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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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also geschafft. Ist er in die Ödlande gegangen?«
    Rudolfo nickte. »Ist er. Ich habe ihn von meinen Männern verfolgen lassen. Ich habe sie zurückgerufen, weil sie anderswo zu tun haben.«
    »Gut«, sagte Charles. »Ihm zu folgen wäre gefährlich für sie geworden.«
    Etwas in Charles’ Tonfall ließ Rudolfo aufhorchen. »Weshalb? Und wie seid Ihr in Erlunds Obhut an einen Metallmann gekommen? « Aber schon stieg eine neue Erinnerung in ihm auf. Er dachte an den Abend, an dem er Jin Li Tam das erste Mal begegnet war. Sethberts Metallmann hatte ein Lied gesungen, während er und Jin zum ersten Mal miteinander getanzt hatten. Dies, erkannte Rudolfo, musste der Metallmann sein, den Aedric und die anderen verfolgten.
    »Diese Bauform hat keine einschränkenden Register, wie Isaaks Generation sie besitzt.« Charles runzelte die Stirn. Er hat Bedenken, wie viel er mir verraten soll. Schließlich sprach der alte Mann weiter. »Die erste Generation der Mechoservitoren – es sind dreizehn – waren das Beste, was wir zu jener Zeit leisten konnten. Die Fragmente, die wir von Rufellos Buch aufgespürt hatten, reichten kaum aus, um sie zu bauen, aber nachdem wir erst einmal unsere eigenen Möglichkeiten dadurch verbessert hatten, jene erste Bauform zu studieren, haben wir Mittel und Wege gefunden, die nächste enger an die ursprünglichen Baupläne anzulehnen.
Ich bin mir nicht sicher, wie Sethbert an diesen einen gekommen ist – er hatte ihn noch nicht lange, und ich kann nur annehmen, dass es durch irgendeinen Betrug meines Lehrlings dazu kam. Ihre Register waren so gestaltet, dass sie regelmäßig von ihren Aufträgen zurückkehrten, um gewartet zu werden.«
    »Aufträge?« Rudolfo verzog das Gesicht. »Was ist mit den anderen passiert, nachdem Ihr Isaaks Generation geschaffen hattet?«
    Charles seufzte, und einen Moment lang senkte er den Blick. »Sie sind eines jener geheimen Projekte geworden. Gegen meinen Willen, wie ich hinzufügen möchte. Sie sollten keiner Kontrolle mehr unterliegen, einen ausgedehnten Spielraum in ihrem Verhalten bekommen und in die Mahlenden Ödlande entsandt werden.«
    Plötzlich ergab alles einen Sinn. Es unterschied sich nicht groß von seiner eigenen Unternehmung hoch im Norden. »Um aus ihren Gedächtnisregistern eine Kopie der Großen Bibliothek herzustellen. «
    »Ja«, sagte Charles mit leiser Stimme.
    Rudolfo strich sich über den Bart und dachte einen Augenblick nach. »Sanctorum Lux.«
    Charles nickte abermals. »Ja.«
    Der Gedanke erschütterte Rudolfo. Zweifellos war es vernünftig, mit der Kopie an einem verborgenen Ort zu beginnen, das Licht an einem noch abgeschiedeneren Ort aufzubewahren, besonders wenn ein Feind an den Toren war. Aber die Ausmaße eines solchen Unternehmens waren gewaltig. In diesem Augenblick waren die Mechoservitoren, deren Metallhände schnell wie Spatzenflügel über das Pergament glitten, in den Neun Wäldern dabei, ganze Bücher innerhalb von einer Stunde wiederherzustellen. Allein die Versorgung mit Pergament und Tinte überforderte Rudolfos Ressourcen, die Armeen von Steinmetzen, Schreinern, Arbeitern und Bediensteten, die ohne Unterlass daran
arbeiteten, das Licht zurückzubringen, außer Acht gelassen. »Das wäre eine unmögliche Aufgabe für nur dreizehn Mechoservitoren«, sagte Rudolfo.
    Charles zuckte die Achseln. »Nichts ist unmöglich, wenn genug Arbeit investiert wird.«
    Als die Bedeutung von Charles’ Worten zu ihm durchdrang, kam sie ihm vor wie ein Stein, der in einen Brunnen fällt. Es gab einen Augenblick des Loslassens und dann das Aufspritzen der Erkenntnis. »Die ganze Bibliothek«, sagte er ungläubig.
    Auf Charles’ Gesicht zeigte sich ein Ernst, der beinahe grimmig war. »Sie muss beschützt werden«, sagte er.
    Ja . Mit dem Inhalt des Papierbündels noch frisch vor Augen, erkannte Rudolfo, dass Charles die Wahrheit sprach. Er musste Petronus’ Notizen nicht entschlüsseln, um zu erkennen, dass der alte Papst und König an eine Bedrohung glaubte, die jenseits der Benannten Lande existierte. Vlad Li Tam hatte sich sehr wahrscheinlich aus den Benannten Landen zurückgezogen, um sie zu schützen und diesen Entwicklungen in der Fremde nachzugehen.
    Jemand hatte seine eigenen finsteren Gründe gehabt, sich der Androfranziner zu entledigen.
    Und ihrer Bibliothek.
    Was immer in den Mahlenden Ödlanden unter der Obhut dieser metallenen Hirten verborgen war, musste gefunden und beschützt werden. Rudolfo sah Charles in die Augen.

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