Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Direktor Allen W. Dulles einen Plan sanktioniert, den irakischen General Abdul Karim Kassem zu ermorden, der ebenfalls mit der kommunistischen Ideologiesympathisierte. Auf Gottliebs Vorschlag hin ließ die CIA dem Iraker auf geeigneten Kanälen ein Taschentuch mit Monogramm zustellen, das wahrscheinlich mit Bruzellose-Bakterien verseucht war, allerdings wusste hinterher niemand, ob das Objekt auch sein Ziel erreicht hatte; der General lebte jedenfalls noch, wurde jedoch kurze Zeit später auf offener Straße erschossen, was der Frage, ob der Giftanschlag erfolgreich gewesen war oder nicht, akademischen Charakter verlieh. Und dann ging Gottlieb auch noch auf die Sache mit Patrice Lumumba ein, dem frei gewählten kongolesischen Premierminister.
1960 war ein entscheidendes Jahr für den afrikanischen Kontinent: Mehr als ein Dutzend Länder erlangten die Unabhängigkeit von ihren Kolonialmächten. Und überall standen sowjetische Militärberater parat, um das politische Vakuum sofort auszunutzen. In Washington fürchtete die Eisenhower-Administration vor allem, dass der an Kupfer und Diamanten reiche Kongo in die Hände des kommunistischen Ostblocks fallen könnte. Rohstoffquellen spielten bei den Amerikanern seit jeher eine große Rolle, wenn es um die vermeintlichen Interessen der »freien Welt« ging, eine viel größere als der Export der Demokratie und ihrer Ideale.
Nach der Unabhängigkeitserklärung des Kongo, mit der das Ende der brutalen Kolonialherrschaft Belgiens besiegelt werden sollte, landeten belgische Fallschirmjäger in der Hauptstadt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Lumumba akzeptierte daraufhin das Angebot aus Moskau, Flugzeuge, Lastwagen und Fachleute zu entsenden. Die Sowjetunion sah es als eine willkommene Gelegenheit, einen Fuß in die Tür zu bekommen, CIA-Direktor Dulles dagegen als untrügliches Alarmzeichen, dass es Handlungsbedarf gab. Er schickte seinen Brüsseler Statthalter Lawrence R. Devlin nach Léopoldville.
Am 18. August 1960 kabelte Devlin eine verschlüsselte Nachricht an sein Hauptquartier in Langley/Virginia, Lumumba sei zwar sehr populär, aber auch ein verkappter Kommunist: »Botschaft und Station glauben, dass der Kongo klassischen kommunistischen Versuch erlebt, die Macht zu übernehmen … entscheidende Phase nicht weit entfernt. Unabhängig davon, ob Lumumba tatsächlich Commie ist oder sich nur als Commie gibt, um seinen Einfluss zu sichern, der Einfluss anti-westlicher Kräfte steigt fortwährend, und es verbleibt wahrscheinlich nur wenig Zeit, ein zweites Kuba zu verhindern …«
Allen W. Dulles sah sich in seinen schlimmsten Befürchtungen bestätigt und trug seine Einschätzung noch am selben Tag im Nationalen Sicherheitsrat vor. Nach Ende seiner Ausführungen im Weißen Haus habe sich Präsident Eisenhower an seinen Geheimdienstchef gewandt und kategorisch erklärt, Lumumba müsse beseitigt werden. Dann habe für ungefähr 15 Sekunden Totenstille geherrscht, räumte der Protokollant des Sicherheitsrats später in einer geheimen Zeugenaussage ein. Acht Tage später kabelte Dulles an Devlin zurück: »Auf höchster Ebene klare Entscheidung, wenn (Lumumba) weitermachen kann, wird er einer kommunistischen Machtübernahme den Weg bereiten … mit schrecklichen Folgen für die Interessen der freien Welt. Wir schließen daraus, dass seine Beseitigung ein vorrangiges Ziel unser verdeckten Operationen sein muss …«
Ende August 1960 trat der Plan, Lumumba gewaltsam zu beseitigen, in seine konkrete Phase. Sidney Gottlieb bekam den Auftrag, sein Arsenal an Giften und Keimen zu durchforsten und einen sinnvollen Vorschlag zu machen. Welche Krankheit könnte den afrikanischen Politiker ereilen, ohne dass sofort ein Verdacht auf die Amerikaner fiele? Tuberkulose? Anthrax? Hasenpest? Gottliebs Wahl fiel auf das Botulinumtoxin, der konzentrierte und deshalb innerhalb von Stunden tödliche Wirkstoff der Fleischvergiftung.
Gottlieb schlug deshalb seinen Vorgesetzten vor, das Toxin mit einer feinen Nadel in Lumumbas Zahnpasta zu injizieren oder ersatzweise unter sein Essen zu mischen. Dem Church-Komitee erzählte er ausführlich, wie er die Vorbereitungen traf. Er packte Phiolen mit dem Gift, Gummihandschuhe, Spritzen und eine Atemmaske in seinen Koffer, außerdem eine Chlorlösung, mit der das Toxin nötigenfalls unwirksam gemacht werden konnte. Danach traf er seine Reisevorbereitungen mit einem Zwischenstopp in Paris.
»Er wird um den 27. September eintreffen und sich als
Weitere Kostenlose Bücher