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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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zwischen den Armeen im Süden und den Sumpflanden im Westen errichtet hatten.
    Die Verstärkungstruppen waren eingetroffen und bereits überrannt worden. Jin Li Tams Linien waren dreimal in ebenso vielen Tagen durchbrochen worden, und sosehr die Streunende Armee sich auch bemühte, sie konnte die Angreifer nicht aufhalten. Ebenso wenig hielten sich die mit Blutmagifizienten verstärkten Feinde damit auf, die Zigeuner in Kämpfe zu verwickeln. Sie waren stets weiter vorgedrungen, um die Turamiten und Pylosianer anzugreifen. Weil sie nicht die Absicht hatten zurückzukehren, mussten sie keinen Rückzugsweg hinter sich freihalten. Sie brandeten über die Linien hinweg und zogen nicht einmal ihre unsichtbaren Waffen. Mit den Händen schoben sie die Waldsoldaten mühelos beiseite, ohne ihnen nennenswerte Verletzungen zuzufügen, und auch einige unglückselige Verfolgungsjagden auf die Feinde blieben ergebnislos.
    Ihren Zigeunerspähern erging es nur wenig besser.
    Deshalb ritt Jin jetzt an der Front entlang, um die Moral zu heben. Rudolfos Offiziere waren eine zähe Schar, sie liebten ihre Männer leidenschaftlich und forderten eine Treue ein, die sich
kaum von der unterschied, die sie ihrem Zigeunerkönig entgegenbrachten. Und es war eine andere Art von Liebe, eine andere Art von Treue als die, die Jins Vater gefordert hatte. Seine Liebe war schneidend, niemand hatte den geringsten Zweifel daran, dass er seine strategischen Ziele und die Welt, die zu gestalten er sich angeschickt hatte, mehr liebte als die Werkzeuge, die er dafür benutzte. Diese andere Führungsweise verblüffte sie.
    Es war lange her, dass die Streunende Armee unter einer Königin marschiert war; so lange, dass keiner der Hauptleute oder Anführer ihr sagen konnte, wie lange. In Zeiten, in denen der Zigeunerkönig mit anderen Dingen befasst gewesen war, war es aber durchaus vorgekommen. Und dessen ungeachtet und obwohl sie neu war, ehrten sie sie und folgten ihren Befehlen, als kämen sie von Rudolfo.
    Und auch wenn sie wusste, dass dies kein Ort für ihren kleinen Sohn war, fielen ihr die Blicke auf, mit denen Rudolfos Männer ihren Sohn betrachteten, und sie wusste mit Sicherheit, dass sie eher ihr Leben hingeben würden, als eine Gefahr in die Nähe des Erstgeborenen ihres Königs zu lassen. Sie hatte sogar kleine Schmuckstücke gefunden, die man für den Jungen an ihrer Zeltklappe zurückgelassen hatte – anonyme Gaben, um den neuen Erben willkommen zu heißen.
    Jin Li Tam spürte, wie eine einzelne Schneeflocke über ihre Wange strich, und erschrak. Die Pulver führten dazu, dass ihre Gedanken abschweiften, und sie sah sich rasch um, um sich zu vergewissern, dass niemand etwas gesagt hatte. In einer langen Reihe ritten sie langsam an der Frontlinie entlang und hielten hier und da inne, um die Männer zu fragen, wie es ihnen ging und wie das Essen schmeckte.
    Bald würde es an der Zeit sein, umzukehren und sich um Jakob zu kümmern. Die Flussfrau und Winters passten auf ihn auf, während Lynnae schlief und sich von den Pulvern erholte. Das Mädchen hatte das Kind zwei Tage am Stück genommen,
während Jin Li Tam und die junge Sumpfkönigin versucht hatten, eine weitere Unterredung mit den anderen Heeresführern zu arrangieren. Sie war nicht besser verlaufen als die erste – ein Abgesandter Turams war aufgetaucht, aber Meirov hatte sich nicht einmal dazu herabgelassen, einen Untergebenen zu schicken. Pylos war nicht an Verhandlungen interessiert.
    Um sie herum war der Wald licht, es gab viel Platz zwischen den Bäumen. Der Boden war zum Großteil mit Schlamm und schmutzigen Schneeklumpen bedeckt. Die kalte Luft roch nach Holzrauch und Nadelbäumen, und abgesehen von den Geräuschen der wartenden Armee war es ein stiller Morgen.
    Als der dritte Alarm ausgerufen wurde, kam er aus dem Westen. Jins Hand wanderte kurz zu ihrem Schwert, dann entspannte sie sich wieder. Weiter vorne hörte sie Pfiffe und sah, wie sich Männer nach Norden wandten. Jin folgte ihren starrenden Blicken und hielt die Luft an. Sie beugte sich nach vorn, um besser sehen zu können, hörte Zungen schnalzen und sah, wie der Schlamm unter magifizierten Füßen aufspritzte, während die unsichtbaren Späher sich rennend hinter die Front zurückzogen.
    »Haltet die Stellung«, bellte ein Befehlshaber.
    Sie sah, wie Soldaten und Zigeunerspäher sich umwandten und sich verteilten, und dann sah sie eine Flut, die schneller als ein magifizierter Hengst über den Waldboden

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