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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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Schämet euch! Sehet, mit einem einzelnen Blicke hab ichs zu Stande gebracht!
    Warum ich heute in einem so ungewöhnlichen Aufputze erscheine? Sie werden es sogleich vernehmen, meine Herren, wenn es ihnen nicht zu beschwerlich ist, mir ein geneigtes Ohr zu gönnen; aber bei Leibe ja nicht ein solches, das Sie den ehrwürdigen Kanzelrednern zuwenden, sondern ein solches, das Marktschreiern, Possenspielern und Lustigmachern immer offen steht; ein solches, wie ehedem unser Midas dem Pan ein stattliches Paar zuwendete.
    Mich hat die Laune angewandelt, mich Ihnen für eine Weile als Sophistin zu weisen; nicht von der Art jener, die in unsern Zeiten der Schuljugend einige Armseligkeiten ängstlich einbläuen, und dabei lärmend ein mehr als weibisches Gekeif ergellen lassen. Ich werde jene Alten nachahmen, die sich, um dem mir so verhaßten Namen der Weisen klüglich auszuweichen, Sophisten nannten. Sie übernahmen es, das Lob der Götter und der Helden herauszustreichen. Man halte sich also in Bereitschaft, eine Lobrede anzuhören; nicht auf einen Herkules, einen Solon, sondern auf mich, d.i. auf die Narrheit.
    Ich mache mir nicht das geringste daraus, wenn jene Weisen jeden, der sich selbst lobt, für einen Narren und Unverschämten ausschreien. Närrisch so viel sie wollen, wenn sie nur eingestehen, daß es dem Charakter angemessen sei. Und was könnte sich für die Narrheit besser schicken, als ihr Lob selbst auszuposaunen, und nach ihrer eigenen Pfeife zu tanzen? Wer wird mich natürlicher schildern, als ich es selbst tun kann? Wer steht in genauerer Bekanntschaft mit mir, als ich?
    O ja, man wird mir eingestehen, daß ich mich noch bescheidener betrage, als der Haufe der Großen und Weisen, welche bei einer verkehrten Schamhaftigkeit, einen fuchsschwänzerischen Schwätzer, oder einen windichten Dichter mit barem Gelde dingen, um aus seinem Munde ihr eigenes Lob anhören zu können; das ist, eitele Lügen: und dann steht der Schamprahler da, wie der Pfau, der mit dem ausgebreiteten Schweife stolziert, den Kamm hochtragend. Der unverschämte Schmeichler vergleicht den Taugenichts mit den Göttern; er streicht ihn als das vollkommenste Tugendmuster heraus, und weiß doch, daß derselbe himmelweit davon entfernt sei; er verziert eine kleine Krähe mit fremden Federn; wascht einen Mohren; macht aus einer Mücke einen Elefanten. O ich, ich folge dem gemeinen Sprichworte: wenn niemand mich loben will, so lob ich mich selbst.
    Verwundern muß ich mich über das Betragen der Sterblichen. Ists Undankbarkeit? ists Trägheit? Sie machen mir alle den Hof; meine Wohltätigkeit gegen sie erwecket in ihnen vieles Vergnügen: doch ist seit so vielen Jahrhunderten noch niemand aufgetreten, der aus Erkenntlichkeit das Lob der Narrheit feierlich angestimmt hätte; und doch schonte man die Herausstreichung eines Bustiris, eines Phalaris, des viertägigen Fiebers, eines Kahlkopfs, oder was dergleichen tolles Zeug mehr sein mag, weder der Nachtlampe, noch dem Schlafe.
    Eine unausgearbeitete und im Stegreife gehaltene, deswegen aber um so viel natürlichere und die Wahrheit angemessener Rede werden Sie von mir hören. Bilden Sie sich ja nicht ein, ich sage dieses nach der Weise gemeiner Redner, um dadurch meinen Geistesfähigkeiten Bewunderung zu erkünsteln. Diese haben sich etwa bei Verfertigung einer Rede dreißig Jahre hindurch erschwitzt, wenn es ja nicht gar eine zusammengeborgte Ware ist: und doch behaupten sie mit einem tapfern Eidschwure, sie haben sie inner drei Tagen spielend zu Papier gebracht. Meine Sache aber ist es, alles gerade heraus zu sagen, wie es mir auf die Zunge springt.
    Man erwarte nicht, daß ich mich, nach der Weise der Alletagsredner, bei einer kunstmäßigen Beschreibung meiner selbst, oder wohl gar bei einer kopfbrechenden Einteilung meines Gegenstandes, verweilen werde. Beides würde für mich sehr unschicklich sein. Wie! ich sollte mir selbst Schranken setzen, mir, deren Herrschaft sich über die ganze weite Welt erstreckt? Ich sollte da pedantisch trennen und teilen, wo alle Völker in ihrer Berechnung übereinstimmen? Wozu würde es dienen, ein wirkliches Schattenbild von mir hier aufzustellen, da man mich selbst mit Augen sehen kann? Ich mache Sie, meine Herren, zu Augenzeugen: bin ich nicht die echte Austeilerin alles Guten, die man in der ganzen Welt die Narrheit zu nennen gewohnt ist?
    O ja, ich Närrin hätte dieses zu sagen nicht nötig gehabt. Aus meinem Antlitz läßt sichs sehen, auf meiner Stirn

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