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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Dunkelheit.

    Neb wirbelte herum: »Nein!«
    Er hörte Renard aufkeuchen, hörte den Lärm eines Handgemenges und dann ein Knacken wie von einem brechenden Knochen, während Renard aufschrie.
    Und ehe er den Mund noch einmal aufbekam, spürte er, wie grobe Metallhände ihn ergriffen und über die kantigen Stahlschultern des Metallmanns warfen. Er spürte eine Hand an seiner Kehle, von der sanfter, aber fester Druck ausging. »Bleib ruhig und wehre dich nicht, Nebios Heimatsucher, und ich werde dich sicher und rasch tragen.«
    Dann drückte die Hand an seiner Kehle zu, und die Nacht um ihn herum wurde neblig, Spinnweben aus Licht tauchten an den Rändern seines Gesichtfeldes auf. Undeutlich nahm er Isaak wahr, der sich in den Boden krallte und auf sie zukroch, sein Bein nutzlos hinter sich her ziehend. In den tieferen Schatten der Brücke hörte er Renard vor Schmerzen krächzen.
    Und schließlich nahm er das Ticken und Mahlen der Getriebe innerhalb des Metallmanns wahr, der ihn trug, während sie über den Boden schaukelten, um die hohen Hügel jenseits der Brücke des Jüngeren Gottes zu erklimmen. Seinen Kopf an die Metallschulter gepresst, fragte sich Neb, was für ein Herz die Androfranziner ihren Maschinen gegeben hatten.
    Die Metallhand drückte noch fester zu, und Neb spürte, wie Bewusstlosigkeit ihn überkam und ihn an einen grauen und einsamen Ort trug.

Kapitel 19
    Jin Li Tam
    Aus schmelzendem Schnee wurde schlammiges Gras, und Jin Li Tam schritt vorsichtig aus, während sie Jakob an ihrer Brust hielt. Durch die kleine Decke, die ihre entblößte Haut bedeckte, spürte sie nicht viel von der Kälte, und sie hoffte, ihrem Sohn ging es ähnlich. Dennoch würden sie hier nicht lange bleiben. Die Zelte waren beheizt, aber sie hatte sich plötzlich nach kühler Luft gesehnt, und ihre Füße hatten ein wenig Bewegung gebraucht.
    Nein , erkannte sie. Es war mehr als ein Sehnen gewesen.
    Sie hatte es gebraucht ; das Zelt hatte sie eingeengt, nachdem ihr Vogelpfleger gegangen war, und in diesem Augenblick hatte sie nach draußen gehen und ihren Sohn dicht bei sich haben müssen. Es hatte sie nach kühler Luft und einem offenen Raum verlangt, um ihre Gedanken zu schärfen und die Welt davon abzuhalten, sich um sie zu drehen.
    Ihre Ankunft lag erst ein paar Stunden zurück, und schon waren die Zelte aufgebaut, und die Gerüche von kochendem Fleisch und Holzrauch lagen in der Luft. Patrouillierende Späher zogen ihre weiten Kreise, und die verschiedenen Einheiten der Streunenden Armee nahmen ihre Stellungen auf dem Gelände ein.
    Bald würde sie Jakob bei Lynnae lassen müssen, um zu Verhandlungen mit Pylos und Turam zu reiten. Sie hatte an diesem Vormittag schon Vögel mit Meirov ausgetauscht; den Namen des
Generals, der Turams Bataillon führte, hatte sie allerdings nicht erkannt. Die ersten Gefechte waren für beide Armeen schlecht ausgegangen; ihre Angreifer – nur eine kleine Anzahl, wie man später feststellte – waren wider alle Vernunft in ihre Reihen eingedrungen, bis sie schließlich gefallen waren.
    Aber die Eisenklingen schnitten tief, und der Wind aus Blut heulte, bis sie endlich niedergestreckt waren und die erstaunten Offiziere der beiden Nachbarstaaten ihre Toten zählen konnten.
    Inzwischen hatten sie Verstärkung angefordert, die in etwa einer halben Woche eintreffen würde, damit sie weiter nach Norden vordringen konnten.
    Dies alles war besorgniserregend. Und mittlerweile hatte Jin vom Hütertor die Nachricht erhalten, dass Aedric und seine Einheit in die Ödlande geritten waren, um nach Neb und Isaak zu suchen. Die verheerendste Waffe der Benannten Lande war verschollen.
    Und diesem Vogel war der nächste auf den Fersen gefolgt: Rudolfo segelte um das Weitschreiterhorn, weil er plötzlich von einem alten Androfranziner überzeugt worden war, dass sich ein Heilmittel für Jakob eher in Sanctorum Lux finden lassen würde als durch das scheinbar unmögliche Unterfangen, die Flotte ihres Vaters aufzuspüren.
    Der letzte Vogel war erst diesen Vormittag angekommen, er war derjenige, der sie am tiefsten erschüttert und am Ende dazu geführt hatte, dass sie die Segeltuchwände ihres Zeltes nicht mehr ertragen konnte. Dieser letzte Vogel hatte sie hinaus an die Winterluft getrieben, ihren Sohn fest an sich gedrückt. Rae Li Tams verschlüsselte Nachricht hatte sie erreicht – sie hatte Jin Li Tam über alles in Kenntnis gesetzt, was bisher auf See vorgefallen war, und hatte die Neun Häuser der Neun

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