. Nikki schüttelte den Kopf und versuchte, die flimmernden Sternchen zu vertreiben. »Du weißt auch nicht, wann es genug ist, Rotschopf.«
Blinzelnd sah Nikki zu ihr auf. Der Tag versprach herrlich sonnig zu werden, und Val stand zwischen ihr und dem Fenster. Nikki erkannte kaum mehr als eine schemenhafte dunkle Gestalt, die drohend über ihr stand.
»Und du?«, fragte sie und rappelte sich langsam auf. »Eine Top-Carrie-Mae-Agentin zu sein hat dir nicht gereicht?«
»Doch, klar, Kleine«, spottete Val und begann auf und ab zu gehen. Offensichtlich hielt sie Nikki für keine ernstzunehmende Gefahr.«Mein Leben ist toll - ganz toll. Ich bin zweiundvierzig, habe eine Hypothek und
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