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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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das, dabei man wie ein Pferd arbeiten muß, das muß ja etwas Vortreffliches sein!
    Bemerken wir jetzt die Logiker und Sophisten, Leute, die geschwätziger sind, als die Dondongischen Kessel. Man wähle unter den plauderhaftesten Weibern zwanzig aus; jeder unsrer Helden wird es mit ihnen allen aufnehmen. Doch würden sie noch glücklicher sein, wenn sie weiter nichts als eine geläufige Zunge hätten; leider haben sie zu viel Galle, und sie erkämpfen sich um den Schatten mit einer solchen Heftigkeit, daß mehrenteils über dem Gekeife die Wahrheit verloren geht. Doch macht die Eigenliebe auch sie glücklich; mit ein paar Syllogismen versehen, finden sie keinen Anstand, über jede Sache mit jedermann handgemein zu werden. Eigensinn macht sie unüberwindlich, wenn sie auch gleich einen Stentor zum Gegner haben.
    Auf diese kommen die durch Bart und Mantel ehrwürdig-gemachte Philosophen, die sich für die einzigen Weisen ausgeben, da alle übrigen Sterblichen bloß ein Schatten der Menschheit sind, ein Auskehricht der Schöpfung. Allerliebst schwärmen sie, wenn sie unzählbare Welten bauen; das Maß der Sonne, des Mondes, der Sternen, der Weltkreise, bis auf die Breite eines Haares angeben; die Ursachen der Blitze, Winde, Finsternisse, und aller unerklärbarer Dinge, bestimmen; nirgends so wenig einen Anstand findend, als ob sie die Geheimräte der Natur, der Baumeisterin der Dinge, gewesen, und gerad aus dem Rate der Götter zu uns herabgekommen wären. Inzwischen helfen sie der Natur, mit ihren Mutmaßungen, zu einem recht herzlichen Lachen. Daß sie nichts verstehen, ist schon dieses ein zureichender Beweis: über jedes Ding geraten sie sich so in die Haare, daß sie nicht aus einander zu reißen sind.
    Ob sie gleich nichts wissen, geben sie sich doch für allwissend aus. Ihnen selbst sind sie fremd. Sie sehen die Grube nicht, den Stein nicht, darauf sie gerade zugehen; entweder weil sie blödsichtig sind, oder weil sie ihren Geist an das Umherschweifen gewöhnt haben; und doch prahlen sie, daß sie Ideen, Universalien, getrennte Formen, die ersten Stoffe, Quidditäten, Ecceitäten, sehen, das alles so überfeine Dinge sind, daß ich wohl sagen darf: auch Luchsenaugen seien zu stumpf dazu. Nie aber verachten sie den unheiligen Pöbel mehr, als wenn sie mit Dreiangeln, Vierecken, Zirkeln und dergleichen mathematischen Figuren, die in einander verschlungen, verlabyrinthisiert, und mit wie in verschiedene Schlachtordnungen gestellten Buchstaben durchspickt sind, den Ungelehrten einen blauen Dunst vor die Augen machen. Und in diese Klasse gehören auch die, welche, um künftige Dinge vorher zu sagen, die Gestirne zu Rate ziehen, und mehr als magische Wunder versprechen; auch so glücklich sind, Menschen zu finden, die ihnen dummen Glauben zustellen.
    Vielleicht würd ich am besten tun, wenn ich bei den Theologen stillschweigend vorüber ginge, und diese Seite ganz und gar nicht berührte. Diese Art von Menschen trägt den Kopf gewaltig hoch und ist ungemein reizbar; ich laufe Gefahr, daß sie mit tausenderlei Folgerungen auf mich losstürmen; und mir bleibt dann anders nichts übrig, als zu palinodisieren, wenn ich nicht für eine Erzketzerin will ausgeschrien werden. Wenn sie jemanden auch nur ein wenig ungünstig sind, so sind sie gleich bereit, ihm mit einem Bannstrahle einen Schrecken einzujagen. Freilich sind sie unter allen Menschen die, welchen es am widerlichsten vorkommt, mich für ihre Wohltäterin zu erkennen; und doch sind sie auch, aus verschiedenen nicht unwichtigen Ursachen, in meiner Schuld: die Eigenliebe, die sich in meinen Diensten befindet, versetzt sie wie in den dritten Himmel, wo sie alle übrigen Sterblichen, als so viele auf der Erden kriechende Tiere, von ihrer Höhe herab verachten, und beinahe bemitleiden. Mit einem Ungeheuern Heer von magisterialischen Definitionen, Conclusionen, Corollarien, expliciten und impliciten Propositionen, sind sie rund umschanzt; so viele Ausflüchte stehen ihnen bereit, daß es auch einem Vulkan unmöglich sein würde, sie zu verstricken; immer bahnt eine Distinction ihnen den Ausweg; auch ist dieses das beste Mittel, jeden Knoten zu durchschneiden; schärfer und hurtiger als jene Art, mit welcher der Richter in Teredos dem, der den Prozeß verloren hatte, den Kopf zu zerspalten pflegte; und zu diesem Ende haben sie sich mit neuausgedachten Wörtern reichlich versehen; Redensarten, die Schauer einjagen.
    Verborgene Geheimnisse erklären sie nach ihrem

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