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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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und ließ eine schwache Schmutzspur auf der illuminierten Lammhaut zurück. Francis kämpfte mit den Tränen.
    »Bitte!« keuchte der Mönch. »Das Gold ist so dünn, daß sein Gewicht nicht der Rede wert ist. Wiegt es selbst in Eurer Hand. Das Ganze wiegt nicht mehr als das Papier selbst. Ihr könnt damit nichts anfangen. Herr, nehmt bitte meine Kleider dafür. Nehmt den Esel, nehmt mein Bündel. Nehmt, was Ihr wollt, aber laßt mir das hier. Sie sind für Euch bedeutungslos.«
    Der graue Blick des Räubers wurde nachdenklich. Er betrachtete den aufgeregten Mönch und rieb sich die Kinnbacken. »Ich laß dir die Sachen und deinen Esel und alles bis auf das hier«, bot er ihm an. »Ich nehme dann nur die Talismane.«
    »Um der Barmherzigkeit Gottes willen, Herr, so bringt mich auch gleich um!« jammerte Bruder Francis.
    Der Räuber kicherte: »Wir werden sehen. Sag mir, wozu sie zu gebrauchen sind.«
    »Zu nichts! Eins ist ein Andenken an einen längst verstorbenen Mann. Das andere bloß eine Abschrift.«
    »Wozu brauchst du sie?«
    Francis schloß einen Augenblick die Augen und suchte nach einer Möglichkeit der Erklärung. »Kennt Ihr die Waldleute? Wie sie ihre Ahnen verehren?«
    Für einen Augenblick blitzten die grauen Augen des Räubers ärgerlich auf. »Wir hassen unsere Ahnen«, bellte er, »verflucht jene, die uns geboren haben.«
    »Verflucht! Verflucht!« antwortete einer der verhüllten Schützen vom Hang.
    »Du weißt, wer wir sind? Woher wir kommen?«
    Francis nickte. »Ich wollte Euch nicht beleidigen. Der aus der alten Zeit, von dem diese Reliquie stammt – er ist nicht unser Vorfahre. Er war einst unser Lehrer. Wir ehren sein Andenken. Das hier dient nur so zur Erinnerung, zu sonst nichts.«
    »Und die Abschrift?«
    »Ich habe sie selbst gemacht. Herr, bitte, ich brauchte dazu fünfzehn Jahre. Es bedeutet Euch nichts. Bitte, Ihr werdet doch nicht grundlos einem Mann fünfzehn Jahre seines Lebens nehmen?«
    »Fünfzehn Jahre?« Der Räuber warf den Kopf zurück und schüttelte sich vor Lachen. »Fünfzehn Jahre hast du dazu gebraucht?«
    »Oh, aber…« Francis schwieg plötzlich still. Seine Augen fielen auf den plumpen Zeigefinger des Räubers. Der Finger klopfte gegen die Originalblaupause.
    »Dazu fünfzehn Jahre? Es ist beinahe häßlich neben dem andren.« Er schlug sich gegen den Wanst und deutete unter seinem Gewieher immer wieder auf die Reliquie. »Haha! Fünfzehn Jahre. Solches Zeug macht ihr also da draußen. Warum? Wozu braucht ihr den dunklen Bildgeist? Fünfzehn Jahre, um so was zu machen! Haha! Reinste Weiberarbeit.«
    Verdutzt schweigend sah ihn Bruder Francis an. Der Umstand, daß der Räuber die geheiligte Reliquie selbst für ihre Abschrift halten konnte, verwirrte ihn so, daß er keine Antwort fand.
    Immer noch lachend nahm der Räuber beide Urkunden in die Hände und schickte sich an, sie entzwei zu reißen.
    »Jesus, Maria und Joseph!« schrie der Mönch und fiel auf dem Pfad in die Knie. »Um Gottes Barmherzigkeit willen, Herr!«
    Der Räuber warf die Urkunden auf den Boden. »Ich will mit dir um sie ringen«, bot er an. »Das hier gegen meine Klinge.«
    »Angenommen!« sagte Francis ohne zu zögern, mit dem Gedanken, daß ein Wettkampf dem Himmel wenigstens Gelegenheit böte, auf diskrete Weise einzugreifen. O Gott, der Du Jakob die Kraft gabst, den Engel auf dem Felsen zu besiegen…
    Sie nahmen Kampfstellung ein. Bruder Francis bekreuzigte sich. Der Räuber zog das Messer aus seinem Ledergürtel und warf es zu den Schriftstücken. Sie umkreisten sich.
    Drei Sekunden später lag der Mönch ächzend flach auf dem Rücken, auf sich ein kleines Muskelgebirge. Ein spitzer Stein schien ihm das Rückgrat brechen zu wollen.
    »Hähä!« machte der Räuber und stand auf, um sein Messer aufzuheben und die Schriftstücke zusammenzurollen.
    Die Hände wie zum Gebet gefaltet kroch ihm Bruder Francis auf den Knien nach, aus Leibeskräften flehend: »So nehmt bitte nur eine, nicht beide! Bitte!«
    »Jetzt mußt du sie aber zurückkaufen«, prustete der Räuber. »Ich hab sie rechtmäßig genug gewonnen.«
    »Ich habe nichts. Ich bin arm.«
    »Schon gut, wenn du sie wirklich unbedingt willst, dann verschaff dir Gold. Zwei Heklos Gold als Lösegeld. Du kannst sie jederzeit herbringen. Ich heb dir deine Sachen in meiner Hütte auf. Wenn du sie wieder willst, bring nur das Gold.«
    »Hört, sie sind wichtig für andere Leute, nicht für mich. Ich wollte sie dem Papst bringen. Vielleicht zahlt

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