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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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Vorstellung, daß es gebildete Leute geben könnte, die seinen Namen nie gehört hatten, war ihm nicht gerade angenehm.
    »Nun, nichts für ungut!« fuhr Apollo in leutseligem Ton fort. »Es ist doch ganz einfach; nehmt die Einladung an, geht zur Abtei, seht ihre Relikte durch. Man wird Euch willkommen heißen.«
    Der Gelehrte fuhr gereizt auf: »Ja, und dafür durch die Ebenen reisen, wenn der Stamm des Wilden Bären drauf und dran ist…« Thon Taddeo brach mitten im Satz ab.
    »Wie meintet Ihr?« versuchte Apollo. Sein Gesicht drückte keine besondere Wachsamkeit aus, obgleich an der Schläfe eine Ader anfing zu zucken, als er Thon Taddeo erwartungsvoll anblickte.
    »Nur, daß es eine lange, gefahrvolle Reise ist und daß ich mir eine sechsmonatige Abwesenheit vom Kollegium nicht leisten kann. Ich wollte die Möglichkeit besprechen, einen wohlbewaffneten Trupp der Leibwache des Bürgermeisters hinzuschicken, um die Schriftstücke zur Untersuchung hierher zu bringen.«
    Apollo hielt den Atem an. Er verspürte den kindischen Drang, dem Wissenschaftler in die Weichen zu boxen. »Ich fürchte«, sagte er höflich, »daß das völlig ausgeschlossen sein wird. Wie dem auch sei, das liegt außerhalb meines Einflußbereiches, und ich fürchte, daß ich Euch nicht im geringsten werde helfen können.«
    »Warum nicht?« wollte Thon Taddeo wissen. »Seid Ihr nicht der Nuntius des Vatikans am Hofe Hannegans?«
    »Eben. Ich vertrete New Rome und nicht die Mönchsorden. Die Leitung einer Abtei liegt in der Hand ihres Abtes.«
    »Aber mit etwas Druck von New Rome…«
    Der Drang, mit der Faust in die Weichen zu stoßen, nahm rasch zu. »Wir besprechen das besser später«, sagte Monsignore Apollo kurz. »Heute abend in meinem Arbeitszimmer, wenn es Euch recht ist.« Er drehte sich halb um und blickte fragend zurück, als wollte er Nun? sagen.
    »Ich komme«, sagte spitz der Gelehrte im Davonschreiten.
    »Warum habt Ihr ihm nicht mit einem klaren Nein geantwortet, hier und jetzt?« sagte Claret ärgerlich, als sie eine Stunde später allein in den Botschaftsräumen waren. »Unschätzbare Relikte heutzutage durch Gegenden befördern, die von Räubern beherrscht werden? Herr, das ist undenkbar!«
    »Natürlich.«
    »Warum dann…?«
    »Zwei Gründe. Erstens ist Thon Taddeo ein Verwandter Hannegans und selbst einflußreich. Wir müssen uns Cäsar und seiner Familie freundlich gegenüber verhalten, ob wir ihn leiden können oder nicht. Zweitens fing er an, etwas über den Stamm des Wilden Bären zu sagen, verstummte dann aber plötzlich. Ich will mich nicht auf Spionage einlassen, aber wenn er uns freiwillig Informationen zur Verfügung stellt, kann uns nichts davon abhalten, sie in den Bericht einzufügen, den du persönlich in New Rome übergeben wirst.«
    »Ich?« Der Sekretär blickte bestürzt drein. »Nach New Rome? Aber was…«
    »Nicht so laut!« sagte der Nuntius und blickte zur Tür hin. »Ich werde meine Einschätzung der Lage Seiner Heiligkeit schicken müssen, und zwar schnell. Aber es handelt sich um Dinge von der Art, die man nicht wagt niederzuschreiben. Wenn Hannegans Leute solch einen Bericht abfingen, würde man dich wie auch mich mit dem Gesicht nach unten den Red River hinabtreiben sehen. Wenn der Bericht Hannegans Feinden in die Hände fiele, würde Hannegan es vermutlich für rechtens halten, uns öffentlich als Spione zu hängen. Märtyrertum ist schön und gut, aber wir müssen erst noch etwas erledigen.«
    »Und ich soll den Bericht dem Vatikan mündlich überbringen?« murmelte Claret, der offensichtlich von der Aussicht nicht angetan war, feindliches Land zu durchqueren.
    »Nur so wird es gehen. Thon Taddeo kann uns, könnte uns möglicherweise, gerade einen Vorwand für deine plötzliche Abreise zur Abtei des heiligen Leibowitz oder nach New Rome oder beides verschaffen. Für den Fall, daß irgendein Argwohn bei Hofe aufkommen sollte. Ich werde versuchen, das in die Wege zu leiten.«
    »Der Inhalt des Berichts, den ich abgeben soll, Herr?«
    »Daß Hannegans Bestreben, den Kontinent unter einer Dynastie zu vereinen, kein so fantastischer Traum ist, wie wir dachten. Daß das Abkommen der Heiligen Geißel wahrscheinlich auf einen Betrug von Hannegans Seite hinausläuft, daß er es nämlich benutzen möchte, beide, das Reich von Denver und das von Laredan, in einen Kampf mit den Nomaden der Ebenen zu verwickeln. Wenn die Streitmacht Laredans durch fortdauernde Schlachten mit dem Wilden Bären gebunden ist,

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