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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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Giftmord für ihre Exekutionskommandos. Kein Blut, kein Risiko, dachte man.
    Bogdan Nikolajewitsch Staschinski, ein junger Agent in der KGB-Abteilung für Terrorakte im Ausland, wird im Oktober 1957 für eine »nasse Sache« nach Deutschland geschickt: Er soll einen nationalistischen ukrainischen Exilpolitiker namens Lew Rebet in München ermorden, dessen Aktivitäten der Kreml als störend empfindet. Als Tatwaffe hat man ihm ein neuartiges Gerät mitgegeben, das später vom Bundesgerichtshof, wohin der Fall es schaffen würde, detailliert beschrieben wird: eine Art Giftpistole, die aus kurzer Distanz eine hochtoxische Blausäureverbindung als Nebel versprüht. Die Erfindung sollte nach Vorstellung der sowjetischen Geheimdiensttechniker Ermittlungen über die Todesursache erschweren oder, besser noch, unmöglich machen und dadurch dem Agenten die Möglichkeit eröffnen, abtauchen und eventuell erneut tätig werden zu können: »Es handelte sich um ein gut fingerdickes, etwa 18 cm langes Metallrohr aus drei zusammengeschraubten Teilen. Im unteren Teil befindet sich ein Schlagbolzen, der … eine Pulverladung (Zündblättchen) entzündet. Hierdurch wird … eine in der Mündungsröhre befindliche Glasampulle zerdrückt. Diese … enthält ein wasserhelles Gift, das … gasförmig entweiche. Ein Mensch, dem auf etwa 50 cm Entfernung dieses Gas ins Gesicht geschossen werde, atme es ein und sterbe auf der Stelle. Irgendwelche Spuren seien nicht zu entdecken, sodass man keinen gewaltsamen Tod feststellen könne« (der Bundesgerichtshof im Urteil 9 StE 4/62 gegen Bogdan Staschinski vom 19. Oktober 1962).
    Am 12. Oktober 1957 passt Staschinski den ukrainischen Nationalisten Lew Rebet im Treppenhaus eines Wohnhauses in der Münchner Innenstadt ab. Er holt die in ein Zeitungsblatt gerollte Giftgaspistole Marke KGB-Eigenbau aus seiner Jackentasche, reißt sie im Vorbeigehen hoch und drückt sie aus kurzer Distanz auf Rebets Gesicht ab. Unmittelbar danach, noch im Hausflur, zerdrückt er eine Antigift-Ampulle und inhaliert den entweichenden Inhalt. Zusammen mit der vorbeugenden Wirkung von Tabletten, die erseit ein paar Tagen schluckt, sollte er damit gegen das Gift immun sein. Dann erst flieht er in den Hofgarten – Rebet hat gerade seinen letzten Atemzug getan –, versenkt das geheimnisvolle Mordinstrument im Köglmühlbach. Einen Tag später wird er über Frankfurt nach Berlin zurückfliegen, wo er unter einer Legende als Dolmetscher beim Büro für den deutschen Innen- und Außenhandel arbeitet. Von dort aus sendet er eine verklausulierte Vollzugsmeldung an die Lubjanka, das KGB-Hauptquartier in Moskau: »In einer mir bekannten Stadt habe ich mich mit dem mir bekannten Objekt getroffen und es begrüsst. Ich bin sicher, dass die Begrüssung gut ausgefallen ist.«
    Die Gewissensbisse beginnen eine Woche später. Er diskutiert mit seiner Freundin, einer Friseuse aus West-Berlin, die er im Friedrichstadt-Palast kennengelernt hat, über moralische Werte. Noch ahnt sie nicht, das er gar kein Dolmetscher ist, sondern ein Killer des Geheimdienstes KGB. Aber sie beeinflusst auch so durch ihre Art sein Denken, und fördert damit unweigerlich seine Schuldgefühle und Skrupel.
    Im April 1959 verloben sich Bogdan und seine Freundin, kurz darauf wird er nach Moskau beordert, um weitere Instruktionen in Empfang zu nehmen. Sein Vorgesetzter eröffnet ihm einen »von höchster Stelle« getroffenen Beschluss, er habe nunmehr den Ukrainer Stepan Bandera auf dieselbe Weise zu beseitigen wie Rebet. Am Ende dieser Besprechung lässt der KGB-Offizier Sekt kommen und stößt mit ihm auf eine erfolgreiche Durchführung der Operation an, schenkt ihm sogar noch eine Tribünenkarte für die Mai-Parade auf dem Roten Platz.
    Der Bundesgerichtshof wird später zu dem Ergebnis kommen, Staschinski habe sich damals seinem Schicksal ergeben: »Er hielt es für zwecklos, weil er es als KGB-Mann für ganz selbstverständlich ansah, dass die ›höchste Stelle‹ein Gremium zumindest auf Regierungsebene sein müsse, dessen Befehl auch bei schwersten Gewissensbedenken widerspruchslos auszuführen sei.«
    Am 14. Oktober 1959 fliegt der sowjetische Berufsmörder erneut nach München, um seinen Auftrag zu erledigen. Er schluckt seine Schutztabletten und beginnt mit der Observation des Opfers. Staschinski hat klare Anweisung, die Zielperson im Laufe des nächsten Vormittags zur Strecke zu bringen. Am 15. sieht er den Exil-Ukrainer um 12 Uhr mit einer Frau aus

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