Lockende Flammen
ihm noch nicht begegnet. Eigentlich müsste sie jetzt um Gnade winseln. Verärgert verlagerte er sein Gewicht auf das andere Bein. Dabei streifte etwas seinen Schenkel.
Die Einladungskarte in seiner Hosentasche … Moment mal … Während er Leonora sinnend betrachtete, nahm in seinem Kopf langsam ein Plan Gestalt an. Sie sah eigentlich ganz passabel aus – vorausgesetzt, man mochte den Typ, was er von sich definitiv nicht behaupten konnte, aber das war egal. Er bevorzugte gepflegte erwachsene Frauen, keine Mädchen mit wilder Mähne, die den Mund zu voll nahmen und nicht sinnlich genug waren.
„Sehr interessant“, sagte er grimmig. „Aber ich werde ihren Bruder trotzdem entlassen, verlassen Sie sich drauf.“
Die Situation war ernst und die Lage verfahren, so viel war Leonora klar. Sie konnte ihm ansehen, dass er jedes Wort ernst meinte. Die Konsequenzen ihrer Tat würden weitreichend sein, nicht nur für Leo, sondern auch für sie selbst. Ihr Bruder drohte seinen Job zu verlieren, und sie würde sich damit abfinden müssen, für den Rest ihres Lebens von ihren Brüdern mit Häme überschüttet zu werden, ganz zu schweigen davon, dass sie sich eine Stelle als Pilotin bei Avanti Airlines ein für alle Mal abschminken konnte.
Was war schlimmer? Jetzt ihren Stolz hinunterzuschlucken und diesen Mann um Nachsicht für Leo zu bitten, oder ihren Brüdern als Totalversagerin gegenübertreten zu müssen?
Sie atmete tief durch, bevor sie sagte: „Es tut mir leid. Natürlich hätte ich das nicht tun dürfen. Es war falsch von mir, aber ich bitte Sie trotzdem inständig, Leo nicht zu entlassen.“
Alessandro presste voller Genugtuung die Lippen zusammen. Ja, so war es gut. Sie klang, als ob sie an jedem einzelnen Wort fast ersticken würde. Offenbar bedeutete ihr Bruder ihr viel.
„Nun, ich könnte eventuell darüber nachdenken, vorausgesetzt, Sie …“
Leonora verspürte ein Flattern in der Magengrube. Ruckartig hob sie den Kopf. Aber sie war zu allem bereit, Hauptsache, Leo musste nicht unter dem, was sie getan hatte, leiden.
„Sagen Sie einfach, was Sie von mir verlangen. Ich tue es, ganz egal was es ist. Wenn Sie nur meinen Bruder verschonen!“, unterbrach sie ihn ungestüm.
Sobald ihr die Worte entschlüpft waren, fingen ihre Wangen vor Scham an zu brennen. O Gott, das konnte ja sonst was heißen! Womöglich dachte er noch … Ihre Lippen formten ein erschrockenes O.
Doch bevor sie Gelegenheit hatte, den mehr als peinlichen Eindruck zu verwischen, fuhr Alessandro Leopardi ungerührt fort: „Vorausgesetzt, Sie erklären sich einverstanden, mich am Wochenende zu einem mehrtägigen festlichen Ereignis zu begleiten, an dem teilzunehmen ich gezwungen bin.“
Leonora starrte ihn ungläubig und angewidert an. „Na hören Sie mal! Für so etwas gibt es schließlich Begleitserviceagenturen, da finden Sie bestimmt etwas Passendes. Oder können Sie sich das nicht leisten?“
Sie merkte sofort, dass sie sich schon wieder im Ton vergriffen hatte. Die Haut über seinen Wangenknochen rötete sich vor Zorn, und seine Augen blitzten.
„Was ich mir leisten kann und was nicht, lassen Sie ruhig meine Sorge sein, aber ich möchte Sie doch daran erinnern, dass Sie es sich definitiv nicht leisten können, mein Angebot auszuschlagen. Es sei denn, Sie wollen ihrem Bruder bewusst schaden.“
Jetzt flüchtete sich Leonora in eine Angewohnheit, die sie längst abgelegt zu haben hoffte, aber sie merkte es zu spät. Sie starrte ihn finster an und schob in wütendem Trotz die Unterlippe vor wie eine rebellische Jugendliche, die sich mit einem hartnäckigen Erwachsenen konfrontiert sieht. Und dann sagte sie zu allem Überfluss auch noch: „Mir ist schleierhaft, wie Sie ausgerechnet auf mich kommen. Immerhin bin ich weder ein Model … noch … ein skandalumwitterter Filmstar.“
Wieder spürte sie, wie ihr die Röte in die Wangen schoss, aber es war schließlich nicht ihre Schuld, dass die Boulevardpresse regelmäßig über seine Vorliebe für glamouröse Dummchen berichtete. Obwohl sie selbst diesen Klatsch nicht las … aber Leo hielt sie über alles, was seinen Boss betraf, auf dem Laufenden.
„An Ihrem Aussehen liegt es jedenfalls nicht, so viel steht fest“, erklärte Alessandro unwirsch.
Diesmal werde ich nicht wieder in die Falle tappen, schwor Leonora sich. Immerhin war sie eine erwachsene Frau, eine qualifizierte Pilotin. Warum also sollte sie sich von ihm provozieren lassen, sich wie eine rebellische Jugendliche
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