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Loch

Loch

Titel: Loch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Laymon
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für niemanden verpflichtend«, sagte Lauren trocken. »Aber wir servieren ihn den Gästen im Café.«
    »Obwohl Hank gern eine Blutwurst nach seinem eigenen Rezept macht«, sagte Nicki. »Er nennt sie seinen Vampir-Snack. Entschuldigung, Pamela. Das ist alles ziemlich neu für dich, oder?«
    Pamela schluckte. »Nur ein bisschen.«
    Zum Glück ist gerade keine Essenszeit. Und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie der alte Hank Blutwurst macht …
    »Okay.« Lauren stellte ihre Bierflasche auf den Tisch. »Beginnen wir am Anfang. In den Sechzigern war Pits eine Geisterstadt. Vor vielen Jahren wurde hier Borax abgebaut. Es war ein rauer, harter Ort für echte Teufelskerle.« Lauren grinste. »Eine echter Wildwestort mit Schießereien in den Saloons. Es wohnten über fünfhundert Leute hier. In den 1920er-Jahren waren die Borax-Vorkommen erschöpft; die Leute zogen weg. Bald war der Ort verlassen. 1970 ließ sich dann ein Mann hier nieder. Er wurde ›Priest‹ genannt.«
    »Er war der einzige Einwohner?«, fragte Pamela. »Das klingt eher nach einem Eremiten als nach einem Priester.«
    »Ich schätze, man könnte sagen, er hatte eine spirituelle Berufung«, fuhr Lauren fort. »Er kam aus einer Familie, in der es viel Geld, aber wenig Liebe gab. Er glaubte, es sei wichtiger, eine Gemeinschaft aufzubauen, in der sich die Leute umeinander kümmerten, als Besitztümer anzusammeln. Priest war durch die Hippiekommunen von San Francisco gezogen – Sommer der Liebe und so. Aber er war gegen Drogen, deshalb waren die Kommunen für ihn ungeeignet. Außerdem wollten diese Leute – die sich als Aussteiger bezeichneten – weiterhin in den großen Städten leben. Priest sehnte sich nach einem Leben auf dem freien Land.«
    »Und so hat er Pits entdeckt.«
    »Allerdings«, sagte Lauren. »Er hat das große Haus neben dem Friedhof bezogen. Natürlich stand es da schon lange leer. Zuerst hat er es renoviert. Dann hat er sich auf den Straßen nach Sozialfällen umgesehen – nach Frauen und Männern, die aufgrund von Alkoholmissbrach, Drogen, Armut oder seelischen Erkrankungen durch das Raster gefallen waren. Einen nach dem anderen hat er hierhergebracht. Manche sind nach einer Weile weitergezogen, andere sind geblieben und an diesem Ort gesund geworden.«
    »Hank muss einer der Ersten gewesen sein«, sagte Pamela. »Er hat mir erzählt, er wäre 1972 hergekommen.«
    Lauren nickte. »Hank war der neunte Mensch, den Priest rettete.«
    »So wie Sharpe nun Leute rettet?«
    »Sharpe ist in Priests Fußstapfen getreten, als dieser nicht mehr weitermachen konnte.«
    »Wie ist Hanks Geschichte?«
    »Das soll Hank selber erzählen. Wenn er möchte. Es genügt zu wissen, dass das moderne Leben sich für Hank nicht eignet. Er hat sich für etwas entschieden, das seiner Natur entspricht.«
    »Verstehe.«
    »Wir sind hier in Pits alle Flüchtlinge vor gewissen Ausprägungen der modernen Welt.«
    »Pamela weiß Bescheid über mich«, warf Nicki ein. »Und über Zak.«
    »Den wir zum Glück los sind«, sagte Pamela eindringlich. »Wenigstens bringt er der Gemeinde ein wenig Geld ein. Und was mich betrifft … ich habe unter Panikattacken gelitten. Es war so schlimm, dass ich nicht mehr mit dem Bus fahren oder über die Straße laufen konnte, ganz zu schweigen davon, in ein Geschäft zu gehen. Dann kam mir eines Tages vor vier Jahren der Gedanke, dass alles wieder in Ordnung käme, wenn ich allein in der Wüste kampieren würde. Natürlich kann eine Frau aus der Stadt nicht einfach ihr Zelt unter einem Kaktus in der Mojave-Wüste aufschlagen, und alles ist in Butter. Ich bekam einen Sonnenstich, trank verdorbenes Wasser aus einer Quelle, dehydrierte und bekam Wahnvorstellungen, und dann endete der Monat in der Hölle mit einem Schlangenbiss. Ich lag auf einer Sanddüne und habe auf den Tod gewartet, als ich in der Ferne auf der Straße einen Bus sah.«
    »Sharpe?«
    »Ja. Sharpe, der Schutzengel. Mein zukünftiger Mann.« Lauren lächelte schwach. »Falls er mich heiratet.«
    »Das wird er.« Nicki beugte sich vor und drückte Laurens Knie. »Lass ihm einfach Zeit.«
    Lauren blinzelte sich eine Träne aus dem Auge. »Wie Sharpe mich aus dieser Entfernung entdecken konnte, werde ich nie verstehen. Aber ich erinnere mich, von der Sonne ausgedörrt dagelegen und gesehen zu haben, wie dieser Mann mit dem Bürstenschnitt durch die glühende Hitze auf mich zukam. Es gab Zeiten, da hätte ich geschworen, seine Füße hätten beim Gehen nicht den Boden

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