Lizenz zum Kuessen
versuchte, dem Krankenpfleger etwas aus der Hand zu reißen. Val trat entschlossenen Schrittes dazu.
»Hey!«, brüllte sie.
Der Kopf des Mannes im bunten Hemd fuhr hoch. Er packte den Pfleger und stieß ihn mit voller Wucht gegen Laura, so dass sie beide zu Boden gingen. Dann bückte er sich, hob auf, was er vorher dem Pfleger zu entreißen versucht hatte und rannte weg. Als der Pfleger Val und Nikki auf sich zukommen sah, rappelte er sich schnell auf und rannte in die entgegengesetzte Richtung davon.
»Lauf ihm nach!«, rief Val und zeigte auf den Pfleger. »Ich schnapp mir den hier.«
Nikki nickte kurz und sprintete los. Um sie aufzuhalten, stieß der Pfleger ein Regal um, das samt Inhalt quer über den Gang flog. Nikki sprang flugs darüber und hörte seine Schritte in einem überdachten Durchgang zwischen zwei Gebäuden widerhallen und dann auf Kies knirschen, als er hinaus auf den hinteren Hof lief. Gerade noch rechtzeitig sah sie, wie er auf einen Stapel Kisten sprang und sich mit der Wendigkeit eines Actionhelden über das zwei Meter hohe Tor schwang.
»Scheiße«, murmelte Nikki und kletterte ihm hinterher. Die Straße hinter der Klinik wimmelte nur so von Menschen, und Nikki brauchte einen Moment, bis sie den weißen Kittel des Pflegers entdeckte. Er verschwand gerade ein gutes Stück
voraus um eine Straßenecke. Als Nikki dort angelangt war und in allen Richtungen nach ihrer Beute Ausschau hielt, sah sie den weißen Kittel keine drei Schritte von sich entfernt. Er hing über einem Treppengeländer.
Achselzuckend gab sie sich geschlagen. Um sich noch ein bisschen Adrenalin abzulaufen, rannte sie einmal um den Block, zum Vordereingang der Klinik. Aus einiger Entfernung schon sah sie Val einen arglosen Passanten rabiat aus dem Weg stoßen und lossprinten. Nikki wollte gerade zur Verfolgung ansetzen, besann sich dann jedoch eines Besseren. Val und der Mann im bunten Hemd hatten bereits zu viel Vorsprung. Sie würde sich etwas Schlaueres einfallen lassen.
Am Straßenrand parkten etliche Tuk-Tuks, deren Fahrer etwas abseits beisammenstanden und sich unterhielten. In einer der dreirädrigen Motorikschas sah Nikki den Schlüssel im Zündschloss stecken. Sie sprang hinein, ließ den Motor aufheulen, setzte zurück und fädelte sich in den Verkehr ein. Hinter sich hörte sie wütendes Geschrei und dann einen dumpfen Schlag, als der Tuk-Tuk-Fahrer hinten auf seinen Wagen aufsprang.
Als Nikki um die nächste Ecke bog, sah sie den Mann im bunten Hemd auf einem Motorrad davonbrausen. Val stand am Straßenrand, die Hände auf die Knie gestützt und rang schwer nach Atem.
»Steig ein!«, schrie Nikki und fuhr etwas langsamer, damit Val in den Wagen springen konnte.
»Dein kleiner Freund scheint sich mächtig aufzuregen«, bemerkte Val, als sie auf dem Rücksitz landete. Nikki schaute in den Rückspiegel und sah, wie der Tuk-Tuk-Fahrer, noch immer wütend auf Thai schimpfend, neben Val auf den Rücksitz kletterte.
»Schau nach vorn!«, schrie Val, und Nikki schaffte es in letzter Sekunde, einem Bus auszuweichen. Das Motorrad war schneller und wendiger, und der Mann im bunten Hemd schlängelte sich mühelos durch den dichten Verkehr. Nikki überholte den Bus und holte ein bisschen auf. Sie befanden sich in einem der älteren Stadtviertel, wo die Straßen geradezu beängstigend eng und voller Fußgänger waren. Vor ihnen ging das Motorrad in eine scharfe Linkskurve. Dabei fiel dem Mann im bunten Hemd etwas aus der Tasche - eine silbrig schimmernde Scheibe flog wie ein Frisbee durch die Luft, knallte gegen eine Mauer und zerbrach.
»Die Kurve kriegst du nicht«, sagte Val betont ruhig, ignorierte die Reste der silbrigen Scheibe und konzentrierte sich auf Wichtigeres.
»Die kriege ich«, entgegnete Nikki.
»Nein, kriegst du nicht«, beharrte Val, diesmal schon etwas eindringlicher.
Nikki schätzte die Lage neu ein. »Du hast Recht - die kriege ich nicht. Raus mit dir.«
»Was?«, schrie Val.
»Mach den Affen«, schrie Nikki zurück und zeigte auf die rechte Seite des Wagens.
»Mach dich doch selbst zum Affen!«, schnauzte Val sie an, die nicht kapierte, was Nikki meinte.
»Wir müssen gegenhalten, damit das Ding nicht umkippt. Los, häng dich raus!«
Der Tuk-Tuk-Fahrer zeterte Unverständliches, wahrscheinlich fluchte er, klammerte sich aber schon mit Händen und Füßen ans Gestell und hing rücklings aus dem Wagen.
»Das schaffst du nie!«, schrie Val, als sie sich rückwärts aus dem Tuk-Tuk
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