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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Renard kauerten sich auf die Brücke. Neb spürte den Nachtwind über seinen Nacken streichen und bekam eine Gänsehaut.
    Isaaks Stimme war ruhig und gemessen. »Papst Introspekt ist nicht mehr an der Macht. Nach dem Fall von Windwir kehrte der Orden unter die Obhut von Papst Petronus zurück – bis zu seiner endgültigen Auflösung vor sieben Monaten, zwei Wochen und drei Tagen.«
    »Das ist unmöglich; Papst Petronus ist tot. Ohne einen gegenteiligen Befehl von Introspekt oder seinem ernannten Nachfolger kann ich dich nicht vorbeilassen.«
    Neb merkte erst, dass er aufgestanden war, als er Renards Hand an seinem Arm spürte. Er schüttelte sie ab, weil er sich plötzlich ganz sicher war. Er erhob die Stimme: »Petronus ist nicht tot; ich habe ihn auf den Ebenen von Windwir ausgerufen. Du selbst
hast behauptet, eine Nachricht für ihn zu haben. Die Besitztümer des Ordens sind an die Neun Wälder übergegangen – alle Besitztümer – , auch die Automaten des Ordens.« Er machte noch einen Schritt und legte alle Autorität in seine Stimme, die er sich während der kurzen Monate als Anführer des Heeres von Totengräbern angeeignet hatte. »Ich bin ein Offizier der Neun Häuser der Neun Wälder und der Großen Bibliothek, die dort wiederaufgebaut wird.« Inzwischen war er noch ein paar Schritte weitergegangen. »Ich befehle dir, uns sofort zu Sanctorum Lux zu eskortieren, damit die Bestände für die neue Bibliothek katalogisiert werden können.«
    Er war nicht sicher, was er erwartet hatte, aber gewiss nicht das, was als Nächstes geschah. Die Augen des Metallmanns gingen flatternd auf und zu, und seine Mundklappe bewegte sich, während plötzlich Dampf aus dem Entlüftungsrost an seinem Rücken schoss.
    Und dann lachte der Metallmann.
    Es war ein lautes, langes, pfeifendes Lachen, das die Schlucht hinauf- und hinabrollte und mit seinem unheimlichen metallenen Klang durch die Nacht hallte. »Nebios ben Hebda«, sagte er, »du bist vor deiner Zeit hier. Sei nicht so begierig auf die Gabe, die du nicht zurückgeben kannst.«
    Die Gabe, die du nicht zurückgeben kannst. Das stammte aus dem ersten Evangelium des P’Andro Whym, und er beschwor die Worte aus den Tiefen seines Gedächtnisses herauf.
    Und es geschah in der Nacht der Säuberung, dass P’Andro Whym zusammen mit seinen engsten Leutnants die Taten beweinte, die sie verrichtet hatten, und sein Blick fiel auf sie, und er sprach zu ihnen: »Sehet, unsere Pflicht für das Licht hat heute Nacht begonnen, und es soll eine Gabe sein, die man nicht zurückgeben kann, und der letzte Pfad, dem wir in diesem Land folgen.«
    Nebs Blick verengte sich. »Du sprichst von der Pflicht für das Licht; wir suchen sie uns nicht aus. Wir werden dazu berufen.« Er trat weiter vor. »Isaak, geht es dir gut?«
    Isaak wandte sich um und nickte. »Es geht mir gut, Nebios. Mein Gehäuse und meine Blasebälge müssen gereinigt werden.«
    Neb richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den anderen Mechoservitor. »Du sagst mir, dass ich vor meiner Zeit hier bin«, fuhr er fort. »Woher weißt du das?«
    Der Mechoservitor blinzelte. »Weil wir nicht bereit sind, Nebios ben Hebda. Genauso wenig wie du.«
    Neb dachte über die Worte des Mechoservitors nach. Er merkte, wie sich seine Blase plötzlich füllte und seine Füße Anstalten machten, in entgegengesetzter Richtung zu fliehen, fort von der Konfrontation, auf die er zusteuerte. »Du sagst mir, dass ich zu früh bin, aber du sagst nicht, dass ich nicht ermächtigt bin.«
    Der Metallmann pfiff und blökte, während ein Schauder über seinen gepanzerten Körper lief. »Du bist ermächtigt.«
    Neb war nicht sicher, woher er die Worte nahm – vielleicht aus einer Nische eines vergessenen Traumes –, aber er sprach sie aus, und er sprach laut und deutlich: »Wenn ich ermächtigt bin, dann befehle ich dir, Mechoservitor, mich zu Sanctorum Lux zu eskortieren. «
    Die Mundklappe öffnete sich und schloss sich wieder. Der Kopf drehte sich langsam. »Deine Begleiter sind nicht ermächtigt. «
    Neb schluckte. Er dachte an den Ödlandführer hinter sich und Isaak vor sich. »Dann sollen meine Begleiter nicht mitkommen.«
    Der Metallmann nickte und bewegte sich dann blitzschnell. Sein Fuß schoss nach vorne, trat gegen das Kniegelenk von Isaaks beschädigtem Bein und drückte es nach hinten durch, bis Neb ein lautes, metallisches Knacken hörte. Während Isaak auf dem Boden zusammenbrach, sprang der Metallmann über Neb hinweg in die

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