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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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geistert.«

    Petronus fühlte Zorn in sich aufwallen. Seine Kopfhaut begann zu prickeln, und er knallte die Tasse hin. Tee spritzte über den Tisch. » Vergesst nicht einen Augenblick lang, dass es das Entrolusische Delta war, das den Bannspruch eingesetzt hat. Er war sicher verwahrt, ehe der Aufseher durch Täuschung und Verrat seinen Einsatz herbeigeführt hat. Er hat zehntausende Unschuldige in diesem Akt des Völkermords getötet.« Er bemerkte, dass seine Stimme deutlich lauter geworden war.
    »Eure Leute haben ihn ausgegraben. Sethbert hat geglaubt, Ihr hättet vor, ihn in den Benannten Landen zum Einsatz zu bringen.«
    Petronus biss sich auf die Zunge. Er war nicht so dumm, diesem Mann oder sonst irgendjemandem mitzuteilen, was er herausgefunden hatte, bevor die eigentliche Verhandlung begann; nicht einmal Isaaks Beteuerung, der Bannspruch sei durch den Einsatz zerstört worden. Stattdessen zwang er sich dazu, wieder ruhig zu sprechen. »Als regierender König von Windwir lehne ich es ab zu antworten und berufe mich auf das Vorrecht meines Amtes, wie es in den Artikeln der Bundschaft festgeschrieben ist.«
    Ignatio nickte. »Natürlich.« Er erhob sich. »Ich denke, wir sind hier fertig«, sagte er. »Ich werde Euch jemanden schicken, und man wird Euch zu Euren Räumlichkeiten bringen.«
    Petronus blickte ihm nach, dann nippte er an seinem Tee. Er war orangefarben – vermutlich von den Äußeren Smaragdküsten – und mit einem Hauch von Honig gesüßt.
    Er biss in ein Brötchen und kaute langsam auf der süßen Nascherei. Es hatte zumindest ein paar Vorteile, auf diesem Jagdanwesen zu Gast zu sein. Das Essen war hervorragend.
    Während er aß, dachte Petronus über Ignatios Fragen nach. Er hatte eine Liste gehabt und diese abgearbeitet. Petronus hatte ihn dabei beobachtet. Der Geheimdienstleiter hatte jede Frage sorgfältig abgehakt und sich durch die ganze Aufstellung gewühlt.
    Wie lange hat er gebraucht, um diese Fragen zusammenzutragen?
    Tagelang, vermutete Petronus.
    Er griff nach dem zweiten Frühstücksbrötchen, und die Tür öffnete sich. Erlund war noch ein Junge gewesen, als er ihn zum letzten Mal gesehen hatte – vielleicht acht oder zehn Jahre alt. Petronus hätte ihn nicht erkannt, wäre er nicht von Wachen begleitet worden und hätte er nicht dieses besondere Auftreten an den Tag gelegt.
    Wie jemand, der Macht besitzt. Petronus erhob sich, obwohl er es nicht wollte.
    Erlund winkte ihn wieder an seinen Platz, dann setzte auch er sich. Er wies mit dem Kopf auf die Teekanne. »Ist er heiß?«
    Petronus nickte.
    Erlund überraschte ihn damit, sich den Tee selbst einzugießen. Natürlich überraschte ihn die Anwesenheit des Aufsehers in diesem Raum ohnehin. Erlund nippte an dem Tee, stellte ihn ab und faltete seine Hände auf dem Tisch. »Wenn Ihr in Eurer Hütte geblieben wärt, alter Mann, wärt Ihr jetzt noch dort. Ihr würdet Eure kleine Vogelstaffel betreiben, um Eure Schuldgefühle zu lindern.«
    Petronus blickte ihn an. Erlund war jünger als Rudolfo, hatte aber schon Falten im Gesicht. Der hier ist nicht wie sein Onkel , erkannte er. Er machte sich Sorgen, und der Bürgerkrieg hatte ihn ausgezehrt, ihn altern lassen. Petronus dachte an seine Hütte, dann an den Angreifer mit den Blutmagifizienten. »Es war zu gefährlich, dort zu bleiben«, sagte er, »obwohl es sicher nicht mein erster Gedanke war, mich Euch auszuliefern.«
    Erlund starrte ihn einen Augenblick an. Er nahm noch einen Schluck, dann bedeutete er seinen Männern, sich zu entfernen. Sie verschwanden rasch und zogen die Tür hinter sich zu. Der Aufseher beugte sich vor. »Trotzdem«, sagte er, »seid Ihr hier, verstrickt in eine interne Staatsangelegenheit, und Euer Kopf liegt dabei auf dem Richtblock.« Erlund schmunzelte. »Ich weiß besser
als viele andere, dass Sethbert verrückt war. Die Androfranziner haben zweifellos etwas ausgeheckt, aber Sethbert ist zu weit gegangen, und seine Verschwörung war sehr sorgfältig angelegt. Ich selbst hätte wegen der Ereignisse während dieser sogenannten Gerichtsverhandlung niemals Eure Festnahme gefordert. Aber jetzt kommt das entrolusische Recht ins Spiel, und ich bin gezwungen, unsere Gesetze durchzusetzen. Ihr habt unseren Aufseher ohne rechtliche Grundlage und außerhalb des Zugriffs unseres Gesetzes getötet.« Petronus bemerkte die Müdigkeit in den Augen des Mannes. »Darüber hinaus«, sagte er, »weiß ich, dass dieser Bürgerkrieg unsere Aufmerksamkeit bindet, während

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