Lob der Stiefmutter
wird in kurzer Zeit ins Kloster der Dominikaner eintreten. Er ist ein frommer junger Mensch, der schon in seiner zartesten Kindheit den Ruf Gottes vernahm und den nichts und niemand von der Priesterschaft abbringen wird. Obwohl diese Sitzungen in der Abenddämmerung, wie er mir einmal gestand, ihm kalten Schweiß auf die Haut treiben und Dämonen mit weiblichen Brüsten und Hinterbacken durch seine Träume geistern lassen, haben sie seine religiöse Berufung nicht geschwächt. Im Gegenteil: sie haben ihn von der Notwendigkeit überzeugt, auf das Gepränge und das Fleisch dieser Welt zu verzichten, um seine Seele zu retten und anderen zu helfen, die ihre zu retten. Vielleicht schaut er nur deshalb mit solcher Hartnäckigkeit auf den krausen Garten seiner Gebieterin, um sich selbst auf die Probe zu stellen und Gott zu beweisen, daß er imstande ist, auch der teuflischsten aller Versuchungen zu widerstehen: dem unvergänglichen Körper unserer Herrin.
Weder sie noch ich haben diese Gewissensprobleme und moralischen Bedenken. Ich nicht, weil ich ein kleiner heidnischer Gott bin, der noch dazu gar nicht existiert, sondern nur ein Phantasiegebilde der Menschen ist, und sie nicht, weil sie als gehorsame Gattin sich diesen Vorbereitungen auf die eheliche Nacht ausRespekt vor ihrem Gatten unterzieht, der sie bis in ihre kleinsten Einzelheiten plant. Sie ist eben eine Dame, die sich dem Willen ihres Herrn fügt, wie es der christlichen Ehefrau ansteht. Wenn diesen sinnlichen Agapen also etwas Sündiges anhaftet, dann können sie nur die Seele dessen verfinstern, der sie zu seinem eigenen Ergötzen ersinnt und befiehlt.
Auch die feine, kunstvolle Frisur der Herrin mit ihren Locken, Wellen, koketten Strähnen, ihren Erhebungen und Vertiefungen sowie ihrem Schmuck exotischer Perlen ist ein von Don Rigoberto inszeniertes Schauspiel. Er hat den Friseuren genaue Anweisungen gegeben und läßt jeden Tag, wie ein Heerführer seine Truppe, die Juwelen aus der Aussteuer der Herrin Revue passieren, um diejenigen auszuwählen, die in dieser Nacht in ihren Haaren schimmern, um ihren Hals liegen, an ihren durchsichtigen Ohrläppchen hängen, ihre Finger und Handgelenke umspannen sollen. »Du bist nicht du, sondern ein Gebilde meiner Phantasie«, flüstere er ihr zu, wenn er sie liebe, so sagt sie. »Heute bist du nicht Lukrezia, sondern Venus, und nicht mehr Peruanerin, sondern Italienerin, kein irdisches Wesen, sondern Göttin und Symbol.«
Vielleicht verhält es sich so in den ausgeklügelten Schimären Don Rigobertos. Aber sie ist unverändert wirklich, konkret, lebendig wie eine Rose am Zweig oder ein singendes Vögelchen. Ist sie nicht eine schöne Frau? Ja, wunderschön. Vor allem in diesem Augenblick, da ihre Sinne zu erwachen beginnen, gewecktdurch die kundige Alchimie der langgehaltenen Orgeltöne, die bebenden Blicke des Musikers und die gepfefferten Verdorbenheiten, die ich ihr ins Ohr träufele. Meine linke Hand, dort auf ihrer Brust, spürt, wie ihre Haut sich mehr und mehr spannt und erhitzt. Ihr Blut beginnt zu kochen. Dies ist der Augenblick, da sie ihre ganze Fülle erlangt oder (um es gebildet zu sagen) das, was die Philosophen das Absolute nennen und die Alchimisten Transsubstanz.
Das Wort, das ihren Körper am besten bezeichnet, lautet: schwellend. Angeregt durch meine unzüchtigen Geschichten, wird alles an ihr Rundung und Wölbung, kurvenreiche Erhebung, mattfarbige Weichheit. Das ist die Konsistenz, auf die der Genießer bei seiner Gefährtin in der Stunde der Liebe hoffen sollte: zarte Fülle, die überfließen zu wollen scheint, aber fest bleibt, locker, elastisch wie die reife Frucht und der frisch geknetete Teig, jene zarte Textur, welche die Italiener morbidezza nennen, ein Wort, das selbst dann noch lasziv klingt, wenn man es auf Brot anwendet.
Nun, da sie bereits innerlich entflammt ist und ihr Köpfchen von schlüpfrigen Bildern phosphoresziert, werde ich ihren Rücken hinunterklettern, mich auf der samtweichen Geographie ihres Körpers wälzen, sie mit meinen Flügeln an den geeigneten Stellen kitzeln und wie ein fröhliches kleines Hündchen auf dem lauen Kissen ihres Bauches herumtollen. Meine Bemühungen bringen sie zum Lachen und erhitzenihren Körper, bis er sich in reine Glut verwandelt. Schon höre ich in der Erinnerung ihr Lachen, das gleich erklingen wird, ein Lachen, das die Seufzer der Orgel zum Verstummen bringt und die Lippen des jungen Lehrers mit klarem Speichel befeuchtet. Wenn sie lacht,
Weitere Kostenlose Bücher