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Loch

Loch

Titel: Loch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Laymon
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schien sie nicht zu hören. »Ihr müsst sie töten und kochen, bevor ich sie esse. Deshalb hab ich euch all die Rezepte aufgeschrieben.«
    »Das ist Priest?«, fragte Pamela ungläubig. »Hast du nicht gesagt, er wäre tot?«
    »Nicht tot. Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte Lauren. »Ich meinte, er hat hier nicht mehr das Sagen.«
    »Ihr könnt ihre Eier braten«, sagte Priest. »Würzt sie mit frischem grünen Pfeffer und serviert sie auf einem Salatbett.«
    Duke sagte zu Lauren: »Vielleicht solltest du uns das mal erklären. Wer ist der alte Mann?«
    »Wie gesagt. Sein Name ist Priest.« Lauren machte eine Geste, die den ganzen Ort zu umfassen schien. »Er hat Pits vor über vierzig Jahren wiederentdeckt. Er hat es zu neuem Leben erweckt.«
    »Aber was erzählt er da, von wegen, dass er uns fressen will?«
    »Er ist alt, Duke. Er wird langsam verwirrt.«
    »Nix verwirrt«, widersprach Priest. »Ich habe Appetit auf einen jungen Mann. Siehst du das Mädchen da?« Er zeigte mit einem runzligen Finger auf Boots. »Jede Wette, dass ich vier Pfund von ihrem Fleisch verschlingen könnte und noch Platz hätte für ihre Zunge.« Er schmatzte. »Mit Knoblauch gebraten.«
    »Hey …« Boots gefiel es nicht, dass der Mann über ihr kulinarisches Potenzial spekulierte. »Niemand isst irgendwas von mir.«
    Duke kicherte. »Als der gute alte Normy hier an deiner Muschi geknabbert hat, hast du dich nicht beschwert.«
    Boots wurde mürrisch. Wenn das überhaupt möglich war, blickten ihre braunen Augen noch ausdrucksloser als zuvor. Es glomm nicht einmal ein Funken Ärger darin.
    Auf Norman wirkte das noch gefährlicher.
    Er nutzte die Unterhaltung, um sich im Zimmer umzusehen. Es war möbliert. Schwere Samtvorhänge bedeckten die Fenster. In der Ecke stand ein ordentlich gemachtes Bett. Norman nahm an, dass Nicki hier sauber gemacht hatte. Es gab einen Tisch und ein aufziehbares Grammophon. Vitrinen mit alten Büchern.
    Kochbücher voller Rezepte.
    Dann sah Norman den Mann an, der nach seiner Hand geschnappt hatte.
    Der Bart und der Haarkranz um seinen Hinterkopf bildeten einen weißen Kragen. Oben war sein Schädel kahl und ziemlich lädiert, die Haut rissig, picklig und verschorft, als klebten fünfzig Rice-Krispies darauf.
    Er trug einen dunklen Pullover und eine dunkle Hose. Er könnte aus vielen Gründen an den Rollstuhl gefesselt gewesen sein, doch ein guter war, dass er nur ein Bein hatte. Das leere Hosenbein war umgeschlagen und in Höhe des Knies festgesteckt. An seinem verbliebenen Fuß trug er eine Socke. Seltsamerweise war sie leuchtend weiß.
    Andererseits lief er nie damit herum.
    Das passt zusammen.
    »Ihr tut Priest doch nichts, oder?«, fragte Nicki. Sie war so verängstigt, dass Norman sie am liebsten in den Arm genommen hätte.
    Sie getröstet hätte.
    Sie abgelenkt hätte.
    Er erinnerte sich an Dukes Versprechen. In seinem Schritt rührte sich etwas.
    »Wofür hältst du uns?« Duke schien die Unterstellung zu empören. »Natürlich tun wir ihm nichts.«
    »Ihr habt mir bereits wehgetan«, sagte Priest nachdrücklich. Er bewegte die Räder, um den Rollstuhl zu drehen. »Der Collegeboy da hat versucht, mir mein verdammtes Auge auszustechen.«
    »Sie haben mich gebissen.«
    »Ich dachte, er wäre mein Mittagessen.«
    »Mittagessen!«
    »Keine Sorge.« Priest rümpfte die Nase. »Ich mache mir nichts aus rohem Fleisch. Ich hätte dich sowieso zurückgehen lassen.«
    »Der Alte ist anscheinend besessen davon, Menschen zu fressen«, bemerkte Duke.
    »Er ist verwirrt«, sagte Lauren.
    »Hör auf damit«, schnauzte Priest. »Mein Verstand ist glasklar. Also, ich erinnere mich …«
    »Priest. Sei jetzt bitte ruhig.« Lauren wirkte beklommen.
    »Ich weiß noch, wie wir alle zusammen am Tisch gesessen haben. Du und Sharpe und Wes und Hank. Du warst natürlich nicht dabei, Nicki.« Bei dieser Erinnerung lächelte er selig.
    »Bitte, sag nichts, Priest. Diese Leute sind nicht von hier.«
    »Wir haben an Thanksgiving alle am Tisch gesessen«, sagte Priest stolz. »Und« – er klatschte auf den Beinstumpf in seiner Hose – »ihr habt ein Viertel von mir gegessen.«
    Lauren stöhnte, als sie bemerkte, dass sie seinen Redeschwall nicht aufhalten konnte.
    »Fuß, Wadenmuskel, Oberschenkel. Wir haben alles gegessen. Nachdem es den ganzen Tag in Rotwein mit Kräutern geschmort wurde.« Ein Lächeln erleuchtete sein Gesicht. »Menschenfleisch. Wer’s einmal probiert, vergisst es nie. Die Speise der Götter.« Priest

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