Lob der Stiefmutter
werden ihre Brustwarzen hart und steif, als saugte ein unsichtbarer Mund an ihnen, die Muskeln ihres Magens vibrieren unter der glatten, nach Vanille duftenden Haut und lassen den reichen Schatz an Lauheiten und Flüssigkeiten erahnen, der sich in ihrer Tiefe verbirgt. In diesem Augenblick kann meine Stupsnase den Geruch nach ranzigem Käse wahrnehmen, der ihren geheimen Säften entströmt. Der Duft dieses Liebessekrets bringt Don Rigoberto um den Verstand: kniend – sie hat es mir berichtet –, wie ein Betender, nimmt er ihn in sich auf und läßt sich von ihm durchdringen, bis er trunken ist vor Glück. Er sei, so versichert er, ein besseres Aphrodisiakum als all die unreinen, zusammengemischten Elixiere, welche die Hexenmeister und Kupplerinnen dieser Stadt den Liebenden verkaufen. »Solange du so duftest, werde ich dein Sklave sein«, sage er mit der schweren Zunge der Liebestrunkenen zu ihr, sagt sie.
Bald wird die Tür aufgehen, und wir werden das leise Geräusch der Schritte Don Rigobertos auf dem Teppich hören. Bald werden wir ihn an den Rand dieses Lagers treten sehen, um festzustellen, ob wir, ich und der Lehrer, es verstanden haben, die niedere Wirklichkeitdem Höhenflug seiner Phantasie anzunähern. Wenn er das Lachen der Herrin hört, wenn er sie sieht, sie atmet, wird er erkennen, daß etwas dieser Art geschehen ist. Dann wird er eine fast unmerkliche Gebärde der Billigung machen, die für uns das Zeichen zum Aufbruch ist.
Die Orgel wird verstummen; mit einer tiefen Verbeugung tritt der Lehrer ab in den Orangenhof, und ich werde durch das Fenster springen und in die wohlduftende ländliche Nacht davonflattern.
Im Schlafgemach bleiben nur die beiden und die sanften Laute ihres zärtlichen Gefechts.
8.
Das Salz seiner Tränen
Justiniana hatte tellergroße Augen und hörte nicht auf zu gestikulieren. Ihre Hände waren wie Propeller.
»Der junge Herr Alfonso sagt, daß er sich umbringen will! Weil Sie ihn nicht mehr liebhaben, sagt er!« Sie blinzelte erschrocken. »Er schreibt Ihnen einen Abschiedsbrief, Señora.«
»Schon wieder einer dieser Scherze, die … die …?« stotterte Doña Lukrezia, während sie ihr im Spiegel der Frisierkommode einen Blick zuwarf. »Du hast nicht vielleicht einen kleinen Vogel und denkst dir das alles aus?«
Aber das Gesicht des Mädchens sah nicht nach Scherzen aus. Doña Lukrezia, die gerade dabei gewesen war, sich die Augenbrauen zu zupfen, ließ die Pinzette zu Boden fallen und stürzte ohne weitere Fragen die Treppe hinunter, gefolgt von Justiniana. Die Tür des Kinderzimmers war zugesperrt. Die Stiefmutter klopfte an: »Alfonso, Alfonsito.« Es kam keine Antwort, noch hörte man innen irgendeinen Laut.
»Foncho! Fonchito!« beharrte Doña Lukrezia und klopfte erneut. Sie spürte, wie es ihr kalt den Rücken hinunterlief. »Mach auf! Geht’s dir gut? Warum antwortest du nicht? Alfonso!«
Der Schlüssel drehte sich knarrend im Schloß, aber die Tür ging nicht auf. Doña Lukrezia atmete tief durch. Sie hatte wieder festen Boden unter den Füßen, die Welt ordnete sich von neuem, nachdem sie ein rutschiges Chaos gewesen war.
»Laß mich allein mit ihm«, befahl sie Justiniana.
Sie trat ins Zimmer und schloß die Tür hinter sich. Sie bemühte sich, die Empörung zu zügeln, die jetzt in ihr aufstieg, da der Schreck vorbei war.
Der Junge, noch mit dem Hemd und der Hose der Schuluniform bekleidet, saß mit gesenktem Kopf an seinem Arbeitstisch. Er blickte auf und schaute sie an, reglos und traurig, schöner denn je. Obwohl noch immer Helligkeit durch das Fenster drang, hatte er die kleine Lampe eingeschaltet, und in dem goldenen Lichtkreis, der auf das grünliche Löschpapier fiel, erblickte Doña Lukrezia einen halbfertigen Brief mit noch glänzender Tinte und einen offenen Füllfederhalter neben seiner kleinen Hand mit den fleckigen Fingern.
Sie ging mit langsamen Schritten auf ihn zu.
»Was machst du da?« fragte sie leise.
Ihre Stimme und ihre Hände zitterten, ihre Brust hob und senkte sich.
»Einen Brief schreiben«, erwiderte das Kind rasch mit fester Stimme. »An dich.«
»An mich?« fragte sie lächelnd und versuchte, geschmeichelt zu wirken. »Kann ich ihn schon lesen?«
Alfonso legte seine Hand auf das Papier. Er hatte zerzauste Haare und war sehr ernst.
»Noch nicht.« In seinem Blick lag eine erwachsene Entschlossenheit, und seine Stimme klang herausfordernd. »Es ist ein Abschiedsbrief.«
»Ein Abschiedsbrief? Aber gehst du denn weg,
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