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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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»Made in Germany«.
    Im Jahre 1960 gelang es den Ägyptern, Eugen Sänger anzuwerben, einen prominenten Ingenieur, der während des Zweiten Weltkrieges an der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde an der V2 gearbeitet hatte und inzwischen Professor in Stuttgart und Vorstand des von ihm gegründeten Forschungsinstituts für Physik der Strahlantriebe war. Der Pionier ließ sich mit viel Geld ködern: Anfang 1960 sagte Sänger zu, für Kairo eine »Höhenforschungsrakete« zu entwickeln und einige seiner fähigsten Leute mitzubringen; Honorar: zwei Millionen Mark.
    Es dauerte nicht lange, bis der Mossad von dem Vertrag erfuhr; die israelische Regierung begann damit, über diplomatische Kanäle erheblichen Druck auf Bonn auszuüben. Sänger reagierte verschreckt und kündigte seine Mitarbeit bei den Ägyptern wieder auf, ein Schritt, der ihm womöglich damals das Leben rettete. Sängers Mitarbeiter beharrten jedoch auf ihren lukrativen Kontrakten mit den Ägyptern und siedelten wenigstens zeitweilig nach Kairo über, unter ihnen der ehemalige Geschäftsführer des Sänger-Instituts, Heinz Krug, die Peenemünde-Veteranen Paul Goercke und Wolfgang Pilz sowie Hans Kleinwächter, der Elektronikfachmann aus Lörrach; hinzu kam noch ein halbes Dutzend Nachwuchskräfte. Insgesamt bestand das Team für Heliopolis aus zehn bis zwölf Fachkräften aus Baden-Württemberg und einem merkwürdigen Experten aus Österreich: Prof. Dr. Otto F. Joklik.
    Otto Joklik war ein Mann von imposanter Gestalt – und ebenso imposantem Selbstbewusstsein; sein Name war echt, seine akademischen Titel offenbar nicht; unklar ist, ob er von Mossad-Chef Isser Harel als Agent in die Gruppe der Raketenbauer eingeschleust wurde (wozu ihn der Geheimdienst vermutlich mit einer glaubwürdigeren Legende ausgestattet hätte), oder ob der Memune einem Schwindler auf den Leim gegangen war, der in Kairo sein Glück gesucht –und es dann in Tel Aviv gefunden hatte. Den Ägyptern hatte Joklik 1961 seine Dienste bei der Entwicklung von »Hochenergie-Kobalt-Raketenköpfen« für die El-Safir und die El-Kahir angeboten und dafür radioaktiven Schrott über die Schwester des ägyptischen Projektleiters organisieren lassen. Den deutschen Koryphäen in Heliopolis kam Joklik damals wie ein Spinner vor.
    Aus den Jahren 1957 bis 1960 sind zwar ein paar populärwissenschaftliche Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Strahlentechnik und Radiologie überliefert, die Jokliks Namen tragen und zum Teil sogar in der Deutschen Nationalbibliothek archiviert sind. Dagegen gab es keine Haarlem University in den Niederlanden, an der er 1960 promoviert und dort noch im selben Jahr zum Assistenzprofessor für Radiobiologie ernannt worden sein will. In den siebziger Jahren trat Joklik als Direktor eines Institute of Advanced Technology and Biotechnology in Wien auf, das nur in seiner Phantasie und unter der Adresse seiner Privatwohnung existierte; über diese Anschrift verschob er Jahre später, 1972/73, amerikanische Laser-Technologie, die unter Embargo stand, nach Moskau, was ihm damals viel Ärger einbrachte. Danach sei er für die Industrial Development Organisation der Vereinten Nationen ( UNIDO ) tätig gewesen, schreibt er in seinem Lebenslauf; das wiederum scheint zu stimmen. In den neunziger Jahren bezeichnete er sich als »Erfinder«, besaß ein Patent zur Trinkwasseraufbereitung und bekleidete als »Seine Exzellenz, Prof. Dr. Otto Joklik« das Amt eines »Grand Commander« im erzkatholischen Malteserorden.
    Die Agenten-Groteske um Otto Joklik beginnt im Mai 1962 in Wien. Auch nach Prof. Eugen Sängers frühzeitiger Demission als Leiter des ägyptischen Raketenprojekts übt Jerusalem starken Druck auf Bonn aus. »Die deutsche Regierung kann nicht untätig bleiben, wenn 18 Jahre nach dem Sturz des Hitler-Regimes, das Millionen von Juden vernichtete, wieder einmal Angehörige dieses Volkes für Handlungen verantwortlich sind, die der Zerstörung des Staates Israel dienen«, empört sich die israelische Außenministerin Golda Meir in der Knesset. Aber die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, gegen die wissenschaftlichen Söldner in Ägypten vorzugehen. Die defensive deutsche Haltung erbost ganz besonders Mossad-Chef Isser Harel.
    Eines Tages nimmt Joklik Verbindung mit den Israelis auf, vermutlich kontaktiert er während eines Heimaturlaubs die Botschaft in Wien und bietet seine Spionagedienste an. Über sein Motiv, die Seiten zu wechseln, kann nur spekuliert werden:

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