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Lob der Stiefmutter

Lob der Stiefmutter

Titel: Lob der Stiefmutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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begannen, obwohl sie erst vor sieben Tagen geköpft worden waren. Die Aufgabe verlangte die Konzentration eines orientalischen Miniaturenmalers,wenn man sie glücklich zu Ende führen und sich nicht schneiden wollte. Bei Don Rigoberto erzeugte sie eine angenehme geistige Abgeklärtheit, beinahe so etwas wie den Zustand der »Leere und Fülle«, der von den Mystikern beschrieben wird.
    Der eiserne Wille, der willkürlichen Launen seines Körpers Herr zu werden und ihn mit Hilfe verschiedener Verfahren der Entfernung, Beschneidung, Ausscheidung, Befeuchtung, Reibung, Scherung, Glättung usw., die er mit der Zeit beherrschen gelernt hatte wie ein Meister sein Handwerk, zu einer Existenz zu zwingen, die gewissen ästhetischen Normen gehorchte und bestimmte, von seinem – und in gewisser Weise Lukrezias – souveränen Geschmack gesetzte Grenzen nicht überschritt, isolierte ihn vom Rest der Menschheit und erzeugte bei ihm jenes wunderbare Gefühl – das im Augenblick der Begegnung mit seiner Frau in der Dunkelheit des Schlafzimmers seinen Höhepunkt erreichen würde –, aus der Zeit herausgetreten zu sein. Es war mehr als ein Gefühl: eine körperliche Gewißheit. All seine Zellen waren in diesem Augenblick befreit – plaff! plaff! machten die silbrigen Blätter der Nagelschere, und plaff! plaff! segelten die abgeschnittenen Härchen langsam, schwerelos durch die Luft, plaff! plaff! von seiner Nase in den Wasserwirbel des Waschbeckens, plaff! plaff! –, im Schwebezustand, frei von der Abnutzung alles Geschehenden, vom Alptraum des Seienden. Darin lag die magische Kraft des Ritus, wie sie die primitivenMenschen in den Anfängen der Geschichte entdeckt hatten: er verwandelte den Menschen einige ewige Augenblicke lang in pures Dasein. Er hatte diese Weisheit allein, auf eigene Rechnung und Gefahr, wiederentdeckt. Er dachte: ›Die Möglichkeit, sich vorübergehend der vulgären Dekadenz, den kollektiven Zwängen der Zivilisation und den abscheulichen Konventionen der Herde zu entziehen und für eine kurze Zeitspanne pro Tag ein allerhöchstes Wesen zu werden.‹ Er dachte: ›Eine Vorwegnahme der Unsterblichkeit.‹ Das schien ihm nicht übertrieben. In diesem Augenblick fühlte er sich – plaff! plaff! plaff! plaff! – unvergänglich; und bald, zwischen den Armen und Beinen seiner Frau, würde er sich wie ein Herrscher fühlen. Er dachte: ›Wie ein Gott.‹
    Das Badezimmer war sein Tempel; das Waschbecken der Opferaltar; er war der Oberpriester und zelebrierte die Messe, die ihn jeden Abend läuterte und vom Leben erlöste. ›Gleich werde ich Lukrezias würdig sein und mich bei ihr befinden‹, sagte er sich. Er betrachtete seine kräftige Nase und sprach warmherzig zu ihr: »Ich sage dir, gleich werden wir beide im Paradies sein, meine kleine Räuberin.« Seine beiden Nasenlöcher weiteten sich begierig im Vorgefühl künftiger Genüsse. Aber statt der ergreifenden intimen Düfte der Hausherrin rochen sie den aseptischen Geruch von Seifenwasser, mit dem sich Don Rigoberto jetzt mittels komplizierter manueller Besprengungen und pferdeartiger Kopfbewegungen das ausgezupfte Innere seiner Nase reinigte.
    Nun, da der heikle Teil des Nasenritus beendet war, konnte sein Geist sich abermals dem Phantasieren hingeben, und er assoziierte plötzlich das nahe Ehebett, auf dem Lukrezia in seiner Erwartung ruhte, mit dem unaussprechlichen Namen des holländischen Historikers und Essayisten Johan Huizinga. Einer seiner Essays hatte ihm aus tiefster Seele gesprochen, und er war überzeugt, daß er für ihn, für sie, für sie beide geschrieben worden war. Während er sich das Naseninnere mit Hilfe eines Tropffläschchens mit klarem Wasser ausspülte, fragte Don Rigoberto sich: ›Ist unser Bett nicht der magische Raum, von dem Homo ludens spricht?‹ Ja, par excellence. Dem Holländer zufolge waren Kultur, Zivilisation, Krieg, Sport, Recht, Religion aus diesem uralten Bereich hervorgegangen, bildeten sie positive oder perverse Verästelungen und Auswüchse der unwiderstehlichen Neigung des Menschen zum Spiel. Eine lustige Theorie, zweifellos; subtil auch, wenngleich sicherlich falsch. Aber der schamhafte Humanist hatte diese geniale Eingebung nicht vertieft und auf die Domäne angewandt, die sie bestätigte, wo fast alles in ihrem Licht Klarheit gewann.
    ›Magischer Raum, weibliches Territorium, Wald der Sinne‹ – er suchte nach Metaphern für das kleine Land, das Lukrezia in diesem Augenblick bewohnte.
    ›Mein Reich ist

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