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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Wenige, das er von den frischgebackenen Vätern in seinem Hofstaat und seiner Armee erfahren hatte, beiseitegewischt. Außerdem hatte er den Verdacht, dass auch diese Erzählungen ihn nicht ausreichend auf das hier hätten vorbereiten können, selbst wenn er genau zugehört oder sich gar Notizen gemacht hätte.
    Er sah die Flussfrau an und erkannte in einem kurzen Moment der Nachlässigkeit ihrerseits die Anspannung auf ihrem Gesicht und den Schleier in ihrem Blick. Als sie bemerkte, dass er sie beobachtete, lächelte sie, aber sie konnte ihn nicht täuschen.
    Dieser Blick verheißt nichts Gutes , dachte er.

    Rudolfo wandte sich an Philemus. » Während Aedrics Abwesenheit hast du mein Vertrauen in allen Angelegenheiten, die diese Untersuchung betreffen. Für alles andere wende dich an Hausverwalter Kember, und von jetzt an störe uns nicht mehr, außer es ist für das Wohlergehen der Häuser absolut unerlässlich.«
    Der Mann salutierte. »Ja, General.«
    Um der Strenge seines Tones und den finsteren Ereignissen der Nacht etwas entgegenzusetzen, zwinkerte Rudolfo dem Soldaten zu. »Wenn ich dich das nächste Mal treffe, werde ich dir meinen Erben vorstellen.« Er warf noch einen Blick auf die Flussfrau und sah, wie sie sich bei seinen Worten auf die Lippen biss. Sein Magen wurde flau, und er wünschte sich, dass Jin Li Tam durch ihre Schmerzen ausreichend abgelenkt war.
    Seine Hände bewegten sich rasch und unauffällig, sobald sich die Tür geschlossen hatte. Was verheimlicht Ihr uns, Erdenmutter?
    Sie blinzelte, erholte sich aber schnell. »Ihr macht das sehr gut, Liebes. Es ist bald an der Zeit zu pressen.« Ihre Hände bewegten sich unterhalb von Jin Li Tams Blickfeld. Etwas stimmt nicht mit dem Kind. Ich weiß nicht, was. »Seid Ihr durstig? Können wir Euch etwas bringen?« Noch während sie sprach, bewegten sich ihre Hände erneut. Aber ich möchte nicht, dass sich die Mutter des Kindes meines Herrn zu diesem Zeitpunkt Sorgen macht.
    Rudolfo holte tief Luft und spürte, wie sein Magen abermals rebellierte, tausendmal deutlicher als bei jenem Impuls, der ihn den Hügel hinabstürmen ließ, um seinen Zigeunerspähern im Krieg zur Seite zu stehen. Wie kommt es , fragte er sich, dass mir jemand, den ich noch nie getroffen habe, jetzt schon so wichtig ist?
    Jin Li Tam drückte seine Hand und schrie wieder auf. Er wandte sich zu ihr und legte seine andere Hand auf die ihre. »Du bist eine wunderbare, vortreffliche Frau«, versicherte er ihr mit leiser Stimme. »Und ich bin stolz, dich an meiner Seite zu haben.« Als sich ihre Blicke begegneten und er die Tränen in ihren Augen sah, beugte er sich noch näher. »Wenn es vorüber
ist«, sagte er, »werde ich dich zur Braut nehmen, und du wirst die Waldkönigin sein.« Während er sprach, drückte er mit seiner freien Hand auf ihren Handrücken und auf die weichen Stellen ihres Handgelenks. Du wirst immer mein Sonnenaufgang sein, und unser Sohn soll mein aufgehender Mond werden.
    Er war nicht sicher, wie lange es her war, dass er diese Worte geäußert hatte. Nach der Konfrontation mit ihrem Vater, nachdem er erfahren hatte, dass sein Leben ein Fluss war, den man umgelenkt hatte, um die Bibliothek an einem anderen Ort zu errichten und einen sicheren Hafen für das Licht zu schaffen, der weit entfernt war von den androfranzinischen Hirten, hatte ein Nebel ihn umfangen. In den Tagen, bevor er diese Dinge herausgefunden hatte, hatte er Jin Li Tam geliebt, hatte sich bei ihr Kraft geholt, nachdem sein bester Freund Gregoric in Sethberts Lager gestorben war. Aber diese Gefühle hatten nachgelassen und sich zu etwas gewandelt, das eher Entschlossenheit als Liebe war, obwohl er nicht daran zweifelte, dass Jin ihn leidenschaftlich liebte. Diese Liebe hatte sie zu einer Entscheidung geführt, und sie hatte das Werk ihres Vaters dafür aufgegeben.
    Aber nun, an diesem Ort, so kurz nach dem Tode Hanrics und so weit entfernt von jenem Scheiterhaufen an der Inneren Smaragdküste und der Begegnung mit Vlad Li Tam, spürte er, wie sich etwas in ihm regte, und er wusste nicht, wie er es nennen sollte. Er erinnerte sich unwillkürlich an die Nächte und Tage, die sie schwitzend gemeinsam verbracht hatten, wie sie einander erkundet hatten, manchmal still, manchmal von Seufzern und wonnigen Schreien begleitet, in hundert verschiedenen Akten. Aus einem dieser Akte war eine Frucht hervorgegangen, auch wenn sie ihm später von den Pulvern erzählt hatte, die sie benutzt hatte, um seinen

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