Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
Vom Netzwerk:
habe deine Nachricht erhalten.«
    Er trat näher und reichte ihr die Papiere. »Dies ist alles, was deiner Schwester eingefallen ist, um Jakob zu helfen.« Sie nahm das Bündel und blickte auf die Seiten hinab, die dicht mit Tinte beschrieben waren. »Ich weiß, dass es nun keine Rolle mehr spielt, aber sie hat ihre letzten Tage auf der Suche nach einem Heilmittel verbracht, und ich dachte, du solltest das bekommen. «
    Jin Li Tam blinzelte. Auf der Suche nach einem Heilmittel? »Aber ich habe ihre Nachricht erhalten, Vater. Sie hat mir gesagt, dass es kein Heilmittel gibt.«
    »Mit einem Vogel?«
    Jin nickte, und Vlad Li Tam schüttelte den Kopf. »Die Vögel sind unzuverlässig geworden, Tochter«, sagte er. »Man kann ihnen nicht mehr trauen.« Hinter ihm erklang ein Pfiff, der alle Mann an Deck rief, und er blickte über die Schulter. »Ich habe alles, was ich weiß, Rudolfo mitgeteilt. Unsere Nachrichten sind nicht mehr sicher, und Vögel werden umgelenkt; Fälschungen führen uns in die Irre. Dein Mann wird die Mechoservitoren damit beauftragen, neue Verschlüsselungen zu ersinnen.«
    Wieder nickte Jin. »Das wäre wohl klug.«
    Der Erste Maat erschien nun wieder. »Wir sind bereit zum Auslaufen, edler Herr Tam.«
    Ihr Vater nickte Jin noch einmal zu. »Es freut mich, dass du gekommen bist«, sagte er.
    Dann umarmten sie sich, und er ging das Fallreep hinauf. Jin
sah zu, während sie es einzogen, und ging, bevor der Anker gelichtet wurde.
    Als sie ins Lager zurückkehrte, dachte sie nach.
    Die Nachricht ist eine Falle gewesen. Diese Erkenntnis traf sie wie eine Faust. Sie hatte die Nachricht an jenem Morgen erhalten, und sie hatte sich noch in ihrer Tasche befunden, als die Y’Ziritin, Ria, ihre Ratssitzung unterbrochen hatte. Jin war darauf hereingefallen, und die Nachricht hatte ihren Zweck erfüllt.
    Es gibt kein Heilmittel. Nein, aber als sie unmittelbar vor ihren Augen ein Heilmittel erblickt hatte – gesehen hatte, wie Petronus von den Toten auferstand – und die Worte der Machtvolk-Königin vernommen hatte, hatte sie handeln müssen. Die gefälschte Nachricht war eine Schlinge, in der sie sich verfangen und zu einer Entscheidung hatte verführen lassen, die allzu einfach zu treffen gewesen war.
    Bittet mich, ihn zu retten, und ich werde es tun.
    Kniend hatte sie die Füße des Teufels mit den Händen umschlungen und sie mit ihren Tränen benetzt, während sie um das Leben ihres Sohnes flehte.
    Als sie an ihrem Zelt ankam, erkannte sie das Mädchen im Kattunkleid mit den langen braunen Haaren nicht, das dort auf sie wartete. Aber die linkische, scheue Haltung verriet sie, als sie sich erhob. »Winters?«
    Das Mädchen lächelte, und Jin Li Tam war verwundert über die Verwandlung. Im ersten Moment wollte sie Winters danach fragen, entschied sich aber dagegen. Es gab drängendere Fragen. Sie musste ihren Sohn sehen. Winters machte einen Knicks. »Edle Dame Tam.«
    Jin Li Tam blickte sich im Raum um, und ihr Unbehagen wuchs sich rasch zu Unruhe aus. »Wo sind Lynnae und Jakob?«
    Winters blinzelte. »Beide bei ihren Vätern. Lynnae spricht mit General Lysias. Und Rudolfo hat Jakob mitgenommen, um das Lager zu inspizieren.«

    Jin Li Tam stieß ihren angehaltenen Atem aus und zwang sich zur Ruhe. Weshalb hatte sie diese Panik verspürt? Was war es, das sie dazu brachte, in diesem Augenblick unbedingt ihren Sohn sehen zu wollen? Sie schob die Frage für später beiseite und blickte zurück zu Winters. »Sagt Rudolfo, dass ich ihn suche, wenn er vor mir zurückkehrt.«
    Winters nickte, und Jin Li Tam schlüpfte in die Nacht zurück.
    Gesang erhob sich um die Lagerfeuer, und Jin suchte sich einen Weg nach Norden zum Rand des Lagers. Rudolfo würde von Süden nach Westen gehen, dann nach Norden und Osten – sie hoffte darauf, ihn bei seiner Rückkehr abzufangen.
    Während sie ging, dachte sie über dieses plötzliche Verlangen nach, ihren Sohn zu sehen, und über die Panik, die in ihr aufgestiegen war. Es war zweifellos nachvollziehbar, nachdem er erst kürzlich von den Blutspähern entführt worden war und sie ihn so lange krank gesehen hatte. Natürlich fürchtete Jin, sie könnte ihn nach diesen überwundenen Bedrohungen verlieren.
    Aber was war mit dem Verlangen, ihn gerade heute Nacht zu halten?
    Sie suchte einen Weg durch diesen Irrgarten, während sie ging, und fand rasch ihre Antwort. Es lag daran, dass sie, sobald sie ihn ansah, ihn roch, die Wärme seiner Haut unter ihrer Hand spürte, daran

Weitere Kostenlose Bücher