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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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einzigen Stimme bejubelte die Streunende Armee die Frau ihres Generals, und Jin verneigte sich tief.
    Dann steckte sie die Messer zurück in ihre Scheiden, rief nach ihrem Pferd und stieg auf, um den Ritt entlang der Front zu Ende zu führen.
    Jetzt würde sie als General auftreten, und in etwa einer Stunde würde sie zum Lager zurückkehren, die Gewalt dieses Vormittags abwaschen und ihren kleinen Sohn stillen.
    Winters
    Winters ging über die schlammigen Fußwege zwischen den Zelten und dachte über den Unterschied zwischen Königinnen und Müttern nach.
    Das Zigeunerlager wimmelte vor Geschäftigkeit, nachdem ein Gerücht über einen Vogel aus der Heimat sich wie ein Feuer in einem trockenen Sommerwald ausgebreitet hatte. Er war angekommen, während sie am Abend zuvor ihr Mahl eingenommen hatten, genauso, wie er zweifellos auch in den anderen Lagern eingetroffen war, um unter dem weißen Garn der Bundschaft Windwirs ehemalige Verbündete zu einem Rat zusammenzurufen. Winters hatte schon gepackt, obwohl sie sich über ihre Rolle bei dieser Entwicklung noch nicht ganz im Klaren war.
    Während des letzten Krieges war sie Petronus nicht begegnet, und anschließend war er in der Versenkung verschwunden. Und das Sumpfvolk hielt ganz sicher keine Bundschaft mit dem Orden, da es seine Schutzgebiete bis zur Begegnung ihres Vaters mit Rudolfos Vater in den Neun Wäldern mit rücksichtsloser Beharrlichkeit angegriffen hatte. Dies war ganz offensichtlich eine Angelegenheit der Staaten der Benannten Lande, und kein Vogel würde deswegen zu ihr kommen.

    Aber sie hatte den Ausdruck von Sorge auf Jin Li Tams Gesicht gesehen und wusste aus Tertius’ detailreichen Geschichtsstunden, wie selten ein Rat der Bundschaft stattfand. Natürlich hatte ihr Volk bis vor kurzem – bis ihre Träume den Anstoß für die Hinwendung des Sumpfvolks zu den Neun Wäldern gegeben hatten – mit niemandem Bundschaft gehalten. Und nun waren die Neun Wälder ihre einzigen Verbündeten. Der Gedanke, sich Beratungen anzuschließen, bei denen sie nicht willkommen war, war ihr zuwider, obwohl ihre Gastgeberin darauf bestand, dass ihre Bundschaft mit den Zigeunern dazu ausreichte. Dennoch war ihr Platz bei ihrem Volk, und es fühlte sich falsch an, es zu diesem Zweck zu verlassen. Es kam ihr schon verantwortungslos vor, sich in solchen Zeiten so weit im Süden aufzuhalten, obwohl die Vögel und Boten, die sie täglich empfing, ihr versicherten, dass alles in Ordnung und die Dinge unter Kontrolle waren.
    »Ihr seid eine Königin«, hatte Jin Li Tam ihr erklärt, ihre Stimme schwer von der Müdigkeit nach dem Kampf am vorhergehenden Tag. »Das bringt schwierige Entscheidungen mit sich. Und oft«, hatte sie gesagt, »entscheidet man sich nicht zwischen gut und schlecht, sondern zwischen Gut und dem Besten.«
    Diese Worte hallten noch am nächsten Morgen in ihr nach, während sie durch das Lager spazierte. Sie hatte letztendlich auf ihre Waffen und ihre Rüstung verzichtet – sie waren unnötig gewesen. Hier hatte sie keine Armee, der sie damit Mut machen musste, und sie wusste mit Sicherheit, dass sie nicht gegen einen jener magifizierten Plänkler bestehen konnte, wie es Jin Li Tam getan hatte. Stattdessen trug sie einfache Hosen, ein wollenes Hemd und die Pelzjacke eines Sumpfjungen, in deren Taschen sie die Hände vergrub, während ihr Atem in der kalten Luft zu Nebel wurde und der Schlamm bei jedem Schritt an ihren klobigen Stiefeln saugte.
    Im Lager wurden die Zelte abgebaut, und sie ging davon aus,
dass bei den Armeen im Süden dasselbe geschah. Sie würden den Großteil ihrer Streitkräfte zurücklassen, nach wie vor gefangen in einem Patt beim Damenkrieg, obwohl sie nicht wusste, warum das noch immer der Fall war. Die Streunende Armee konnte die Front nicht halten, und die Armeen von Pylos und Turam waren noch nicht weiter in den Norden vorgedrungen, obwohl sie vermutete, dass das jeden Tag geschehen konnte. Es war ein uneffektives Taktieren, das eher den Anschein von Entschlossenheit erweckte, als tatsächlich etwas zu bewegen. Die schiere Macht der Blutmagifizienten in Zusammenwirkung mit der Bereitwilligkeit der Plänkler zu kämpfen, bis sie starben, führte für alle Beteiligten zu einer untragbaren Situation.
    Besonders für mich. Etwas geschah mit ihrem Volk – etwas, das sich unentdeckt ausgebreitet hatte –, und sie wusste nicht, was sie dagegen tun sollte. Winters verspürte einfach das drängende Bedürfnis, in der Nähe ihrer Leute zu

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