Locke greift an
»Mein deutscher Freund«. Es war ein sehr ruhiger, einfühlsamer Song:
Hast mich nie verraten
Meinen Gott auch anerkannt
Fragtest nie nach meinen Daten
Hast gezeigt mir, was das ist,
Dein Land
Mein deutscher Freund bist du
Kein Unterschied uns trennt
Die Kultur, aus der ich komme
Hab ich dir geschenkt
Mein deutscher Freund bist du
Kein Unterschied uns trennt
Locke hörte zu. Er schluckte. Istanbul sprach ihn absolut an, natürlich! Doch er wollte jetzt nicht über sein Problem mit Matz reden.
»Eine Wahnsinns-Band, die kann man eigentlich nicht schlagen«, flüsterte er Eva zu. Sie griff ihm in die Locken und sagte ebenso leise: »Es muss nicht immer ums Gewinnen gehen. Ein gutes Gefühl haben, dabei zu sein - das ist auch wichtig. Lass es uns trotzdem versuchen.«
»Was versuchen?« Patrick war etwas irritiert, doch Eva grinste.
»Zu gewinnen!«, antwortete sie. »Ganz einfach, zu gewinnen!«
Locke sah in die wogende Zuschauermenge. Es war schön zu erleben, dass viele sich im Takt bewegten und laut mitsangen. Dann aber heftete sich sein Blick an zwei dunkelbraune Augen, irgendwo da unten in der Menge. War das nicht …? Nein, das konnte doch nicht sein. Oder doch? Patrick lief es eiskalt den Rücken hinunter. Diese Augen … Tatsächlich, das sind … die von Matz!
Und Patrick sah Matz inbrünstig mitsingen: »Mein deutscher Freund bist du - kein Unterschied uns trennt.«
»Eva, guck mal, wer da ist!«, wollte er seine Freundin auf die Entdeckung aufmerksam machen. Er streckte seine Hand in die Richtung aus, in der er Matz gesehen hatte. Aber dort waren nur noch viele, viele Köpfe und Gesichter, die er und Eva nicht kannten.
Die Nervosität der NEW KICKING DEVILS nahm zu. Kelter bemerkte es und schwor die Band auf ihren Auftritt ein. Ein Ritual, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Gruppe steckte die Köpfe zusammen.
»Alle für einen!«, rief er.
Und die Band antwortete: »Einer für alle!«
Mit einem heißen Rocksong beendete Istanbul gerade ihren Auftritt und wie erwartet wollte sich das Publikum kaum beruhigen.
»Zugabe! Zugabe!«, tönte es durch die Halle.
Joachim Kess, der Moderator, war auf die Bühne gesprintet.
»Zugaben gibt es aus Wettbewerbsgründen natürlich nicht!«, rief er jetzt gegen den Orkan der Musikfreunde an. »Es gibt für jede teilnehmende Gruppe zwanzig Minuten on stage. Aber die Gewinner werden dann nach der Auswertung der Stimmzettel ein Zusatzkonzert geben. Vielleicht, wer weiß, wird es ja Istanbul sein.«
Der Jubel schwoll nochmals an. Die vier Boys aus Marxloh traten nun an den Bühnenrand und verbeugten sich vor der tobenden Masse. Dann gingen sie ab, begleitet von einem Pfeifkonzert, das total positiv gemeint war.
Hinter der Bühne kamen sie an den DEVILS vorbei, Halil, der Sänger der Gruppe, als Erster.
»Ihr macht es uns echt schwer!«, rief Locke dem strahlenden Frontmann zu, »Nach euch aufzutreten, ist wie ein Gang in die Hölle!«
Halil lachte stolz.
»Vielleicht wird es ja nur das Fegefeuer«, gab er mit seiner unverkennbaren, ausdrucksstarken Stimme zurück. »Für eine Band, die den Teufel im Namen trägt, dürfte das doch gar kein Problem sein. Viel Glück!«, schob er noch hinterher, und schon waren sie hinter einem Vorhang verschwunden.
Jetzt war es so weit.
Die NEW KICKING DEVILS hörten die Stimme von Kess. Laut und deutlich sagte er die nächste Band an. »Hier bei uns im Ruhrgebiet spielt ja der Fußball eine große Rolle«, rief er ins Publikum. »Nun erlebt ihr eine Band, die viel mit Fußball zu tun hat. Mit Patrick Schubert an der Gitarre steht ein echter U15-Nationalspieler auf der Bühne. Allerdings waren die Jungs klug genug, die Leadstimme einer
jungen Dame zu überlassen. Hört sie euch an: Die NEW KICKING DEVILS!«
Als Bühnenoutfit hatten die DEVILS Fußballtrikots in den unterschiedlichsten Farben ausgesucht, dazu trugen alle Jeans. Lediglich Eva fiel aus dem Rahmen, ganz bewusst natürlich. Sie trug ein superkurzes weißes Kleid zu kniehohen weißen Stiefeln. Und auf dem Kleid, in glitzernden Steinchen, stand die Abkürzung des Bandnamens: NKD.
Die Begrüßung durch die Leute war nicht unfreundlich, aber keineswegs das, was man überschwänglich nennen konnte. Und diese Stimmung setzte sich erst einmal fort. Es war, als würde die fehlende Begeisterung auch auf die Band überspringen.
Das erste Lied im Zwanzig-Minuten-Programm war wie immer »Zeit für Optimisten« von Silbermond . Aber der Song kam nur mittelmäßig
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