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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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geherrscht, der reich an Rohstoffen war, hatte ein einfaches, angenehmes Leben geführt. Nun wies ihnen der Weg der Veränderung eine neue Richtung, da die Neun Häuser der Neun Wälder als der vielleicht stärkste Staat der Benannten Lande aus allem hervorgingen.
    Ein weiterer Gedanke beschlich ihn: Drei der bekanntesten Anführer aus dem Krieg von Windwir hatten sich gestern Abend in der Halle befunden. Zwei waren jetzt tot. Nur einer hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen.
    Als Winters seine Hand losließ und vortrat, blickte er auf. Während die Männer weiterhin mit den Schaufeln arbeiteten, versammelten sich die Übrigen um Winters, und Neb ging einen Schritt zurück. Sie hob die Hände und verfiel in Zungenrede, ihren Blick auf Hanrics Leiche gerichtet. Die Sümpfler wiegten sich zu ihren Worten, und Neb fühlte sich plötzlich fehl am Platz.
    Er spürte eine leichte Bewegung am Ellbogen und warf einen Blick nach rechts.
    Rudolfo und Aedric hatten sich ihnen angeschlossen. Der Zigeunerkönig und sein Erster Hauptmann wirkten betroffen und abgekämpft, auch wenn sie inzwischen frische Kleider trugen.
Rudolfo hielt eine aufgerollte Steppdecke in der Hand und reichte sie ernst an Neb weiter.
    Sie ist für Hanric , bedeutete er ihm langsam. Übergib sie an meiner Stelle, Leutnant. Sie hat meinem Vater gehört.
    Neb nickte, aber es widerstrebte ihm zu sprechen, und er konnte keine Handzeichen geben. Am Ende wagte er ein Flüstern. »Ja, General.«
    Rudolfos braune Augen waren blutunterlaufen, unter ihnen sah Neb dunkle Schatten, die die tiefen Sorgenfalten auf seinem Gesicht hervortreten ließen. Der Mund unter Rudolfos kurzem Bart war grimmig und verkniffen. Rudolfo erwiderte Nebs Nicken, dann warf er Aedric einen schnellen Blick zu, und die beiden zogen sich in den Irrgarten zurück.
    Als sie verschwunden waren, wandte sich Neb wieder zu Winters. Sie sprach noch immer, während die Männer weiterhin schaufelten und einige der Frauen begannen, Hanric zu entkleiden und seine blutverschmierten Gewänder auf einem Stapel beiseitezulegen. Ein Eimer mit dampfendem Wasser tauchte auf, und Neb beobachtete, wie sie den haarigen Leichnam vom Blut und dem auffälligen Schmutz reinigten, der die Sümpfler von den anderen Einwohnern der Neuen Welt unterschied. Danach schaufelten sie Erde in den Eimer und vermischten sie mit ihren Händen zu Schlamm. Unter einem Himmel, der sich inzwischen zu einem tiefen, sternengesprenkelten Grau aufgehellt hatte, verschmierten sie wehklagend den Schlamm auf Hanrics nacktem Leib, während Winters’ Stimme in eine höhere Tonlage aufstieg.
    Ihre Zungenrede war zu Ende, und sie wandte sich mit feuchten Augen an die kleine Gruppe. »Hanric ben Tornus’ Dasein in der Welt der Schatten ist vorüber«, sagte sie, »und er wird durch die Niederen Gefilde wandeln auf der Suche nach der Heimat. Wie wird er seinen Weg finden?«
    Eine Frau mit einem Kerzenstummel in der Hand trat vor, verbeugte sich tief und legte ihn zu Winters’ Füßen ab.

    Winters erwiderte die Verbeugung und fuhr fort. »Hanric ben Tornus’ Dasein in der Welt des Hungers ist vorüber«, sagte sie, »und er wird auf der Suche nach Nahrung in den Niederen Gefilden auf die Jagd gehen. Wie wird er seine Beute schlagen?«
    Ein älterer Mann trat mit einer Handvoll glatter Steine und einer alten, ledernen Schleuder vor, die er mit einer Verbeugung neben der Kerze ablegte.
    Nun wurde ihre Stimme traurig. »Hanric ben Tornus’ Dasein in der Welt des Sonnenlichts ist vorüber, und er wird in der Kälte der Niederen Gefilde ruhen. Wie wird er seine Seele wärmen?« Neb fing ihren Blick auf. In ihren großen Augen standen Welten von Kummer.
    Auf zitternden Beinen zwang sich Neb nach vorne. Er nahm die Steppdecke und legte sie ihr zu Füßen, während sein Blick den ihren ununterbrochen festhielt. Er verbeugte sich, und abermals zerrte die Traurigkeit an seinem Herz und seinen Augen.
    Sie nickte ihm zu, und er trat zurück. Das Ritual wurde fortgeführt, und Neb versuchte, sich auf den weiteren Verlauf zu konzentrieren. Noch mehr Gaben wurden dargebracht, und dann, als die Totengräber mit dem Schaufeln und die Frauen mit dem Schlamm fertig waren, erhoben sich Lieder und Geschichten über Hanric ben Tornus und seine Schattenherrschaft auf dem Weidenthron in den Wintermorgen. Als wollten auch sie ihre Ehrerbietung leisten, verblassten die funkelnden Sterne, und die blaugrüne Mondsichel verschwand vom Himmel.
    Als die Zeit gekommen

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