Lizenz zum Kuessen
entgangen, wie die militanten Nichtraucher sich zu einem Lynchmob zusammenrotteten.
»Ich habe Angst, dass sie ihm was antun«, meinte Nikki und riskierte einen kurzen Blick über die Schulter.
»Hoffentlich«, erwiderte Val. »Ich kann Leute nicht ausstehen, die glauben, sie müssten mir die Regeln erklären.«
Sie schafften es ohne weitere Zwischenfälle an Bord, aber sowie Nikki in ihrem komfortablen Businessclass-Sitz saß, sanken ihre Augenlider südwärts. Bei der Zwischenlandung in Tokio-Narita wachte sie gerade mal genug auf, um durch den Flughafen und in eine andere Maschine zu stolpern. Die Stewardessen waren andere, aber ihr Lächeln war dasselbe, und Nikki fragte sich, ob das vielleicht was Genetisches war, das unter Stewardessen von Generation zu Generation vererbt wurde.
In Thailand angekommen, hielt Nikki sich - wie gewohnt - immer einen Schritt hinter Valerie. Val fand sich in dem Labyrinth und dichten Gedränge des Don Muang Airport so leicht zurecht, als wäre sie in ihrem heimischen Einkaufs - zentrum unterwegs. Nach der Gepäckausgabe verbesserte Nikkis Laune sich auch nicht gerade, weil sie außer ihrem Rucksack noch eine zweite Tasche schleppen musste, in der sich das monströse Beautycase befand, das Rachel ihr mitgegeben hatte. Nikki hatte sich nicht getraut, irgendeins der kleinen Geräte zu Hause zu lassen, aber das sperrige Ding ließ sich schlecht mit ihrer Reisen-mit-leichtem-Gepäck-Philosophie vereinbaren.
Valerie steuerte die automatische Schiebetür an, die auf die belebte Straße hinausging. Es war Abend, fast zehn Uhr
Ortszeit, aber beim ersten Schritt nach draußen hüllte die Hitze Nikki ein wie ein feuchtes Tuch. Nach der klimatisierten Kälte des Flughafengebäudes spülte die schwüle Wärme, die vom Asphalt aufstieg, wie eine heiße Flutwelle über ihre Haut. Nikki holte tief Luft, als wäre sie gerade aufgetaucht, aber die Hitze schwappte in ihren Mund und drang in ihre Lungen. Val lief weiter, als ob nichts wäre.
Der Gehsteig wurde von einem schummrigen, unwirklichen Licht beleuchtet, das Nikki an das Licht in den Tunneln auf dem Freeway erinnerte. Val schob sie in eine Warteschlange, die zu einem hell erleuchteten Schalterhäuschen führte.
»Warum stellen wir uns da an?«, fragte Nikki und zog die Trageriemen ihres Rucksacks zurecht.
»Weil wir ein Taxi wollen.«
»Warum nehmen wir nicht einfach eins von denen?« Nikki zeigte zur Straße, auf der die Taxis dicht an dicht standen.
»Weil das so nicht läuft. Hat irgendwas mit der Gewerkschaft zu tun. Man sagt der Dame am Schalter Bescheid, wo man hinwill, sie gibt einem einen Fahrschein, den man dann dem Fahrer gibt, der einen zum gewünschten Ziel bringt und dir dann das Doppelte des eigentlichen Fahrpreises abknöpft.«
»Das war jetzt ein Scherz, oder?«
»Ja, stimmt. Manchmal machen sie einen ganz vernünftigen Preis.«
Nikki stellte ihre Tasche auf den Boden und stützte sich mit dem Rucksack auf dem Geländer ab, das die Warteschlange begrenzte, um das Gewicht von den Schultern zu nehmen. Sie war noch nie in Asien gewesen. Eigentlich war sie kaum je irgendwo gewesen. Wahrscheinlich war eine
Taxischlange für jemanden, der schon mal in Thailand war, nicht besonders spannend, aber Nikki fand alles - den Lärm, die vielen Menschen, sogar die tödlichen Temperaturen - total aufregend und musste sich ziemlich anstrengen, Vals gelangweilte Coolness nachzuahmen.
Als sie an der Reihe waren, nannte Val der Frau am Schalter den Namen ihres Hotels. Die Frau schrieb eine Quittung aus, stempelte sie ab und gab sie Val.
»Mandarin Hotel«, brüllte die Frau einem der wartenden Fahrer zu. Er nickte und half ihnen, ihr Gepäck im Kofferraum zu verstauen.
Während der Fahrt fiel Nikki auf, dass viele der Werbetafeln auf Englisch waren. Die Stadt wirkte riesig und chaotisch, aber ziemlich modern. Zumindest hatte Nikki nicht das Gefühl, in ein geheimes, mythisches Asien vorzudringen, sondern in eine ganz normale Großstadt des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Als sie an einem Gebäude vorbeifuhren, das von einem ganz aus Bambus errichteten Baugerüst umgeben war, korrigierte sie die zeitliche Einordnung der Stadt auf frühes zwanzigstes Jahrhundert.
Sie schaute aus dem Fenster auf die Brücke, die sich über die Straße spannte, auf die gelben Lichter der Straßenlaternen, die seitlich vorbeihuschten, lauschte dem Summen der Reifen auf dem Asphalt. Sechzehn Stunden hatte sie im Flugzeug gesessen, und ihr Gehirn fühlte
Weitere Kostenlose Bücher