Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
im Kabinett, dann erhielt Harkabi grünes Licht. Die Wahl fiel auf Colonel Mustafa Hafez, Chef des ägyptischen Nachrichtendienstes in Gaza, und auf Colonel Salah Mustafa, den ägyptischen Militärattaché an der Botschaft im jordanischen Amman. Die Anschläge waren ein riskantes Unterfangen, denn der Geheimdienst musste gewissermaßen über Bande spielen.
Wie Adenauer sollte auch Hafez mit einer in einem Buch versteckten Bombe getötet werden. Das Päckchen für den Colonel war allerdings an den Polizeiinspektor in Gaza gerichtet und sollte ihm von einem Mittelsmann übergeben werden, dem gesagt worden war, es seien darin geheime Codes aufgelistet. Die Israelis gingen davon aus, dass der Bote das Buch deshalb nicht beim Polizeichef, sondern stattdessen bei Hafez persönlich abliefern werde. Der Plan ging auf: Am 11. Juli 1956 explodierte die Bombe in den Händen des ägyptischen Geheimdienstmannes, der tödliche Verletzungen erlitt; der Bote, der in der Nähe stand, verlor sein Augenlicht. Tags darauf erhielt Colonel Mustafa in Amman eine baugleiche Paketbombe, angeblicher Absender: das Hauptquartier der UN-Beobachter im Lande. Auch derMilitärattaché starb innerhalb weniger Stunden an den Folgen der Druckwelle.
Am 29. Oktober 1956 marschierte die israelische Armee in den Sinai ein. Die Verstaatlichung des Suezkanals durch den ägyptischen Alleinherrscher Gamal Abdel Nasser und die Blockade des israelischen Hafens Eilat komme einer Kriegserklärung gleich, erklärte die Regierung in Jerusalem, die Militäroperation sei deshalb gerechtfertigt. Auch Frankreich und Großbritannien waren über Nassers Verstaatlichung erzürnt und beteiligten sich an der Aktion. Nach sieben Tagen stand die Sinai-Halbinsel vollständig unter israelischer Kontrolle. Doch die erhoffte Destabilisierung des Regimes in Kairo blieb aus. Nasser saß fest im Sattel und blieb damit auch weiterhin Israels gefährlichster Feind. In den Wochen zwischen der Besetzung des Sinai und dem Rückzug der Streitkräfte im Januar 1957 ließ der Mossad-Memune Harel deshalb mehrfach Pläne für eine Ermordung Nassers ausarbeiten. Eine der Ideen: Ein Mossad-Agent könnte das komplette Bürogebäude der Suez Canal Authority mit einem mächtigen Sprengsatz in die Luft jagen, wenn Nasser dort nach dem israelischen Abzug, wie erwartet, eine flammende Rede an das ägyptische Volk halten würde. Doch Ben-Gurion weigerte sich, seine Zustimmung zu geben. Er sah vor allem die Risiken eines politischen Mordes. Erst fünf Jahre später gelang es Harel und seinem Mann fürs Grobe, Yitzhak Shamir, ihren Regierungschef von der Notwendigkeit neuer Hinrichtungen durch den Mossad zu überzeugen. Dabei ging es nicht um Nasser selbst, sondern um deutsche Experten, die am Bau von Hitlers V2 in Peenemünde mitgewirkt hatten und nunmehr den Ägypter mit ebensolcher Raketentechnologie aufrüsteten.
In der Militärfabrik Nr. 333 in Heliopolis im Norden von Kairo hatte Nasser schon Ende der fünfziger Jahre mit dem Aufbau einer Produktion von Mittelstreckenraketen begonnen. Ziel war einerseits, die Abhängigkeit Ägyptens von den bisherigen Rüstungslieferanten Sowjetunion und Großbritannien zu reduzieren, andererseits Israel in Schach zu halten, das bereits über entsprechende Trägersysteme verfügte. Zwei Raketentypen standen auf der Wunschliste: die El-Safir mit einer Reichweite von 280 Kilometern und die zweistufige El-Kahir mit einer Reichweite von 560 Kilometern. Parallel dazu trieb Nasser in den Fabriken Nr. 36 und Nr. 135 in Heluan, eine halbe Autostunde von Kairo entfernt, den Bau eines überschallschnellen Militärjets voran. Für beide Projekte brauchte er Technologie und Knowhow, die er in Deutschland zu finden hoffte, wo, fünfzehn Jahre nach Kriegsende, noch immer geballtes Wissen aus Hitlers Rüstungsschmieden anzutreffen war.
Mit großformatigen Anzeigen in überregionalen deutschen Tageszeitungen begann Ägypten seinerzeit, Spezialisten anzuwerben: »Flugzeugwerk in Nordafrika sucht Fachkräfte jeder Art«, Bewerbung erbeten unter Chiffre. Wer Interesse bekundete, bekam Post aus Zürich, wo ein Landsmann von Nasser residierte, der Diamanten-, Goldund Waffenhändler Prinz Hassan Sayed Kamil. Der ägyptische Adelige hatte zusammen mit dem Kriegsministerium in Kairo zwei Schweizer Tarnfirmen gegründet, über die der Deal mit den deutschen Experten eingefädelt wurde, und später auch, zur Umgehung etwaiger Embargobestimmungen, das Geschäft mit Rüstungstechnik
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