Locke greift an
gerade auf dem Weg zum Mannschaftsbus, als er seine Mutter, Eva und Poldi sah. Wie von Sinnen stürzte sich der Hund auf ihn und vollführte einen Freudentanz. Locke tanzte mit. Herr Schubert sah der Szene mit einigem Erstaunen zu.
»Wo kommt der denn her? Wo war er? Wie habt ihr ihn gefunden?«, wollte Locke wissen.
Eva lächelte stolz. »Erzähle ich dir nachher alles haarklein beim Essen. Sei froh, dass Poldi wieder da ist und freu dich über den Sieg von Schalke.« Dann fragte sie: »Wo ist überhaupt Matz?«, und sah ihren Freund an.
Patrick wurde sehr blass. »Ich fürchte«, erwiderte er, »ich habe eine ziemliche Dummheit gemacht. Der Verteidiger
von Rot-Weiß hat mich zu etwas gezwungen, er hat mir gedroht, dass es Poldi an den Kragen gehen würde. Ich … ich war irgendwie gar nicht richtig bei mir … und da habe ich etwas sehr Schlimmes über Matz gesagt …«
In diesem Augenblick kam sein türkischer Freund. Er würdigte die gesamte Familie und nicht einmal Poldi eines einzigen Blickes, stieg in den Bus und setzte sich auf einen der vorderen Sitze. Dort saß er sonst nie, sondern immer mit Locke in der letzten Reihe.
»Was hast du denn gesagt?«, fragte seine Mutter verwundert.
Locke schluckte. »Ich hab es ja nicht wirklich gesagt, nur etwas nachgesagt eben …« Es klang kläglich. »Dieser Robert hat Kümmeltürke zu ihm gesagt, und ich habe Matz nicht verteidigt, im Gegenteil …«
Eva sah ihn traurig an. »Mensch, Patrick, das ist wirklich schlimm. Trotz der Erpressung von diesem Robert. Aber komm«, forderte sie ihren Freund auf, »jetzt geh in den Bus und entschuldige dich bei Matz. Das kriegt ihr beide schon wieder hin.«
Locke nickte schuldbewusst, dann stieg er in den Bus, um Matz anzusprechen, aber der wandte nur den Kopf ab.
»Ich möchte mich entschuldigen für vorhin«, sagte Patrick leise.
Doch Matz streifte ihn nur mit einem kurzen Blick und erwiderte: »Für mich bist du gestorben.«
Patrick zuckte hilflos die Schultern und setzte sich im hinteren Teil des Busses auf seinen Stammplatz.
Jetzt kamen auch die beiden Mannschaftsbetreuer von ihrem »Kriminaleinsatz« zurück. Der mit der tiefen Stimme raunte Eva, Frau und Herrn Schubert zu: »Unglaublich, auf welche Ideen manche Väter kommen, um ihren Söhnen beim Fußball den Weg zu ebnen … Doch jetzt kümmert
sich die Polizei um den Fall.« Er zwinkerte Eva und Lockes Mutter zu. »Aber Respekt meine Damen, sie sollten in einer Krimi-Serie mitspielen.«
Sandra lächelte. »Vielen Dank für das Kompliment. Patrick und Poldi werden Ihnen Ihre Hilfe nie vergessen.«
Nach der Ankunft an der Arena Auf Schalke unternahm Patrick einen erneuten Versuch, Matz anzusprechen.
»Matz, bitte, hör doch mal zu«, drängte er, »gib mir zwei Minuten. Ich kann dir alles erklären.«
Sein Freund aber schaute ihn nur an. Dann schulterte er seine Sporttasche und verschwand.
Das hatte es noch nie gegeben. Die beiden waren immer zusammen nach Hause gefahren, egal ob sie gewonnen oder verloren hatten. Patrick schluckte. Bei aller Vorfreude auf den Nachmittag und Abend mit Poldi, Eva und seinen Eltern lag jetzt ein großer schwarzer Schatten auf seiner Seele. War seine Freundschaft mit Matz zerbrochen?
Beim späten Mittagessen - es war längst weit nach drei - gab es natürlich Nudeln mit Fleisch und dazu Salat. Dabei wurde Locke nochmals ausführlich über die Befreiungsaktion von Poldi informiert. Der Hund lag erschöpft in seiner Ecke und schlief.
Dann stellte Herr Schubert die entscheidende Frage: »Was ist nun mit deinem Freund Matz? Habt ihr euch wieder vertragen?«
Locke fielen die Nudeln von der Gabel. »Nein«, erwiderte er, »Matz spricht nicht mehr mit mir.«
»Wie, er spricht nicht mehr mit dir?« Eva sah ihn erschrocken an. »Ist das denn so schlimm mit dem - Entschuldigung, dass ich es nochmals sage - Kümmeltürken? Zumal
du es ja nicht mal richtig gesagt hast … Also, ich meine, das muss doch aus der Welt zu schaffen sein. Schließlich hattest du doch Angst um Poldi. Und du sagst ja selbst, dass du gar nicht richtig bei dir warst …«
Sandra Schubert sah erst Eva, dann Locke nachdenklich an. Sie hatte lange in einem türkischen Imbiss gearbeitet, damals, nach dem Schlaganfall von Lockes Vater, als in der Familienkasse Geld fehlte.
»Die Menschen in der Türkei sind voller Nationalstolz«, erklärte sie. »Sie lieben ihr Land sehr und im letzten Jahrzehnt ist die Türkei ein gutes Stück vorangekommen auf ihrem Weg zu
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