Lobgesang auf Leibowitz
Uhrkonstruktion gekettet, unfähig, es aufzuhalten?
Diesmal wird es uns vollkommen ins Nichts schleudern, dachte er. Doch seine Verzweiflung verschwand mit einem Schlag, als Bruder Pat ihm das zweite Telegramm brachte. Der Abt riß den Umschlag auf, überflog den Text mit einem Blick und kicherte. »Ist Bruder Joshua schon da, Bruder?«
»Er wartet draußen, Ehrwürdiger Vater.«
»Schick ihn rein!«
»Hallo, Bruder Joshua, mach die Tür zu und schalt den Schalldämpfer ein. Dann lies das da.«
Joshua schielte auf das erste Telegramm. »Antwort aus New Rome?«
»Heute morgen gekommen. Aber mach erst den Schalldämpfer an. Wir haben was zu besprechen.«
Joshua schloß die Tür und knipste einen Wandschalter an. Versteckte Lautsprecher erhoben ein kurzes Protestgequietsche. Dann schien sich die Akustik im Raum plötzlich zu verändern.
Dom Zerchi winkte ihm zu, er solle auf einem Stuhl Platz nehmen, und dann las Joshua schweigend das erste Telegramm.
»… keinerlei Aktion Ihrerseits im Zusammenhang mit Quo peregrinatur grex… «, las er laut.
»Solang das Ding an ist, mußt du brüllen«, sagte der Abt und deutete auf den Schalldämpfer. »Was hast du gesagt?«
»Ich habe nur laut gelesen. Also ist der Plan aufgehoben?«
»Du brauchst gar nicht so erleichtert auszusehen. Das ist heute morgen gekommen. Aber das ist gerade eben gekommen.«
Der Abt schob ihm das zweite Telegramm hin.
FRÜHERE NACHRICHT VON DIESEM DATUM UNGÜLTIG. »QUO PEREGRINATUR« AUF WUNSCH DES HEILIGEN VATERS SOFORT WIEDER AUFNEHMEN. TEAM DARAUF VORBEREITEN DASS INNERHALB VON DREI TAGEN AUFBRUCHBEREIT. BESTÄTIGUNGSTELEGRAMM ABWARTEN EHE AUFBRUCH. LÜCKEN IN TEAM-ORGANISATION MITTEILEN. MIT AUF-TRAGSGEMÄSSER VERWIRKLICHUNG DES PLANS BEGINNEN. ERIC KARDINAL HOFFSTRAFF, PÄPSTL. VIKAR. EXTRATERR. PROVINCIALE
Bruder Joshuas Gesicht wurde bleich. Er legte das Telegramm auf den Schreibtisch zurück, lehnte sich tiefer in den Sessel und preßte die Lippen fest aufeinander.
»Du weißt, was Quo peregrinatur bedeutet?«
»Ich weiß, was es ist, aber nicht genau.«
»Also, angefangen hat es mit einem Plan, nach dem ein paar Priester mit einer Kolonistengruppe nach Alpha Centauri gehen sollten. Aber das hat nicht geklappt, weil man Bischöfe haben muß, um neue Priester zu ordinieren. Und dann hätte man nach der ersten Kolonistengeneration weitere Priester senden müssen und so weiter. Die ganze Frage schrumpfte zusammen zu einem Streit darüber, ob die Kolonien Bestand haben würden und ob man, wenn ja, Vorsorge treffen solle, die apostolische Nachfolge auf den Kolonisationsplaneten ohne Nachschub von der Erde sicherzustellen. Du verstehst, was das bedeuten würde?«
»Mindestens drei Bischöfe mitschicken, nehme ich an.«
»Genau. Und das erschien ein bißchen lächerlich. Die Kolonistengruppen waren alle ziemlich klein. Aber während der letzten Weltkrise ist aus Quo peregrinatur ein Notstandsplan geworden, um die Ewigkeit der Kirche auf Kolonisationsplaneten zu garantieren, falls hier auf der Erde das Schlimmste einträte. Wir haben ein Raumschiff.«
»Ein interstellares?«
»Drunter tun wir’s nicht. Und wir haben auch die Mannschaft, die damit umgehen kann.«
»Wo?«
»Wir haben sie hier am Platze.«
»Hier in der Abtei? Aber wer…?« Joshua brach ab. Sein Gesicht wurde noch grauer als zuvor. »Aber, Vater, ich habe doch nur Erfahrungen mit Körpern in Erdumlaufbahn, nicht mit interstellaren Schiffen! Ehe Nancy starb und ich zu den Zisterzi…«
»Weiß ich alles. Aber wir haben welche mit interstellarer Erfahrung. Und du kennst sie ja. Und es gibt sogar Witze über die große Zahl von ehemaligen Astronauten, die sich zu unserem Orden berufen fühlen. Das ist natürlich kein Zufall. Und du erinnerst dich doch sicher, wie man dich über deine Erfahrungen im Raum ausgefragt hat, als du aufgenommen werden wolltest?«
Joshua nickte.
»Dann erinnerst du dich auch, daß man dich nach deiner Bereitschaft gefragt hat, wieder hinauszugehen in den Weltraum, wenn der Orden dich bäte, das zu tun.«
»Ja.«
»Dann kannst du auch nicht ganz ohne Ahnung gewesen sein, daß du unter Vorbehalt für Quo peregrinatur bestimmt warst, falls es jemals dazu kommen sollte?«
»Ich denke – ich-ich fürchtete, daß dem so ist, Vater Abt.«
»Fürchtete?«
»Hatte den Verdacht, würde eher stimmen. Fürchtete auch, ein bißchen, weil ich immer gehofft hatte, ich könnte den Rest meines Lebens im Orden zubringen.«
»Als
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