Loch

berührt.« Sie lächelte. »Aber vielleicht schwärme ich auch zu sehr für meinen persönlichen Gott. Jedenfalls hat er mich nach Pits gebracht. Zusammen haben wir das Café hergerichtet. Damals war es nichts als eine Ruine. Seit wir es eröffnet haben, läuft es gut. Und irgendwann zwischendurch haben meine Ängste nachgelassen. Die Panikattacken verschwanden einfach.«
    Pamela musste ein heikles Thema anschneiden. »Ich verstehe, was ihr mit dem Mann vorhabt, den ich mit der Schweinekeule umgehauen habe. Aber ich verstehe nicht, warum ihr euch angewöhnt habt, Menschen zu fressen.«
    »Priest hat damit begonnen, ehe wir alle hergekommen sind. Er hat uns erklärt, das Essen von Menschenfleisch sei ein magisches Ritual.«
    »Magisch? Lauren, Nicki, das ist Kannibalismus. Kannibalismus ist barbarisch.«
    »Das ist ein Missverständnis.« Lauren atmete tief durch. »Rituale, bei denen Menschenfleisch gegessen wird, sind in der Menschheitsgeschichte nichts Ungewöhnliches. Es gibt den Leuten Kraft. Das Essen von Menschenfleisch hat uns von den Panikattacken, dem Alkoholismus und der Drogensucht kuriert. Es hilft auch Leuten mit geringem Selbstwertgefühl. Wenn man das Fleisch eines Menschen isst, nimmt man seine Kraft in sich auf, verstehst du?«
    »Also gehörten all diese verlassenen Autos auf dem Parkplatz Leuten, die ihr gegessen habt?«
    »Die meisten schon vor langer Zeit. Priest hat uns erklärt, dass die Gesellschaft gute Menschen verschlingt und wieder ausspuckt, deshalb hätten wir jedes Recht, die Gesellschaft zu verschlingen.«
    »Nur dass wir sie nicht wieder ausspucken«, fügte Nicki hinzu.
    »Mein Gott.«
    »Auf diese Weise konnte Priest die Sachen kaufen, die die Leute in Pits brauchten. Er hat sogar die Durchgangsstraße pflastern lassen von dem Erlös des Schmucks und der Autos, die er verkaufen konnte.«
    »Aber ihr habt unschuldige Reisende ausgenommen«, protestierte Pamela. »Ihr habt Menschen ermordet. Ihre Sachen gestohlen. Ihr Fleisch gegessen!«
    »Zu dieser Einsicht sind wir auch gekommen. Du musst verstehen, dass Priest ein Visionär war. Er hatte dieses Charisma. Wir glaubten alles, was er uns sagte. Dann wirkte sein Heilmittel für uns vielleicht sogar besser, als er es sich erträumt hatte. Wir begriffen, dass wir keine Reisenden ermorden und verschlingen durften. Deshalb hörten wir damit auf. Und …« Sie seufzte. »… Priest musste gehen.«
    »Und Zak?«
    »Die Ausnahme bestätigt die Regel.« Lauren nahm ihre Bierflasche. »Wenn jemand hierherkommt, um uns Leid anzutun, so wie Zak, dann endet er auf der Speisekarte.«
    »Und wir verkaufen seinen Besitz und zahlen das Geld in die Gemeinschaftskasse ein«, sagte Nicki. »Zak hat genug Goldfüllungen in den Zähnen und Schmuck, um einen weiteren Wohnwagen zu kaufen.«
    »Aber was ist mit dem Mann, den ich gestern Nacht gesehen habe?«, fragte Lauren.
    »Ah, Marvin White?«
    »Ich weiß nicht, wie er heißt. Ein Mann mit lockigem Haar. Sharpe hat ihn mit dem Bus hergebracht.«
    »Das war Mr. White.«
    »Essen wir ihn auch?«
    »Nein.« Lauren schmunzelte, als wäre das ein alberner Gedanke. »Mr. White ist Geologe. Er hat sich in den Hügeln verlaufen. Sharpe hat ihn gefunden. Er hielt es für das Beste, ihn herzubringen, damit er hier übernachten kann. Am Morgen ist er mit ihm losgefahren, um sein Auto zu suchen.«
    »Er endete also nicht als Tagesgericht auf der Karte?«
    »Nein. Natürlich nicht. Mr. White ist ein echter Gentleman mit Beruf und Familie. Deshalb musste er nicht in dem Sinne gerettet werden, wie es bei uns der Fall war, die wir nicht in der normalen Gesellschaft leben konnten. Er wollte uns bestimmt nichts tun. Also haben wir ihn gastfreundlich empfangen, wie jeder zivilisierte Mensch es tun würde. Mittlerweile wird er sicher zurück in Barstow sein.«
    »Hmm.«
    »Glaubst du mir nicht?«
    »Also, ich habe die ganzen Schuhkartons im Lagerraum gesehen, voller Brillen und Gebisse und so.«
    »Ach, die Sachen liegen schon jahrelang da.«
    »Noch von damals, als Priest hier das Sagen hatte«, meinte Nicki.
    Pamela erinnerte sich daran, was sie in einer dieser Kartons gefunden hatte.
    »Aber da war ein Tagebuch. Zwei Jungen, die aus einem Ferienlager weggelaufen sind. Sie sind hier gelandet … Einer der beiden hat behauptet, ihr hättet seinen Freund aufgegessen und geplant, auch ihn zu verspeisen.«
    »Ach, das muss Benny Loscoff gewesen sein.«
    »Loscoff. Genau.«
    »Priest erzählte Benny damals, dass wir seinen