Loch
wissen, dass ich hier bin, dachte Pamela panisch.
Jeden Moment würde jemand durch die Tür gestürmt kommen. Und sie dort mit einem gut vierzig Zentimeter langen Schweinebein neben der offenen Gefriertruhe entdecken.
Sie würden sie entlassen, weil sie sie für verrückt hielten.
Oder für eine Diebin.
Sie schloss die Tür des Geräts. Toll, du Trottel, du hättest erst mal das gefrorene Fleisch zurücklegen sollen.
Stimmen – immer lauter.
Die Tür zur Küche flog auf. Keuchend zwängte sich Pamela in den Spalt zwischen der Truhe und einem Regal in der Ecke des Raumes.
Gut. Die Regalbretter waren so mit Mehl und Zucker vollgepackt, dass niemand sie dort sehen konnte.
Es sei denn, jemand wollte etwas aus der Gefriertruhe holen.
Überleg dir eine gute Ausrede, Pamela.
Plötzlich schien eine Menge los zu sein in dem Lagerraum, auch wenn sie von dort, wo sie hockte, nichts sehen konnte. Stimmen. Laute Stimmen. Füße, die über den Boden schlurften.
Zuerst Lauren: »Lass sie einfach hier bei uns. Sie wird nichts verraten.«
Reden sie über mich?
Aber dann: »Ich komm nicht mit dir zurück, Zak.«
»Und ob, verdammte Scheiße.« Die Stimme eines Mannes, den sie nicht kannte. Grob.
Aggressiv.
Der Mann schnauzte: »Glaubst du, du kannst mir einfach abhauen, Nicki? Hast du gedacht, ich finde dich nicht? Du blöde Schlampe.«
Das Klatschen eines Schlags. Nicki schrie auf.
Sie sprechen also nicht über mich.
Pamela hob ein wenig den Kopf, um durch einen Spalt zwischen zwei riesigen Reispackungen zu blicken. Im harten Licht der Neonröhren sah sie Nicki und Lauren nebeneinander mit dem Rücken zur Küchentür stehen. In ihren Augen flackerte Angst.
Und mit dem Rücken zu Pamela stand ein junger Mann mit Lederhose und einer Jacke, auf der Nieten glänzten. Er trug ein rotes Kopftuch. Der Motorradfahrer. Sie erinnerte sich an die Honda, die sie vor dem Café gesehen hatte.
Doch ihre Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf das, was er in der Hand hielt. Einen Revolver. Er zielte damit auf Nicki.
»Du bist meine Hure, du läufst mir nicht davon«, knurrte er. »Du kannst es dir aussuchen. Entweder fährst du mit mir zurück, oder du kniest nieder und betest.«
33
Pamela sah aus ihrem Versteck hinter dem Regal entsetzt zu. Der Mann spannte mit dem Daumen den Hahn des Revolvers. Er richtete den Lauf mitten auf Nickis Gesicht.
Lauren und Nicki standen wie gelähmt da und starrten ihn mit aufgerissenen Augen an.
»Nicki war meine beste Hure«, sagte der in Leder gekleidete Mann. »Hat fünfhundert Scheine pro Nummer verdient.«
»Ich gehe nicht zurück und mach damit weiter, Zak«, flüsterte sie. »Es hat mich beinah umgebracht.«
»Ich hab dir erstklassigen Stoff gegeben, du Schlampe. Damit konntest du von einem Esel gefickt werden, ohne groß was zu merken.«
»Ich bin jetzt clean, Zak.«
»Du wirst niemals clean sein. Nicht in diesem Leben.«
»Sie wird nicht mit Ihnen zurückgehen, Mister.« Lauren sah ihn herausfordernd an. »Sie wohnt jetzt hier.«
»Mit euch Pennern? Scheiße … Pits? Was für ein Drecksloch.«
»Es ist ihr Zuhause. Wir sind jetzt ihre Familie. Nicki wird nicht mit Ihnen zurückgehen.«
»Okay.« Der Zuhälter nickte, als kümmerte ihn das nicht. »Ihre Entscheidung. Aber ich gebe ihr jetzt ihre Abfindung.«
Sogar aus ihrer Ecke konnte Pamela sehen, wie sich die Körperhaltung des Mannes änderte, als er sich anspannte, um auf Nicki zu schießen.
»Dich knall ich auch ab, Süße«, erklärte er Lauren. »Du hast mein Gesicht gesehen. Okay, Nicki, sprich ein kleines Gebet …«
Pamela sah auf ihre Hand hinab. Die Kälte tat jetzt nicht mehr weh. Der zehnpfündige Brocken gefrorenen Schweinefleischs hatte ihre Hand betäubt.
Der Fleischbrocken. Hart wie Beton.
Sie trat leise hinter dem Regal hervor. Mit aller Kraft schwang sie die gefrorene Keule.
Hinab auf das rote Kopftuch des Dreckskerls. Es gab ein tiefes knackendes Geräusch, als das gefrorene Fleisch den Schädelknochen traf.
»Uh.« Er sank auf die Knie.
Doch er hielt die Pistole fest. Er hob sie, um Nicki zu erschießen.
Pamela holte mit dem Schweineschenkel aus wie mit einem Henkersbeil. Mit beiden Händen ließ sie ihn niedersausen.
Dieses Mal gab es kein Knacken.
Ein scharfer Knall. Ein Knochen war gebrochen. Sie bezweifelte, dass es der des Schweins war.
Nein.
Der Zuhälter lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Betonboden. Blut sickerte aus einem Ohr. Seine Augen waren offen, doch sie sprangen umher,
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