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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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seine Augenbrauen zusammenzogen. »Weitere?«
    »Androfranziner sind hier nicht mehr willkommen«, sagte
Grymlis. »Die wenigen, die sich noch im päpstlichen Sommerpalast aufhielten, wurden getötet. Die Karawanen, die noch zu Rudolfos Wäldern unterwegs waren, wurden angegriffen – auch dort wurden alle Androfranziner niedergemetzelt und unbegraben für die Krähen liegen gelassen. Der einzige Ort, der verschont geblieben ist, sind die Neun Wälder, aber einige von uns glauben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich das ändert. Und nun haben die Zigeuner eine Schuld bei diesen Ketzern aus dem Sumpf zu begleichen.« Er rückte auf dem Sattel herum. »Ich habe die Nachricht von unserem Exodus verbreiten lassen; wir werden eine Woche am Hütertor auf alle anderen warten, die sich uns anschließen wollen.«
    Zu einem früheren Zeitpunkt seines Lebens wäre Petronus zornig wegen dieses Verstoßes gegen seine Befehle gewesen, wegen der Schlüsse, die der Mann gezogen, und der Maßnahmen, die er eigenmächtig getroffen hatte. Aber die Ereignisse der letzten Wochen hatten ihm gezeigt, dass das Leben manchmal ein hektisches Lied war, das dort nach der Melodie suchte, wo es suchen musste, ohne Rücksicht auf den Rhythmus der Geschichte und der Tradition. Auf jeden Fall ein Lobgesang, zu dem man so gut tanzte, wie man es vermochte. Er würde darauf vertrauen, dass auch Grymlis dazu tanzte, und er würde sich nicht von jenen absondern, die sich für das Exil mit ihrem gefallenen Vater entschieden, anstatt ein verborgenes Leben in einem Land zu führen, das sich in so kurzer Zeit so vollständig gegen sie gewandt hatte. Ungeachtet Rudolfos Gastfreundschaft sah er einen Tag kommen, an dem kein lebender Androfranziner mehr in den Benannten Landen geduldet werden würde. Außerdem befürchtete er, dass die Figuren auf eine Art und Weise auf dem Brett platziert worden waren, dass die Y’Ziritische Bewegung nicht nur überleben, sondern in dem reichen Boden, der ihr bereitet worden war, gedeihen würde.
    Schließlich nickte er Grymlis zu. »Dann werden wir dort auf
sie warten.« Er blickte die anderen Männer an. »Wir werden uns in den Mahlenden Ödlanden eine Heimat schaffen, und wir werden uns Rudolfo als Augen und Ohren an jenem Ort anbieten. «
    Und wir werden einen Weg finden, diese weit verzweigten und blutigen Wurzeln zu untergraben, die drohen, unser Licht zu ersticken.
    Petronus berührte kurz die Narbe an seiner Kehle, dann berührte er seine Brust. Ohne noch einmal zurückzuschauen, ließ er sein Pferd mit einem Pfiff weitertraben, der roten Faust der aufgehenden Sonne entgegen.

Kapitel 26
    Neb
    Neb ließ den Wind der Mahlenden Ödlande über sich streichen und drehte sich um, damit er sein anderes Ohr an die kalte Eisenplatte drücken konnte.
    Renard schnarchte leise am Rande der Lichtung, vollkommen ermüdet von dem Ritt, den er hinter sich hatte. Aber Neb wurde nicht müde. Der Lobgesang wollte ihm keine Ruhe lassen. Er war eine Nacht und einen Tag hier an diesem Ort wachgelegen, hatte dem Lied gelauscht und sich in seinem Verstand durch die Ziffern gearbeitet.
    Es hatte keinen Rhythmus, doch die Hände, die die Harfensaiten anschlugen, bewegten sich mit einer Präzision, die er deutlich hören konnte. Es ging immer weiter, ohne Anfang und ohne Ende – so wirkte es zumindest auf ihn, obwohl er wusste, dass es beides haben musste.
    Und als in jener ersten Nacht der Mond aufgegangen und die Kraft des Liedes angeschwollen war, hatte er festgestellt, dass sich in den Feinheiten der Töne und des Taktes Zahlen verbargen und dass diese Zahlen mit den Aussparungen und Zifferblättern der Rufelloschlösser auf dem großen Eisendeckel zusammenpassten.
    Wie es kam, dass er sie überhaupt hören konnte, hatte er jedoch nicht herausgefunden. Während der Stunden des Tages
war Renard zu ihm gekommen und hatte sich auf dem Boden neben Neb ausgestreckt, hatte aber nichts gehört, nicht einmal den leisesten Anklang eines Liedes.
    Daher blieb Neb allein bei seiner Arbeit und ließ den Ödlandführer ausruhen. Schon bald würden die Zigeunerspäher auf ihrem Weg nach Sanctorum Lux hier anhalten, und Neb wollte nicht mehr da sein, wenn es so weit war, sondern die Quelle des Traums bereits in den Händen halten. Dann würden sie nach Norden zu Renards Volk gehen, damit der Ödlandführer gesund werden konnte. Und während er gesund wurde, würde Neb den Traum aufspüren, von dem der Metallmann gesprochen hatte.
    Er seufzte

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