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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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lesen, was ich im Schilde führe. Wenn mich jemand für die Minerva ausgeben wollte, für die Göttin der Weisheit, so würde er widerlegt sein, so bald man mir ins Angesicht sähe. In diesem, wenn ich auch den Mund nicht auftue, ist meine Gemütsart nach dem wahren Leben geschildert. Ich bediene mich keiner Schminke; wie ich von innen bin, zeig ich mich von außen; ich bin mir immer so gleich, daß man mich auch an denen nicht verkennen kann, die sich unter der Larve der Weisheit für hochweise Männer ausgeben; Affen, die im Purpurröckchen einher strotzen; Esel, die in einer Löwenhaut umher traben: wenn sie sich auch noch so listig verstellen, so verraten doch die hervorragenden Öhrchen ihren Midas.
    In Wahrheit, das sind undankbare Geschöpfe: sie sind unstreitig unsre Zunftgenossen, und schämen sich doch öffentlich unsern Namen anzunehmen; ja sie schimpfen auf die, welche von sich ein ehrlicheres Bekenntnis ablegen. Da sie wirklich Erznarren sind; und doch für weiser als ein Thales wollen angesehen werden: können wir sie nicht mit allem Rechte Närrisch-Weise nennen? Es scheint, daß sie diesorts unsern heutigen Rednern nacheifern, die sich bald gar für Götter halten, wenn sie die Leute bereden können, daß sie, gleich den Blutsaugern, zweizüngig seien; sie sehen sich für Helden an, wenn sie eine lateinische Rede mit einigen griechischen Wörtern durchspicken, und also eine unschickliche Musikarbeit zu Markte bringen können. Und wenn es ihnen an ausländischen Wörtern fehlt, so scharren sie aus verschimmelten Schriften etliche veraltete Wörter hervor, mit denen sie dem Leser einen Dunst vor die Augen zaubern: dadurch setzen sie sich in die Gunst derer, die sich darauf verstehen; die übrigen werden um so viel tiefer in Verwunderung gesetzt, je unwissender sie sind. Auch dieses macht einen schönen Teil unsrer Wonne aus, daß wir uns durch das, so von weitem kommt, am meisten rühren lassen. Die, welchen es an Ehrfurcht nicht fehlt, lächeln ihren Beifall zu, und bewegen geheimnisvoll, gleich den Esel, die Ohren, damit man denke, sie seien mit der Sache tief bekannt: ja, sprachen sie scharfsinnig: die Sache verhält sich wirklich so, wie sie sich verhält. Ich lenke wieder ein.
    Sie wissen also meinen Namen, Sie, meine Herren! Welchen Ehrentitel soll ich Ihnen beilegen? Das Wort Erznarren wird Ihnen wohl nicht zuwider sein; mit einem schicklichern weiß die Göttin der Narrheit ihre Verehrer, die mit ihren Geheimnissen vertraulich bekannt sind, nicht zu bezeichnen. Weil aber meine Abkunft eben nicht vielen bewußt sein wird, so will ich solches unter dem guten Beistande der Musen zu eröffnen trachten.
    Nicht Chaos, Orkus, Saturn, Jupiter war mein Vater, noch irgend einer der veralteten und ausgedienten hausgrunzerischen Göttergreisen: Plutus hieß er; dieser, und dieser allein (trotz dem Hesiodus, dem Homerus, und dem Jupiter selbst) war der Vater der Menschen und Götter; Plutus, auf dessen Wink auch jetzt noch, wie vor Zeiten, alles, was heilig und unheilig ist, unter einander gemengt wird. Krieg, Friede, Reiche, Ratsversammlungen, Gerichtsplätze, Landtage, Ehen, Bündnisse, Verträge, Gesetze, Künste, das Scherzhafte; das Ernsthafte (o an Atem gebrichts mir!), kurz alle öffentlichen und besonderen Angelegenheiten der Sterblichen, richten sich nach seiner Willkür. Ohne sein Zutun würde das ganze poetische Göttervolk (ich will freier von der Brust weg reden), würden selbst die Götter der ersten Klasse entweder gar nicht sein, oder doch gewiß am häuslichen Tisch ihr Leben sehr sparsam durchbringen müssen. Dem, über den er zürnt, wird selbst Pallas kümmerlich zu helfen wissen. Der, den er begünstigt, wird er mit dem obersten Jupiter, und seinem Donnerkeile, sicher aufnehmen können.
    Eines solchen Vaters hab ich mich zu rühmen. Er erzeugte mich, nicht aus seinem Gehirne, wie Jupiter jene saure und scheußliche Minerva, sondern mit der jugendlichen Neotes, der schönsten und muntersten Nymphe. Er war mit ihr nicht im traurigen Bande des Ehestandes verstricket; ich ward nicht wie jener Vulkan, der hinkende Schmidt, geboren; ich bin eine Tocher der freien und freudigen Liebe.
    Mein Vater war nicht (irren Sie sich nicht, meine Herren!) jener aristophanische Plutus, der abgelebte, halbblinde; nein munter war er noch, in der Blüte der jugendlichen Hitze; ja, nicht nur der jugendlichen, sondern auch der durch den Nektar entzündeten, den er damals an einem Freudenfeste der Götter

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