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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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reichlich geschlürft hatte.
    Wollen Sie auch meinen Geburtsort wissen? O ja, heut zu Tage kommt es in Absicht auf den Adel vieles darauf an, wo man in der Wiege zuerst geschrien habe. Ich ward nicht in der schwimmenden Insel Delos geboren; nicht in dem wogenreichen Meere; nicht in einer verborgenen Höhle; sondern in jenern beglückten schlaraffischen Inseln, wo alles ungesäet und unbepflügt hervor sprudelt; da weiß man nichts von Arbeiten, vom Alter, von Krankheiten. Goldwurzeln, Pappeln, Zwiebeln, Feigbohnen, Erbsen, oder andre dergleichen Ärmlichkeiten, verstellen da die Felder nicht; dem Auge und Geruche schimmern, und duften von allen Seiten her Amarauten, Rosen, Majoran, Violen, Hyazinthen entgegen; man glaubt, in dem Garten des Adonis zu sein.
    In einer solchen wonnevollen Gegend geboren, fing ich das Leben nicht mit Weinen an; schmeichelnd lächelte ich, kleine Närrin, meiner Mutter sogleich ins Angesicht. Den saturnischen Jupiter beneide ich nicht, daß er eine Ziege zur Amme hatte. Zwo drollichte Nymphen reichten mir ihre Brüste dar: die taumelnde Methe, Tochter des Bacchus; und die sorglose Apädia, Tocher des Pans. Beide befinden sich hier in der Gesellschaft meiner Gefährten und Aufwärterinnen. Ich soll sie bei ihren Namen nennen? Gut, hier sind sie! Diese, die ihre Stirn hoch trägt, ist die sich selbst liebende Philautia. Diese mit ihren zulächelnden Augen, beifallklatschenden Händen, ist die schmeichelnde Kolakia. Diese halbschlafende, die man bereits träumend glauben sollte, ist die vergeßliche Lethe. Diese, die sich auf ihre Ellenbogen steuert, und die Hände gefaltet hält, ist die arbeitscheuende Misoponia. Diese mit Rosenkränzen umschlungen, Wohlgerüche duftend, ist die wollüstige Edone. Diese mit ihren unstet umherschweifenden Augen, ist die wahnsinnige Anoia. Diese mit der glatten Haut, deren ganzer Körper sich sowohl genährt zeigt, ist die verzärtelte Tryphe. Unter diesen Mädchen sind auch zwei Götter zu sehen. Der Eine ist der sich bei jugendlichen Trinkgelagen munter hervortuende Komus; der Andere der sich dann in den tiefsten Schlaf versterbende Nagretos-Hypnos. Mit dem Beistande dieser meiner getreuen Bedienten unterwerf ich alles meiner Herrschaft, und Monarchen selbst erteil ich meine Befehle.
    Ich habe nun von meiner Abkunft, meiner Auferziehung und meinem Gefolge Nachricht gegeben. Damit niemand meine, ich bediene mich ohne Grund des Titels einer Göttin, will ich zeigen, wie viel Gutes ich an Göttern und Menschen tue, und wie weit sich meine göttliche Macht erstrecke. Man öffne die Ohren!
    Jemand hat die nicht unschickliche Anmerkung gemacht: um ein Gott zu sein, müsse man den Menschen Wohltaten erweisen. Man hat der Zunft der Götter mit Recht jene einverleibt, welche die Menschen über den Gebrauch des Weines, des Getreides, und andre Lebensbedürfnisse von dieser Art, unterrichtet haben. Wo hätte man das Recht her, mich nicht für das Alpha aller Götter zu halten, mich, welcher einzig jedermann alles und jedes zu verdanken hat?
    Zuerst, was kann angenehmer, was köstlicher sein, als das Leben an sich selbst? Und von wem anders, als von mir, hat man den Anfang desselben erhalten? Nicht die Lanze der aus dem stärksten der Väter gebornen Pallas, nicht der Schild des wolkensammelnden Jupiters, hat einen Einfluß in die Zeugung und Fortpflanzung des Menschengeschlechtes. Noch mehr; selbst der Vater der Götter, der König der Menschen, dessen Wink den ganzen Olympus zittern macht, muß seinen dreigespitzten Donnerkeil weglegen, samt seiner titanischen Mine, mit welcher er, nach seinem Belieben, allen Göttern einen Schrecken einjagt; nach der armseligen Weise des Schauspielers muß er einen andern Charakter annehmen, wenn er das tun will, das er zuweilen tut; das ist, wenn er zum Vater eines kleinen Jupiters werden will.
    Auf die nächste Stelle nach den Göttern machen die Stoiker Anspruch. Gebt mir einen solchen! Und wenn er auch tausendmal ein Stoiker ist, so muß er mir, wo nicht den Bart, dieses Merkmal der Weisheit, wenn er ihn auch gleich so groß als der Bock hat, doch gewiß seine Gravität, weglegen; seine Stirn muß sich entfalten; er muß sich seiner demantfesten Grundsätze entschlagen; er muß ein wenig faseln und den Narren spielen; kurz, mich, mich, sag ich, muß der weise Mann zu Hilfe rufen, wenn er zum Vater werden will.
    Warum soll ich nicht nach meiner Weise, offenherzig schwatzen? Man sage mir: ists das Haupt, das Antlitz, die Brust,

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