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Lob der Faulheit

Lob der Faulheit

Titel: Lob der Faulheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Hohensee
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gesorgt, dass das Lernen keinen Spaß macht. Das setzt sich dann im Berufsleben fort. Arbeit ist kein Vergnügen. Wer Spaß hat, arbeitet nicht.
     
    »Wer lacht, hat noch Reserven« ist der bezeichnende Titel eines Buchs über »die schönsten Chef-Weisheiten«. »Nur Druck formt Diamanten« gehört ebenfalls in diese merkwürdige Sammlung. Eine Verlagslektorin erzählte mir, dass ihre Vorgesetzte ihr gleich zu Beginn gesagt habe: »Hören Sie auf zu lachen. Sie sind hier bei der Arbeit!«
     
    Das Leben sei zu ernst, um es spielerisch zu nehmen, meinen die strengen Herren und Damen. So verhindert die Jammertal-Ideologie ein weiteres Mal, dass wir uns unserer Existenz erfreuen. Ohne Spiel wird das Leben schal und öde. Die Augen gehen auf Null. Die Stimme wird ausdruckslos. Die Untoten bevölkern die Welt. Die Frage »Soll das alles gewesen sein?« drängt sich auf. Und: »Gibt es ein Leben vor dem Tod?«

     
    Spiel ist bisher ein Stiefkind wissenschaftlicher Forschung und Lehre. So war es lange Zeit auch mit Untersuchungen über das Glück. Positive Gefühle und Tugenden waren ein Tabu für ernsthafte Wissenschaftler.
     
    Einer der wenigen, die über die Bedeutung des Spiels mehr wissen wollten, ist der amerikanische Arzt Stuart Brown. Über Jahrzehnte hinweg hat er die verschiedenen Aspekte des Spielens studiert. In seinem lesenswerten Buch »Play: How it shapes the brain, opens the imagination, and invigorates the soul« hat er seine Erkenntnisse zusammengefasst.

     
    Brown nennt wesentliche Eigenschaften des Spiels: Es geschieht freiwillig, um seiner selbst willen. Es ist anziehend. Man möchte es immer wieder tun und am liebsten gar nicht aufhören. Es bereitet anhaltende Lust. Man vergisst sich selbst dabei. Es ist nicht planbar. Daher muss man ständig improvisieren. Spiele sind spannend und überraschend. Man ist neugierig und vergnügt.
     
    Wer spielt, ist anpassungsfähiger und damit überlebensfähiger. Das hat sich bei der Beobachtung von Wildtieren gezeigt. Die Bedeutung des Spiels ist bei Tieren besser erforscht als bei Menschen. Diejenigen Bären, die am meisten spielten, überlebten am besten.
     
    Anders als Schimpansen, die ihr kindliches Aussehen verlieren, behalten Menschen zeitlebens eine gewisse Jugendlichkeit, Unreife und Verspieltheit. Im Evolutionsprozess haben sich diese Faktoren als vorteilhaft erwiesen. Viele Tiere sind kräftiger,
schneller und robuster als Menschen, aber keines kann es mit unserer Kreativität aufnehmen. Nur unsere Erfindungen machen uns so überlegen.
     
    Spielen fördert die Entwicklung des Gehirns und die Anpassungsfähigkeit an die Umwelt. Es scheint sogar den Alterungsprozess aufzuhalten. Sobald man aufhört zu spielen, entwickelt man sich nicht mehr. Der Verfall setzt ein. Womöglich ist nur das Spiel ein wirksames Gegenmittel gegen den geistigen Abbau. Vermutlich wirken deshalb ernste Menschen oft auch etwas dumpf. Ihr Einfallsreichtum ist deutlich eingeschränkt.
     
    Können Sie sich Hitler oder Stalin als heiter und verspielt vorstellen? Der Schriftsteller Henry Miller schrieb seinerzeit: »Irgendjemand muss Hitler zum Lachen bringen. Sonst passiert ein Unglück.«
     
    In der hinduistischen Tradition ist die Schöpfung selbst ein großes, göttliches Spiel. »Lila«, wie es genannt wird, zeigt sich überall. Spiel ist ein Bestandteil des evolutionären Entwicklungsprozesses. Die vorhin genannten Elemente des Spiels wie Improvisation, Lust, Spannung und Überraschung sind der Natur immanent. Wie sehr unterscheidet sich diese Vorstellung – die Welt als kreatives Spiel des Göttlichen – doch von der christlichen Jammertal-Ideologie, die auf Erden nichts verheißt als Mühe und harte, freudlose Arbeit!
     
    Stuart Brown schildert in seinem Buch auch eine bemerkenswerte Begegnung zwischen einem Schlittenhund und einem Eisbären, die der kanadische Hundeschlittenführer Brian La Doone beobachtet und eindrucksvoll fotografiert hat. Diejenigen, für die das Leben nichts als ein Überlebenskampf ist, werden
sie nicht gerne hören. Für alle anderen ist die Geschichte jedoch eine schöne Bestätigung der These, dass die Großen nicht zwangsläufig die Kleineren fressen.
     
    Es war November, das Meer noch nicht zugefroren und die Eisbären sehr, sehr hungrig. Da tauchte am Rande des Schneefelds ein Verwandter von »Knud« (legendärer Eisbär des Berliner Zoos) auf. Er lief auf den Schlittenhund »Hudson« zu, der erstaunlicherweise weder bellte noch

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