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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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allein mit seinen Gedanken, bis sie es schafften, ihn abzuholen, und als sie kamen, geleiteten ihn die Wachen ohne ein Wort zu seinen Gemächern.
    Sie schlossen ihn ein, und Petronus begab sich unmittelbar zu dem großen, runden Bett und fiel hinein.
    Er dachte, er würde sofort einschlafen. Aber die Fragen der Nacht verfolgten ihn weiter, und er suchte nach dem Muster dahinter. Rudolfo war der Einzige, der von den neuerlichen Angriffen verschont geblieben war; er war der Einzige, der aus dem Fall von Windwir einen Nutzen gezogen hatte, und seine Nachbarn nahmen davon Notiz.

    Petronus glaubte keinen Augenblick daran, dass der Zigeunerkönig sein sogenanntes Glück selbst in die Wege geleitet hatte, aber es war offensichtlich ein Teil des Werks des Hauses Li Tam in den Benannten Landen.
    Er dachte an seine Jugend und den Sommer, den er mit Vlad Li Tam verbracht hatte, ihn das raue Leben einer Fischerfamilie gelehrt hatte, als Teil seiner Ausbildung, die ihn befähigen sollte, eines Tages das Haus Li Tam zu übernehmen. Selbst dieser Teil seines Lebens war, wie ihm jetzt klar wurde, Teil der Pläne von Vlads Vater gewesen.
    »Vielleicht«, murmelte er, »trifft das auch auf dies hier zu.«
    Aber zu welchem Zweck? Er dachte an die Papiere, die er Rudolfo überlassen hatte, und wünschte sich, der Zigeunerkönig möge die Arbeit weiterführen, die er begonnen hatte.
    Dann überantwortete sich Petronus dem Schlaf und ließ für ein paar Stunden ab von all den Fragen, die ihm unter den Nägeln brannten.
    Winters
    Die Winterluft über dem päpstlichen Sommerpalast war schwer vom Rauch, und Winters stand neben den verkohlten Knochenhaufen und versuchte, sich nicht zu übergeben. Sie konnte immer noch nicht glauben, was hier geschah.
    Sie haben die Toten nicht begraben. Stattdessen hatten sie ihnen die größtmögliche Beleidigung zugefügt, indem sie die Leichen wie Feuerholz aufgestapelt und mit der Fackel in Brand gesteckt hatten.
    Inzwischen arbeitete das Wetter gegen ihre Soldaten, die mit Spitzhacken Gräben für die verkohlten Überreste aushoben. Es wurde gerade erst Mittag, und wenn sie den ganzen Tag dabei
blieben, konnten sie abends die Litanei vortragen. Anschließend würde sie ihre nächste Kriegspredigt vorbereiten. Niemals hätte sie für möglich gehalten, dass sie sich gegen einen Teil ihres eigenen Volkes richten würde. Aber aller Zorn, den sie auf dem Weg hierher empfunden hatte, war nichts im Vergleich mit dem, was sie nun spürte, da sie vor den Scheiterhaufen stand.
    Winters hörte Schritte hinter sich, dann räusperte sich Seamus. »Wir haben einen Vogel von den Zigeunern erhalten«, sagte er.
    Sie hob den Kopf und blickte über die Schulter. Er musste von Jin Li Tam kommen. Sie hatte Nachricht erhalten, dass sich die edle Dame Tam auf den Weg gemacht hatte. Winters war überrascht gewesen – so kurz nach Jakobs Geburt. Der Preis für das Leben einer Königin. Sie richtete ihre Gedanken auf die Gegenwart. »Was steht darin?«
    »Sie reiten zu unseren Südgrenzen, um mit Meirovs Waldläufern zu verhandeln.« Seamus lachte, obwohl es eher wie ein Schnauben klang. »Sie möchte, dass Ihr nach Süden reist und Euch ihnen anschließt … ohne Eure Armee.«
    Winters drehte sich um und blickte ihm in die Augen. »Ich habe vor, ihrem Wunsch Folge zu leisten«, sagte sie. »Ich plane, meine Armee durch unser Gebiet patrouillieren zu lassen, damit wir den Quell dieser Gewalt in unserem Volk finden. Wenn ich im Süden bin und sie brauche, wird sie nicht weit weg sein.«
    Winters beobachtete, wie sich etliche Gefühle auf Seamus’ Gesicht widerspiegelten. Schließlich sprach er mit Bedacht. »Es gibt nur einen Weg, den Ursprung dieser Gewalt zu finden. Darüber seid Ihr Euch doch gewiss im Klaren.«
    Doch Winters hatte es nicht gewusst, bis er es ausgesprochen hatte. Jetzt erkannte sie es, und das Herz wurde ihr schwer. »Ja«, sagte sie. »Ihr müsst nach dem Zeichen suchen. Fangt bei der Armee an.«
    Seamus nickte, und sie hörte die Traurigkeit in seiner Stimme.
»Wie werdet Ihr mit jenen verfahren, die wir finden, meine Königin?«
    Er kennt meine Antwort.
    Sie starrte ihn einen Augenblick lang an, dann wandte sie sich ab. »Ich werde mich um sie kümmern, Seamus, so wie es mein Vater getan hätte und sein Vater vor ihm.« Mit der Axt. Die Worte hinterließen einen bitteren Geschmack in ihrem Mund, doch sie wusste, dass sie der Wahrheit entsprachen. Sie würde die Grausamkeit in sich finden, die dafür

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