Lizenz zum Kuessen
gewonnen«, fügte sie schnell hinzu, damit der Detective nicht dachte, sie würde tatsächlich Carrie-Mae-Kosmetik verkaufen. »Und weil ich gerade keinen
Job habe, meinte meine Mutter, ich könne mir damit was dazuverdienen, und ihre Freundin Toni hatte versprochen, mich mit auf eine ihrer Touren zu nehmen. Toni meinte, es wäre ganz einfach.«
»Verstehe.« Der Detective klang gelangweilt. »Sie waren also in dem Haus, um mit Toni Kosmetik zu verkaufen?«
»Ich kam rein und … sie waren einfach überall!« Nikki brachte nur ein heiseres Flüstern hervor.
»Sie?«, fragte der Detective und runzelte die Stirn.
Bei der bloßen Erinnerung wurde Nikki ganz schwindelig.
Die weiße Doppeltür hatte sich aufgetan. Eine Frau in mittleren Jahren mit teurem blondem Pagenkopf und schmaler Nordstrom-Hose bat sie ins Foyer. Nikkis erster Gedanke war, dass diese Frau all das war, was Nikkis Mutter gerne wäre, angefangen bei ihrem perfekt gesträhnten Haar bis zu ihren »vernünftigen« Schuhen für zweihundertfünfzig Dollar das Paar. Sie war Arztgattin. Nikki und Toni folgten »Mrs Doctor« ins Wohnzimmer. Blondinen jeden Alters und jeder Schattierung saßen und standen über den Raum verteilt, und nicht eine von ihnen, so stellte Nikki nach eingehender Betrachtung fest, verdankte ihre Haarfarbe der Natur.
Die Dame von Exquisite Cook war bereits da und hatte sich an einem Tisch neben der Küchentür postiert, wo sie ofenfrische Kostproben anbot. Toni suchte sich eine strategisch günstige Ecke und verwies Nikki in eine andere. Nikki baute ihren Tisch auf und bestückte ihn mit Proben und Farbfächern. Erwartungsvoll sah sie sich um. Niemand beachtete sie. Gegenüber stand Toni hinter ihren Kerzen und lachte so herzlich, als wäre sie mit den blondierten Damen bestens befreundet. Jemand brachte Nikki ein Glas Wein, das sie sehr dankbar entgegennahm. Es hatte schon seine Gründe, dass Alkohol eine legale Droge war.
»Okay. Da waren also viele Blondinen, und man bot Ihnen Wein an?«, fasste der Detective zusammen, ohne sich des wahren Schreckens der Situation bewusst zu sein.
»Ja«, sagte Nikki. »Aber nur ganz wenig Wein. Ich habe darauf geachtet, nur ganz wenig zu trinken. Wenn ich trinke, mache ich nämlich dumme Sachen.«
Der Detective gab eine Art Grunzen von sich, das Nikki als Zustimmung wertete. Mit den Fingern fuhr sie über die zerkratzte Tischplatte. Unten links hatte jemand »Scheißbullen« eingeritzt.
»Und dann?«, fragte er.
Sein unwirscher Ton riss Nikki aus ihrer meditativen Betrachtung. Sie sah auf und versuchte sich daran zu erinnern, worüber sie gerade gesprochen hatten.
»Dann habe ich Typberatung gemacht«, sagte Nikki schaudernd.
Auf einmal hatten sich alle Blondinen um sie geschart, hatten gegackert und geglotzt, nach den Proben gegrabscht und alles ausprobiert. Weizenblonde Blondinen hatten Verpackungen aufgerissen, platinblonde Blondinen hatten Lippenstifte herumgehen lassen, Rouge und Puder lagen auf dem Boden verstreut - ein wahres Make-up-Massaker. Nikki hatte tatsächlich versucht, einige von ihnen zu beraten, aber die Frauen schienen ganz genau zu wissen, was sie wollten, und weil Toni ihr geraten hatte, allem zuzustimmen, tat sie genau das.
Und eigentlich waren die Frauen ja auch nett gewesen. Zumindest hatten sie nette Sachen gesagt. Wenngleich die Bemerkung über ihre Haare vielleicht doch eine subtile Beleidigung gewesen war. Und sie hatten Nikki dauernd »Schätzchen« genannt, als könnten sie sich ihren Namen nicht merken.
»Okay. Sie haben Ihre Proben ausprobiert und Sie Schätzchen genannt.« Der Detective kapierte es einfach nicht.
»Sie haben nicht einfach nur die Proben ausprobiert. Sie haben alles ausprobiert. Ich meine, alle Proben. Wenn ich neue Proben will, muss ich sie von der Firma kaufen.«
»Verstehe«, sagte der Detective und machte einen Vermerk in seinen Unterlagen. »Und dann?«
»Dann ging es ans Bestellen.«
»Sie haben also Kosmetik bei Ihnen bestellt?«
Nikki schüttelte den Kopf. Tränen stiegen ihr in die Augen, wenn sie nur an ihre schmachvolle Niederlage dachte.
»Nein, eben nicht«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Sie haben nichts bestellt. Sie haben nur Tiefkühlessen bei Exquisite Cook und Kerzen bei Star Lite Candles bestellt, aber keine Kosmetik! Und dann kam diese Frau zu mir und sagte …« Nikki schniefte vernehmlich. Der Detective zog ein Päckchen Taschentücher aus seiner Jacke und reichte ihr eins. »Danke. Sie hat gesagt,
Weitere Kostenlose Bücher