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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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Gutdünken: auf welche Weise die Welt erschaffen und eingerichtet worden; durch welche Kanäle sich jene Sündenseuche in die Nachkommenschaft ergossen habe; wie, in welchem Maße, in welchem Zeitpunkte, Christus in dem Leibe der Jungfrau vollendet worden; wie sich im Abendmahle Accidentien ohne Behausung beherbergt befinden. Doch dieses sind nur gemeine und ausgenützte Dinge. Es gibt andere, die verdienen von großen und hocherleuchteten Theologen fein behandelt zu werden; wenn diese vorkommen, dann wacht man erst recht auf; zum Exempel: hat Gott einen Zeitpunkt nötig, wenn er etwas hervorbringt? gibts in Christo verschiedene Sohnschaften? läßt sichs sagen, Gott der Vater haßt den Sohn? hätte Gott sich mit einem Weibe vereinen können, mit dem Satan, mit einem Esel, mit einer Pflanze, mit einem Steine? wie hätte in einem solchen Falle die Pflanze predigen, Wunder tun, ans Kreuz geheftet werden können? was würde Petrus eingesegnet haben, wenn er zu eben der Zeit eingesegnet hätte, in welcher Christi Leib am Kreuze hing? hätte man alsdann Christum einen Menschen nennen können? wird es nach der Auferstehung erlaubt sein zu essen und zu trinken? O diesen Herren liegt vieles daran, sich zum voraus und in Ewigkeit hinein vor Hunger und Durste zu bewahren! Solcher fein gesponner Possen gibt es eine unzahlbare Menge. Es fehlt ihnen an noch weit feinern nicht: von Zeitpunkten bei göttlichen Zeugungen; von Notionen, Relationen, Formalitäten, Quidditäten, Ecceidäten; Dingen, die selbst der Argonaute Lynceus, der durch eine Mauer hindurch sehen konnte, nie würde entdeckt haben; denn hier muß man, durch die dickste Finsternis hindurch, das sehen, das nirgends ist. Hierher gehören auch ihre Moralsätze, die so seltsam sind, daß die paradoxesten Behauptungen der Stoiker, in Vergleichung mit denselben, eine gemeine und Alletagsware scheinen würde; zum Exempel es sei ein kleines Verbrechen, tausend Menschen tot schlagen, als auch nur einmal einem Armen am Sonntage den Schuh flicken; man solle ebender die ganze Welt mit aller ihrer Zubehörde zu Grunde gehen lassen, als nur die allerkleinste und nichtsbedeutendste Unwahrheit sagen.
    Diese so feinen Feinigkeiten werden durch eine Menge von scholastischen Ränken noch mehr befeinert; so daß man sich ehender aus allen Labyrinthen heraus finden könnte, als aus dem Gewirre der Realisten, Nominalisten, Thomisten, Albertisten, Occamisten, Scotisten, wer möchte sie alle nennen? dieses sind nur die vornehmsten: Hier ist alles so voll von Gelehrtheit, von Schwürigkeit, daß ich wirklich glaube, die Apostel müßten mit einem ganz andern Geiste versehen sein, als dem, der sie ehedem belebte, wenn sie gezwungen wären, über diese Dinge mit diesem neuen Geschlechte von Theologen handgemein zu werden. Dem Paulus hat es an Glauben nicht gefehlt, wenn er aber sagt: »der Glaube sei eine Zuversicht dessen, daß man hofft, und nicht zweifelt an dem, das man nicht sieht,« so hat er ihn nicht magistraliter definiert. Er erwies sich auf eine vortreffliche Weise liebreich, aber bei seiner Beschreibung und Einteilung der Liebe, in dem dreizehnten Kapitel seines ersten Briefs an die Korinther, verrät er wenig Logik. Die Apostel bezeigten sich bei Einsegnung des Abendmahls andächtig und fromm; wenn man sie aber gefragt hätte, was sich bei dem Anfang und Fortgange des Erfolgs der Einsegnung ereigne; wie es mit der Transsubstantiation beschaffen sei; wie der nämliche Körper an verschiedenen Orten sein könne; mit welchem Unterschiede der Leib Christi im Himmel, am Kreuze, im Abendmahle gewesen sei; in welchem Zeitpunkte die Transsubstantiation vorgehe, da die Einsegnung durch Silben und Worte geschieht, die sich nur nach und nach aussprechen lassen: o so würden sie wohl nicht so scharfsinnig geantwortet haben, wie die Scotisten es heut zu Tage tun.
    Die Apostel kannten die Mutter Jesu, aber welcher von ihnen hat es so philosophisch demonstriert, wie sie vor Adams Fehler bewahrt worden, als unsre Theologen es tun? Petrus empfing die Schlüssel, und empfing sie von dem, der sie keinem Unwürdigen anvertrauen würde: und doch weiß ich nicht, ob er es verstanden hat (gewiß äußert er nirgends eine solche Spitzfindigkeit) wie auch der, indem sich keine Erkenntnis befindet, den Schlüssel der Erkenntnis habe. Sie tauften allerorten, und lehrten doch nirgends, welches die förmliche, materielle, wirksame, und endzweckliche Ursache der Taufe sei; auch tun sie keine Meldung von einem

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