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Lockend klingt das Lied der Wueste

Lockend klingt das Lied der Wueste

Titel: Lockend klingt das Lied der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara McMahon
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entdeckte er Lisa. Er sprach sie auf Arabisch an, doch sie schüttelte den Kopf zum Zeichen, dass sie ihn nicht verstand.
    „Englisch?“, fragte er daraufhin.
    Furchtsam sah sie zu ihm hoch. „Ja. Was in aller Welt ist das?“ Sie deutete auf die dunkle Wolkenwand. Es waren weder Gewitterwolken noch sah es nach einem Tornado aus, schien aber mindestens ebenso gefährlich zu sein.
    „Kommen Sie“, drängte er und führte sein Pferd umstandslos durch die Haustür nach innen.
    „Ich habe mir den Fuß verletzt und kann nicht laufen.“ Vor Angst begann Lisa zu zittern.
    Das Dröhnen in der Luft wurde lauter, wie von einem herandonnernden Güterzug. Der Mann kam nach draußen, gab ein paar Worte von sich, die sie nicht verstand, und eilte zu ihr herüber. Mit einem Schwung hob er sie auf seine Arme.
    „Uns bleibt keine Zeit mehr, ein Sandsturm naht!“, stieß er hervor und trug sie ins Haus. Er setzte sie auf dem Boden ab, warf seinem Pferd zum Schutz ein Tuch über den Kopf, dann hockte er sich neben Lisa an die Wand und zog seinen Burnus um sich und sie.
    Da saß sie nun, Wange an Wange mit einem fremden Mann, eingehüllt in seinen Kapuzenmantel, der nach Wüstensand und Sonne roch. Lisa wollte sich frei machen, doch das wütende Heulen des Windes ließ sie regungslos verharren. Sand und kleine Steinchen wirbelten durch die Fensteröffnung und trafen sie schmerzhaft an Händen und Armen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Die Situation war anders als damals, als sie so ewig lange auf Hilfe hatte warten müssen, aber nicht weniger beängstigend.
    „Autsch!“ Lisa barg ihre Hände zwischen der Brust und ihren angezogenen Beinen. Der Fremde legte seinen Arm fester um sie und senkte den Kopf schützend auf ihren. Trotz der dicken Mauern war die Luft voller Sand und Staub. Zum Glück bot der weite Burnus des Mannes einigermaßen Schutz.
    Das Wüten des Sturmes wurde heftiger, das Prasseln des Sandes gegen die Lehmwände des alten Hauses lauter. Wäre Lisa im Freien davon überrascht worden, hätte sie vermutlich nicht überlebt.
    Unwillkürlich drängte sie sich enger an ihren Retter. Mit Schaudern dachte sie daran, was dieser Sturm anrichten würde. Sie drehte den Kopf, sodass ihre Nase gegen den Hals des Fremden gepresst wurde und sie seinen männlichen Geruch wahrnehmen konnte.
    Verzweifelt rang sie nach Luft. Würde dieser erbarmungslose Sandsturm nie mehr aufhören? Das Heulen und Pfeifen ging ihr durch und durch, und das ständige Bombardement mit Steinchen und Sand brachte sie halb um den Verstand. Sie konnte sich nur noch an den Mann neben ihr klammern und dabei an jene dunkle Nacht auf der einsamen Landstraße denken, an den erbarmungslosen Regen, an die Kälte und an das Gefühl von Verlassenheit. Zumindest war sie diesmal nicht allein.
    Erst eine Ewigkeit später ließ der Sandsturm endlich nach. Vorsichtig öffnete Lisa die Augen, doch sie konnte nichts weiter erkennen als das kräftige Kinn des Fremden, an dessen Brust sie lag. Ein merkwürdiges Dämmerlicht umgab sie. War das alte Haus unter dem Sand begraben worden? Würden sie vergeblich auf Hilfe warten und erst in hundert Jahren gefunden werden, wenn ein anderes Archäologenteam hier Ausgrabungen vornahm?
    Der Mann bewegte sich und nahm seinen Burnus von ihren Schultern. „Ich denke, das Schlimmste ist vorbei“, bemerkte er mit einem Blick durch die Fensteröffnung, durch die zögernd wieder das Sonnenlicht hereinfiel. Die Luft war immer noch voller Staub. Geduldig stand das Pferd mit seinem Tuch über dem Kopf in der Mitte des Raums.
    Lisa setzte sich auf. Das Gesicht des Mannes war nur eine Handbreit von ihrem entfernt. Unter dem Blick seiner dunkelbraunen Augen wurde sie ganz verlegen. Wie dankte man jemandem, der einem vermutlich das Leben gerettet hatte?
    Sie erhob sich vom Boden und versuchte aufzutreten, doch der heftige Schmerz in ihrem Knöchel nahm ihr förmlich den Atem. Schwer fiel sie wieder auf den Schoß des Fremden zurück.
    „Hoppla“, sagte er.
    „Tut mir leid. Mein Fuß schmerzt ganz scheußlich.“ Lisa suchte nach etwas, woran sie sich festhalten konnte. Sanft ließ der Mann sie zu Boden gleiten und erhob sich dann mit einer geschmeidigen Bewegung, um nach seinem Pferd zu sehen. Er zog dem Tier das Tuch vom Kopf und klopfte ihm den Sand aus der Mähne.
    „Haben Sie öfter solche Sandstürme hier?“ Lisas Nerven beruhigten sich allmählich, doch ihr Herz raste noch immer wie verrückt. Was hätte sie getan, wenn sie

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