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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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schiefging. Im gleichen Bericht steht, daß der Itu-Wan-Test von unseren Satelliten beobachtet wurde und sofort durch einen Warnschuß mit einer Weltraum-Erde-Rakete beantwortet wurde, die südöstlich von Neuseeland aufschlug. Aber da Sie es gerade vorschlugen: War die Itu-Wan-Katastrophe denn nun ebenfalls ein Ergebnis eines Atomwaffen-Tests unsererseits?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER (mit erzwungener Geduld): Ich habe volles Verständnis für den journalistischen Wunsch nach Objektivität. Aber zu unterstellen, daß die Regierung Seiner Herrlichkeit bewußt Verträge verletzen würde, die…
    WEIBLICHER REPORTER: Seine Herrlichkeit ist ein elfjähriger Junge, und diese Regierung seine Regierung zu nennen, ist nicht nur altmodisch, sondern auch ein höchst gemeiner – um nicht zu sagen billiger – Versuch, die Verantwortung für ein klares, eindeutiges Dementi von Ihrem Ministerium abzuwälzen…
    MODERATOR: Madam! Bitte mäßigen Sie Ihren Ton…
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Lassen Sie nur! Lassen Sie! Madam, ich gebe Ihnen hiermit mein eindeutiges Dementi, wenn Sie diese absurden Beschuldigungen ernst nehmen. Die sogenannte Itu-Wan-Katastrophe war nicht das Ergebnis eines Atomwaffen-Tests unserer Seite, noch habe ich Kenntnis von irgendwelchen anderen Kernzündungen in der letzten Zeit.
    WEIBLICHER REPORTER: Ich danke Ihnen.
    MODERATOR: Ich glaube, der Chefredakteur vom Texarkana Star-Insight wollte etwas sagen.
    CHEFREDAKTEUR: Danke! Ich möchte Eure Lordschaft fragen: Was ist denn nun wirklich in Itu Wan passiert?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Wir haben keine Staatsangehörige in diesem Gebiet; wir haben keine Beobachter mehr dort stationiert seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen während der letzten Weltkrise. Ich kann mich also nur auf indirekte Beweise berufen und auf die ein wenig widersprüchlichen Nachrichten aus den neutralistischen Ländern.
    CHEFREDAKTEUR: Das ist verständlich.
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Schön, also ich nehme an, es gab eine unterirdische Kernexplosion – im Megatonnenbereich –, und sie geriet außer Kontrolle. Ob es ein Atomgeschoß war oder – wie einige der »neutralen« Randstaaten Asiens behaupten – ein Versuch, einen unterirdischen Fluß umzuleiten – es war schlichtweg illegal, und die angrenzenden Staaten bereiten eine Protestnote beim Weltgerichtshof vor.
    CHEFREDAKTEUR: Besteht Kriegsgefahr?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Ich sehe keine. Aber wie Sie wissen, bestimmte Truppen unserer Armee können vom Weltgerichtshof einberufen werden, um im Ernstfall die Entscheidungen des Gerichts durchzusetzen. Ich sehe keinen solchen Ernstfall, aber ich kann natürlich nicht für den Weltgerichtshof sprechen.
    ERSTER REPORTER: Aber die Asiatische Koalition hat mit einem sofortigen Gesamtschlag gegen alle unsere Weltrauminstallationen gedroht, wenn der Gerichtshof keine Aktionen gegen uns unternimmt. Was geschieht, wenn das Gericht seine Entscheidung verzögert?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Es ist kein Ultimatum überreicht worden. Die Drohung ist für den Hausgebrauch in den Ländern der Asiatischen Koalition, so wenigstens sehe ich es, um ihren Reinfall in Itu Wan zu kaschieren.
    WEIBLICHER REPORTER: Und wie ist Ihr unerschütterlicher Glaube an die Mutterschaft heute, Lord Ragelle?
    VERTEIDIGUNGSMINISTER: Ich hoffe, die Mutterschaft hat soviel unerschütterlichen Glauben an mich wie ich an die Mutterschaft.
    WEIBLICHER REPORTER: O ich bin sicher, Sie verdienen wenigstens soviel.
     
     
    Die Pressekonferenz, die über den Relais-Satelliten zweiundzwanzigtausend Meilen über der Erde ausgestrahlt wurde, badete einen Großteil der westlichen Hemisphäre in das Flimmern der Ultrakurzwellen-Signale und brachte die Kunde auf die wandgroßen Schimmerschirme der Massen. Einer von den Massen, Dom Zerchi, Abt, schaltete sein Gerät ab.
    Eine Weile schritt er auf und ab, wartete auf Joshua und versuchte, nicht zu denken. Aber nicht zu denken erwies sich als unmöglich.
    Hör mal, sind wir denn hilflos? Sind wir verdammt, es wieder und wieder und wieder zu tun? Haben wir keine andere Wahl, als Phönix zu spielen in einer endlosen Kette von Aufstiegen und Stürzen? Assyrien, Babylon, Ägypten, Griechenland, Karthago, Rom, das Reich Karls des Großen und der Türken. Zu Staub zermahlen und mit Salz gepflügt. Spanien, Frankreich, Britannien, Amerika – zu Vergessen verbrannt in Jahrhunderten. Und wieder und wieder und wieder.
    Sind wir dazu verdammt, Herr, ans Pendel unserer eigenen wahnsinnigen

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